Schild der Unionsfraktion im Bundestag
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Kanzlerwahl ++ Laut CDU heute kein neuer Wahlgang ++

Stand: 06.05.2025 11:18 Uhr

Nach dem Scheitern von CDU-Chef Merz im ersten Wahlgang bei der Kanzlerwahl wird es heute keinen neuen Durchgang geben - das teilte die CDU mit. Derzeit beraten die Fraktionen über das weitere Vorgehen.

Die wichtigsten Entwicklungen im Liveblog:

Nach dem Scheitern im ersten Wahlgang müsse Friedrich Merz nun den zweiten Versuch einer Kanzlerwahl starten - womöglich mit "weichen und zitternden Knien", sagte Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele der ARD. Es herrsche große Ratlosigkeit. "Es ist die große Frage: Wie konnte es dazu kommen?", so Römmele. Jeder habe darauf gewartet, dass Deutschland mit einer neuen Regierung handlungsfähig werde und auch international wieder auftrete. Das gelte auch für Frankreich und Polen, denen Merz nach den ursprünglichen Plänen schon morgen einen Besuch abstatten wollte. "All das muss jetzt erstmal verschoben werden."

Andrea Römmele, Politikwissenschaftlerin Hertie School, mit einer Einordnung zur gescheiterten Kanzlerwahl

tagesschau24, 06.05.2025 10:00 Uhr

Die AfD hat die gescheiterte Kanzlerwahl von CDU-Chef Friedrich Merz im ersten Durchgang begrüßt. "Das zeigt, auf welch schwachem Fundament die kleine Koalition aus Union und von den Bürgern abgewählter SPD gebaut ist", schrieb Parteichefin Alice Weidel bei X. 

"Das ist erstmal eine gute Sache. Denn dieses Ausmaß von Wahlbetrug, so Kanzler zu werden, und dann einfach, dass das durchgeht - das darf nicht sein", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Bernd Baumann, in einem Video auf der Plattform. Merz sei von vornherein beschädigt. Er habe "die Quittung bekommen für seine ganzen Machenschaften im Vorfeld, für den ungeheuren Wahlbetrug, den es vorher überhaupt noch nie so gegeben hat". Baumann fügte ebenfalls hinzu, der nächste Wahlgang sei wahrscheinlich am Mittwoch.

Nach dem Scheitern von CDU-Chef Friedrich Merz bei der Wahl zum neuen Kanzler im ersten Durchgang wird es heute keinen neuen Wahlgang geben. Das bestätigten die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher und der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger. Der nächste Wahlgang könnte am Mittwoch stattfinden.

Die ehemalige Grünen-Bundesministerin Renate Künast hat in der ARD erklärt, "das Land brauche nun Entscheidungen". "Es wäre Kaffeesatzleserei, zu sagen, was passiert ist", so Künast weiter. "Aber wie verärgert müssen Leute sein, dass sie nach den Koalitionsverhandlungen die Regierungsbildung platzen lassen." Es seien so viele Fragen offen, und Deutschland habe eine so wichtige Rolle in Europa. "Da bin ich gerade sprachlos", sagte Künast. "Wenn sie das schon nicht hinbekommen haben, wie soll es dann werden."

Der ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam hat skizziert, wie das weitere Vorgehen nach dem Scheitern von Friedrich Merz aussieht. Doch das sei gar nicht so einfach vorherzusagen. "Dass die Wahl geheim abgelaufen ist, macht es so schwierig zu gucken, woran hat es denn nun eigentlich gelegen", erklärte Bräutigam.

Das Grundgesetz sehe vor, dass Phase zwei beginne, so Bräutigam weiter. Der Bundestag habe nun 14 Tage Zeit, erneut mit Kanzlermehrheit einen Kanzler zu wählen. Der Vorschlag müsse jetzt aber nicht mehr vom Bundespräsidenten, sondern könne auch aus der Mitte des Bundestags kommen. Mehrere Wahlgänge seien nun möglich.

Frank Bräutigam, ARD-Rechtsexperte, über den gescheiterten Wahlgang

tagesschau24, 06.05.2025 10:00 Uhr

Friedrich Merz ist trotz Mehrheit von Union und SPD im Bundestag im ersten Durchgang bei der Kanzlerwahl gescheitert. Grünen-Politiker Anton Hofreiter erklärte im Interview mit der ARD, an erster Stelle seien nun Union und SPD gefragt, um zu klären, woher die Abweichler kamen. "So etwas gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik", sagte Hofreiter. Die Sitzung ist vorerst unterbrochen.

