Kunstmesse Paper Positions im ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin.

Kultur in der Krise Zoll-Chaos verunsichert den Kunstmarkt

Stand: 02.05.2025 16:54 Uhr

Die USA gehören zu den wichtigsten Märkten für Europas Kunsthandel. Trumps Zollpolitik schürt jedoch Verunsicherung. Erste Probleme gibt es schon, einige Galeristen meiden die USA.

Von Luis Babst und Nathalie Daiber, rbb

Am Wochenende findet in Berlin das Gallery Weekend statt - eine der wichtigsten Veranstaltungen für zeitgenössische Kunst in Deutschland. Dort werden Werke von Künstlerinnen und Künstler aus mehr als 20 Ländern präsentiert. Doch der internationale Charakter des Events ist bedroht. Denn dieses Jahr sorgt vor allem ein Thema bei den Kunstschaffenden sowie Galeristinnen und Galeristen für Verunsicherung: Trumps Handelsstreit mit dem Rest der Welt.

Anfang April kündigte der US-Präsident umfangreiche Strafzölle an, die ein angebliches Exportdefizit der USA ausgleichen sollten. Nach einem beispiellosen Einbruch der Börsen ruderte Trump zurück und setzte die neuen Zölle für 90 Tage aus. Ein neu eingeführter Grundzollsatz von zehn Prozent für Waren, die in die USA eingeführt werden, bleibt aber weiterhin bestehen.

Gemälde hängen beim Zoll fest

Kunstwerke sind theoretisch laut der US-Verfassung von den Zöllen ausgenommen. Eine Garantie dafür gibt es aber angesichts Trumps aktuellen Konfrontationskurses mit der Gewaltenteilung in den USA nicht - und auch ohne direkte Besteuerung von Kunstobjekten kommt es jetzt schon zu Komplikationen.

Kanada hat bereits Vergeltungszölle verhängt - und Kunstwerke aus den USA dabei eingeschlossen. Die EU überlegt noch, wie sie auf Trumps Zoll-Hammer reagieren soll. Auch dort sind Einfuhrsteuern auf Gemälde im Gespräch.

Kristian Jarmuschek

Kreativität ist nötig für gesellschaftliche Entwicklung, sagt Kristian Jarmuschek, der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler.

Eine Galerie in den USA hat die Auswirkungen des Zoll-Chaos schon zu spüren bekommen. Eigentlich wollte die britische Künstlerin Jessica Jane Charleston am 24. April ihre Ausstellung in San Francisco eröffnen. Doch die acht größten ihrer Gemälde sind beim Zoll in Los Angeles stecken geblieben.

Der Grund dafür sei ein Rückstau gewesen, mit dem das Transportunternehmen DHL wegen neuer Zollkontrollen von Paketen mit einem Wert von mehr als 800 US-Dollar zu kämpfen hat. Daraufhin setzte DHL den Transport von Gütern über 800 US-Dollar in die USA komplett aus. Der Stopp wurde mittlerweile wieder aufgehoben - doch der Fall zeigt, wie unberechenbar die Lage ist.

Charleston musste umplanen und konnte ihre Ausstellung trotz der fehlenden Kunstwerke eröffnen, aber ihre Galeristin spricht von der chaotischsten Erfahrung, die sie in ihrer zwölfjährigen Zusammenarbeit mit DHL für Kunsttransporte gemacht hat.

Wollgemälde von Melissa Joseph

Melissa Joseph fertigt ihre Werke aus Wolle.

Branche wegen Wirtschaftslage unter Druck

Zeitgleich mit dem Gallery Weekend findet in Berlin auch die Kunstmesse Paper Positions statt, auf der internationale Galerien zeitgenössische Kunst auf Papier präsentieren. Kristian Jarmuschek ist der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler und organisiert die Messe.

Er sieht die Gefahren für einen Kunstmarkt, der ohnehin schon mit Inflation und einer schwächelnden Weltwirtschaft zu kämpfen hat. "Diese neue Situation schafft totale Verunsicherung", sagt er. Denn die Vorplanungen auf dem Kunstmarkt liefen meistens über mehrere Jahre.

Auf eine Präsentation seiner Galerie auf den großen Kunstmessen in den USA verzichtet er dieses Jahr. Zu groß ist die politische Unsicherheit. Auch die Frankfurter Galeristin Heike Strelow wird nichts in den USA präsentieren. Sie versuche, überall ihre Werke für den gleichen Preis anzubieten. Die Zölle müsste sie dann auf die Preise aufschlagen und das den Sammlerinnen und Sammlern erklären.

Melissa Joseph

Melissa Joseph hat zuletzt in Deutschland gearbeitet, um die Einfuhr aus den USA zu umgehen.

"Ohnehin ein prekärer Beruf"

Schon vor den Zoll-Ankündigungen wurden kreative Lösungen gefunden, um auf hohe Transportkosten von Kunstwerken zu reagieren. Die US-amerikanische Künstlerin Melissa Joseph hat den vergangenen Monat in Berlin verbracht, um dort ihre Kunstwerke für das Gallery Weekend anzufertigen, statt sie teuer aus den USA einführen zu lassen. Möglich macht das die Galerie Soy Capitán in Berlin-Kreuzberg, in der sie am Wochenende ausstellt. Die Künstlerin aus New York verbindet in ihren Werken ihren Hintergrund als Textildesignerin und Malerin und schafft Gemälde aus Wolle und Filz.

Für Joseph sind die drohenden Zölle und die Ungewissheit eine weitere Belastung. "Es ist ohnehin ein prekärer Beruf und schwer, von der Kunst leben zu können", sagt sie. "Jede Hürde, die einem in den Weg gelegt wird, ist nur eine weitere Möglichkeit, die alles zum Einsturz bringen kann."

Jeder werde im Moment zu einem Zoll-Experten, witzelt sie. Angesichts der politischen Situation in den USA ist ihr aber nicht nach Späßen zumute. Trumps Kulturkampf sehe für Menschen wie sie keinen Platz in der Kunst vor, sagt sie. "Ich habe indische Wurzeln, ich bin eine Frau. Das sind politisierte Körper."

Auch der Verbandsvorsitzende Jarmuschek warnt vor den Auswirkungen von Trumps Kulturkürzungen: "Die größte Gefahr ist immer, dass die Menschen, deren Kreativität wir für unsere gesellschaftliche Entwicklung brauchen, irgendwann für sich eine persönliche Entscheidung treffen und sagen: Davon kann ich nicht mehr leben."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete radio3 rbb am 02. Mai 2025 um 17:50 Uhr.