Ein Demonstrant hält während der Kundgebung einen Fisch aus Pappe mit der Aufschrift „Killed by Thames Water“

Wasserversorger in Großbritannien Wenn sich die Privatisierung rächt

Stand: 10.06.2025 17:22 Uhr

Mehr Effizienz lautete das Versprechen, als in den 1980er-Jahren Wasserversorger in England und Wales privatisiert wurden. Nun steht das größte Unternehmen Thames Water vor der Pleite.

Was der britische Umweltminister Steve Reed am vergangenen Freitag zu verkünden hatte, ist eine echte Kehrtwende: Keine Prämien für die Top-Managerinnen und Manager mehrerer Wasserversorger. In den vergangenen Jahren hätten sich die Vorstandsvorsitzenden der Unternehmen Boni in Höhe von über 120 Millionen Euro ausgezahlt, sagte Reed.

Und das, obwohl so viel ungeklärtes Abwasser in Seen, Flüsse und ins Meer geleitet worden ist. Und er kündigte an: "Die Ära, in der Umweltverschmutzung die Basis für Profite war, ist vorbei." Ein ziemlicher Kurswechsel - doch ganz so einfach ist es nicht.

Abwässer ungeklärt eingeleitet

Betroffen sind insgesamt sechs Wasserversorger in England. Die Unternehmen haben unter anderem Umweltstandards nicht eingehalten. Dass die Aufsichtsbehörde OFWAT diese Bonuszahlungen streichen kann, ist neu. Im Februar hat das britische Parlament ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, um das zu ermöglichen.

Der Schritt kommt, nachdem es bereits Strafzahlungen für Versorger gegeben hatte, weil sie Umwelt- und Verbraucherstandards nicht eingehalten haben. In Großbritannien gab es immer wieder Berichte darüber, dass die Versorger Abwasser ungeklärt in Flüsse, Seen und ins Meer leiten. Freiwasser-Schwimmer klagen regelmäßig über Magen-Darm-Infekte, Surfschulen müssen Kurse absagen.

Initiative eines ehemaligen Spitzensportlers

Der Spitzensportler Steve Redgrave sammelte Unterschriften für eine saubere Umwelt. Der Ruderer holte fünfmal Gold für Großbritannien. Heute ist der 63-Jährige im Ruhestand. Er engagiert sich für die Umwelt, für saubere Seen und Flüsse. Seiner Meinung nach ist der Zustand der Gewässer im Vereinigten Königreich in den vergangenen Jahren deutlich schlechter geworden. In den 1970er-Jahren seien sie schon mal nach einer Trainingseinheit in die Themse gesprungen. Heute geht das nicht mehr.

Auch wenn die Prämien für die Jahre 2024 und 2025 jetzt nicht gezahlt werden dürfen, es müsste noch viel mehr passieren: Die meisten Versorger haben über Jahrzehnte hinweg viel zu wenig in das Leitungsnetz und in Kläranlagen investiert. Und das hat auch mit der Privatisierung und einer zahnlosen Regulierungsbehörde zu tun.

Von der Privatisierung in die Pleite?

Dafür haben viele Menschen im Vereinigten Königreich kein Verständnis angesichts der Dividenden, die die Unternehmen auszahlten. Seit der Privatisierung Ende der 1980er-Jahre in England und Wales waren dies Berechnungen der Universität Greenwich zufolge 100 Milliarden Euro. Empfänger waren die Eigentümer der Versorgungsunternehmen, darunter Investoren wie Pensionsfonds zum Beispiel aus Kanada.

Und auf die ist die Regierung auch angewiesen. Der größte Versorger Thames Water ist massiv verschuldet, steht mit einem Schuldenberg von knapp 25 Milliarden Euro kurz vor der Insolvenz. Eigentlich braucht der Versorger dringend einen Investor. Doch gerade erst ist ein Geldgeber abgesprungen. Der Konzern KKR zog sich aus den Verhandlungen zurück.

Aufsichtsbehörde als Investitionsrisiko?

Möglicherweise, weil die neue Bissigkeit der Aufsichtsbehörde zum Investitionsrisiko wurde. Diesen Verdacht legt jedenfalls eine Äußerung des Thames-Water-Chefs Chris Weston nahe. Der Manager sprach im Mai vor einem Ausschuss des Unterhauses und führte dort aus, dass man Geldgebern versichern müsste, mit ihrem Investment Geld verdienen zu können. Nur so bekäme man auch die nötigen Beträge zusammen, um eine Insolvenz abwenden und dringend notwendige Investitionen tätigen zu können.

Strafzahlungen, keine Prämien: All das verunsichert Investoren, die ihre Rendite maximieren wollen. Konsequent wäre es Expertinnen und Experten und auch einigen Oppositionspolitikern zufolge, die Versorger wieder zu nationalisieren. Doch das kann sich die Labour-Regierung derzeit schlicht nicht leisten.