Nach dem überraschenden Scheitern von CDU-Chef Friedrich Merz im ersten Durchgang bei der Wahl zum Kanzler beraten nun die Fraktionen über die aktuelle Lage. Merz und der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil hatten am Montag betont, dass sie fest mit einer klaren Mehrheit der künftigen Regierungsfraktionen bei der Kanzlerwahl rechneten. Bei Sonderfraktionssitzungen am Dienstagmorgen hatten sowohl Union als SPD festgestellt, dass alle Abgeordneten anwesend sind.

CDU-Chef Friedrich Merz ist bei der Kanzlerwahl im Bundestag im ersten Wahlgang durchgefallen. Er erhielt in geheimer Abstimmung 310 Ja-Stimmen und damit sechs weniger als die nötige Mehrheit von 316. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben zusammen 328 Sitze im Parlament.

Bei der Wahl des Bundeskanzlers sind neben hochrangigen Politikern auch Familienmitglieder des designierten neuen Regierungschefs Friedrich Merz (CDU) und Prominente anwesend. Auf der Besuchertribüne im Bundestag zu sehen waren unter anderem Ehefrau Charlotte Merz und die Töchter Carola Clüsener und Constanze Merz.

Zur Eröffnung der Sitzung schickte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner einen besonderen Gruß an die Familienmitglieder. Diejenigen, die sich für den politischen Weg entschieden, übten auch immer Einfluss auf das Leben derer aus, die ganz nah mit ihnen lebten, sagte die CDU-Politikerin. Klöckner begrüßte auf der Tribüne außerdem die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU), die neben der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Platz genommen hatte. Dahinter zu sehen war Astronaut Alexander Gerst. Auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf zählt zu den Gästen.

Die SPD-Fraktion meldet ebenfalls Vollzähligkeit ihrer 120 Abgeordneten. Die sei das Ergebnis eines sogenannten Zählappells gewesen, heißt es aus der Fraktion. Mit der Union sind es also 328 Abgeordnete, 316 sind für die Kanzlerwahl nötig.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann setzt auf Tempo bei wichtigen ersten Entscheidungen der künftigen schwarz-roten Bundesregierung. "Wenn wir jetzt nicht am Anfang liefern, werden die Leute uns nicht vertrauen", sagte er kurz vor der Kanzlerwahl im Bundestag dem TV-Sender Phoenix. Deswegen seien die ersten 100 Tage entscheidend.

Die Zeit bis zur parlamentarischen Sommerpause Mitte Juli werde vermutlich die wichtigste für die komplette Wahlperiode, sagte Linnemann. "Was da zugeknöpft wird, ist entscheidend für den Erfolg." Mit Blick auf den wohl künftigen Kanzler Friedrich Merz (CDU) sagte er: "Ich glaube fest daran, dass er dieses Land überraschen wird." Als eine Haupteigenschaft von Merz nannte Linnemann Führungsstärke. "Er wird einer der erfolgreichsten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden." Das sei "eine kecke These", aber er gebe sie aus.

Genau sechs Monate nach dem Scheitern der Ampel ist es soweit - die Sitzung zur Kanzlerwahl im Bundestag hat begonnen. CDU-Chef Friedrich Merz soll heute zum 10. Kanzler der Bundesrepublik gewählt werden. Anschließend nimmt die neue schwarz-rote Bundesregierung ihre Arbeit auf.

Friedrich Merz vor Wahl zum Bundeskanzler

Marcus Overmann, ARD Berlin, tagesschau24, 06.05.2025 09:00 Uhr

CDU-Chef Friedrich Merz kann bei der Kanzlerwahl darauf setzen, dass alle 208 Unionsabgeordneten anwesend sind. Nach einem Zählappell teilte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), nach Angaben von Sitzungsteilnehmern mit, die Union sei vollzählig. Bei der Wahl des neuen Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) am Vortag hatten mehrere Abgeordnete noch krankheitsbedingt gefehlt. Merz hatte deutlich gemacht, dass er mit einer Wahl zum Kanzler im ersten Wahlgang rechnet.

