Ein Musiker spielt auf einem Cello

Konkurrenz durch Online-Handel Vom Aussterben der Musikgeschäfte

Stand: 14.06.2025 11:31 Uhr

Flöten, Saxofone, Gitarren: Musikläden waren Treffpunkte für Hobbymusiker, Kinder bekamen hier ihr erstes Instrument. Doch Konkurrenz durch den Onlinehandel zwingt viele Geschäfte zur Schließung.

Die Liste der Schließungen reiner Musikläden mit Vollsortiment ist lang. Ob in Berlin, Köln oder Bad Homburg - am Ende prangen an den Fensterscheiben die Schilder mit Rabatt: "30 Prozent auf alles wegen Räumungsverkauf."

Noch ein letztes Mal die Kunden locken, bevor das Geschäft ganz geschlossen wird. Und dabei spielt es kaum eine Rolle, wie groß ein Musikladen ist. Das zeigt das Beispiel von "Just Music" in Berlin, dem bis dahin größten Vollsortimenter der Stadt.

Weniger Kunden, kein Nachfolger

Auch Frank Eichler aus Kassel hat lange mit sich gerungen, ob er weitermachen will. 45 Jahre lang stand er in seinem Musikladen und verkaufte die ganze Bandbreite an Instrumenten von Gitarren über Klaviere bis Schlagzeuge.

Doch die Kundschaft wurde weniger und einen Nachfolger habe er auch schon deshalb nicht gefunden, "weil keiner das Risiko eingehen wollte", erzählt der 65-Jährige.

Doch weil der Klavierbaumeister nicht ganz loslassen kann, verkauft Eichler jetzt in einem viel kleineren Laden vornehmlich Klaviere und bietet seine Dienste als Reparaturwerkstatt an. "Es ist eben eine Herzenssache, das mit der Musik."

Reine Musikgeschäfte sterben aus

Keinen Nachfolger, weniger Menschen, die Musik machen oder sich ein neues Instrument leisten können - und dazu die mächtige Konkurrenz des Onlinehandels. Und die ist gerade im Musikgeschäft besonders gnadenlos, der Preisdruck besonders hart.

Birgit Böcher, Geschäftsführerin vom Gesamtverband Deutscher Musikverlage, spricht davon, dass viele Inhaber am Limit arbeiteten. "Wenn die Immobilien der Familie nicht gehört, ist an Überleben kaum mehr zu denken." Sie sieht das Problem bei den Angeboten der Onlinehändler.

Onlinehandel spielt die erste Geige

Klarer Marktführer im Internet ist die Firma Thomann, danach kommt lange nichts. Mehr als 116.000 Artikel bietet das Familienunternehmen online an. Aber auch andere Versandhändler wie Amazon und Temu drängen gewaltig auf den Musikalienmarkt.

"Man kann sich zehn Gitarren bestellen, zwei Wochen lang testen und dann wieder neun kostenlos zurückschicken", erzählt Böcher. "Da kann ein stationärer Händler nicht mithalten."

Das weiß auch Frank Eichler, der ab und an Klaviere zu Onlinepreisen in den Laden stellt. Und trotzdem will die Kundin, die über einen Kauf nachdenkt, noch mit ihm feilschen. Das ärgert ihn.

Branche wächst weiter

Trotz des Aussterbens von Musikläden verzeichnet die Branche jedes Jahr ein Wachstum. Umsatz 2024 in Deutschland: 1,8 Milliarden Euro. Dieses Wachstum müsse man aber genau einordnen, erklärt Birgit Böcher.

Denn von den 1,8 Milliarden Euro falle fast eine Milliarde auf Thomann. Der Gesamtverband der Deutscher Musikverlage spricht dagegen von rund 40 Prozent der Unternehmen, deren Jahresumsatz bei unter 100.000 Euro lag.

Wenn ein Beruf ausstirbt

Offiziell gibt es noch den Beruf des Musikfachhändlers. Sie beraten Kunden im Geschäft oder spielen Musikinstrumente an. Doch der Beruf könnte bald ein Relikt früherer Zeiten sein. Böcher spricht von fünf bis zehn Azubis pro Jahr, die in die einzige Berufsschule im bayrischen Mittenwald kommen.

Simon Bender vom Musikhaus Schoenau hätte gerne ausgebildet. Aber sein Musikhaus steht in Gießen, welcher Azubi wäre weit über 500 Kilometer in die Berufsschule gefahren? Deshalb hat er jetzt einen Auszubildenden als Einzelhandelskaufmann. Solange der Gitarren stimmen kann, findet der Chef, ist das für ihn kein Problem.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete HR in "mex. das marktmagazin" am 11. Juni 2025 um 20:15 Uhr.