Der CDU-Vorsitzende muss mindestens die Stimmen der Mehrheit der Bundestagsmitglieder erhalten – das sind bei 630 Abgeordneten mindestens 316. CDU/CSU (208) und SPD (120) verfügen zusammen über 328 Mandate, also nur über zwölf mehr, als sie unbedingt brauchen.

Wenn Friedrich Merz heute vermutlich zum Kanzler gewählt wird, schauen sie in Arnsberg vor allem stolz in Richtung Berlin. Aber auch mit glasklaren Erwartungen. Ein Besuch in Merz' Heimatregion.

Der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei hat sich im ARD-Morgenmagazin zur künftigen Zusammenarbeit von Schwarz-Rot geäußert. Die Koalition werde hoffentlich "geräuschlos und geschmeidig" funktionieren, so sein Wunsch. Da es sich dieses Mal nur um zwei Koalitionsparteien handele, sieht er dafür gute Chancen.

Frei erklärte zudem, man habe bei den Koalitionsverhandlungen gemerkt, dass es "ein großes gemeinsames Bewusstsein ob der Herausforderungen" gebe, denen das Land gegenüberstehe. Dabei nannte er den russischen Angriffskrieg, den Zoll- und Handelsstreit mit den USA, aber auch die innerstaatlichen Herausforderungen wie die Rezession.

"Mit der Arbeit geht es direkt heute los", Sabine Scholt, ARD Berlin, zum Regierungswechsel

Morgenmagazin, 06.05.2025 07:00 Uhr

Vor der neuen Bundesregierung liegen große Aufgaben. Die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, dürfte dabei an erster Stelle stehen. Wird der Regierung Merz das gelingen?

Der Koalitionsvertrag ist unterschrieben, Scholz mit Großem Zapfenstreich verabschiedet. Heute soll Merz zum Kanzler gewählt und sein Kabinett vereidigt werden. So sieht der Zeitplan aus.

Zum Start der neuen Bundesregierung haben sich 293 Verbände gemeinsam gegen geplante Verschärfungen in der Migrationspolitik gewandt. Konkret lehnen sie unter anderem Zurückweisungen an den Grenzen und Abschiebungen in Krisenländer ab. 

Hinter dem "Appell für eine verantwortungsvolle Migrationspolitik" stehen 82 bundesweite Organisationen wie der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Caritasverband, Brot für die Welt oder Misereor. Dazu kommen Dutzende Verbände, Gruppen und Initiativen auf Landes- und kommunaler Ebene.

Der Industrieverband BDI fordert von der neuen Bundesregierung Planungssicherheit. "Daher sollte der Bundeshaushalt 2025 im Frühsommer stehen und der Entwurf für 2026 vorliegen", sagt BDI-Präsident Peter Leibinger einer Mitteilung zufolge. Auch das Gesetz zur Errichtung des 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögens zur Modernisierung der Infrastruktur müsse schnell kommen.

Es brauche auch eine zügige Umsetzung bei den geplanten "Superabschreibungen" auf Investitionen in den Jahren 2025 bis 2027 und die Energiekosten müssten schnell gesenkt werden.

Die neue Bundesregierung aus Union und SPD will mehr als zwei Dutzend Sonderbeauftragte streichen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und bezieht sich auf eine Beschlussvorlage für das Kabinett. Viele Funktionen sollen künftig wieder in das jeweils zuständige Ministerium eingegliedert werden oder ganz wegfallen.

Laut der Beschlussvorlage, über die auch das Magazin Politico berichtete, soll es künftig unter anderem keinen Botschafter für feministische Außenpolitik mehr geben, ebenso keinen Sonderbeauftragten des Auswärtigen Amts für Libyen. Gestrichen werden soll auch der Radverkehrsbeauftragte im Verkehrsministerium.

Der Juso-Chef Philip Türmer hat eine "ungerechte, ungleiche Behandlung" von SPD-Chefin Saskia Esken kritisiert. Der Umgang mit Esken zeige, "dass SPD-Frauen unter besonderer Belastung und besonderem Druck stehen", sagte Türmer dem Nachrichtenportal web.de. "Einem Druck, den Männer so nicht zu befürchten haben." Türmer forderte mit Blick auf den innerparteilichen Umgang einen Kulturwandel.