
ARD-DeutschlandTrend Wenig Rückenwind für den neuen Kanzler Merz
Laut ARD-DeutschlandTrend hält eine Mehrheit der Deutschen Merz für keine gute Besetzung als Kanzler. Gute Umfragewerte gibt es für Verteidigungsminister Pistorius. Umstritten ist ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD.
Nach einem historischen Tag ist Friedrich Merz am Dienstag schlussendlich zum Kanzler der Bundesrepublik gewählt worden. Es wird kräftig spekuliert, aus welchen Reihen die Parlamentarier stammen, die Merz im ersten Wahlgang die Zustimmung verwehrten und damit zu diesem denkwürdigen Moment im Parlament beigetragen haben.
Ganz außerhalb des Bereiches der Spekulation: Merz war als Oppositionsführer nicht beliebt bei den Deutschen und er ist es auch als neuer Kanzler nicht. Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend halten ihn lediglich 32 Prozent für eine gute Besetzung. Die Mehrheit (59 Prozent) hält ihn hingegen für keine gute Besetzung.
Damit reiht sich die aktuelle Bewertung in das Bild der letzten drei Jahre ein. Zwar schwankten die Werte für Merz, wenn nach der Zufriedenheit mit seiner Arbeit gefragt wurde, gerade in den Monaten vor der Bundestagswahl. Seinen besten Zustimmungswert erreichte er direkt nach dem Zusammenbruch der Ampel: 40 Prozent. Damit war jedoch selbst am Tiefpunkt der Ampel-Regierung die Mehrheit der Deutschen unzufrieden mit dem politischen Wirken von Merz.
Pistorius mit Top-Bewertung
Ein Politiker überstrahlte hingegen bereits in der Vergangenheit seine Kollegen und Kolleginnen: Boris Pistorius von der SPD wurde von den Deutschen seit Amtsantritt als Verteidigungsminister mehrheitlich ein positives Zeugnis für seine Arbeit ausgestellt. Nun wird er als Einziger aus dem Ampel-Kabinett seinen Posten in der neuen Regierung von Union und SPD weiterführen, was eine deutliche Mehrheit (73 Prozent) entsprechend gut findet.
Lars Klingbeil (SPD) als neuen Finanzminister halten 43 Prozent für eine gute Besetzung, 34 Prozent für keine gute Besetzung. Als Arbeitsministerin wird Bärbel Bas (SPD) künftig tätig sein, was 36 Prozent als gute Wahl für den Posten bewerten, 26 Prozent sehen das anders. Alexander Dobrindt besetzt als Innenminister einen der drei CSU-Posten. 35 Prozent halten den Politiker für eine gute Besetzung in dem Amt, 42 Prozent halten ihn für keine gute Besetzung.
Andere werden sich erst noch beweisen müssen: Den neuen Außenminister Johann Wadephul bzw. die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (beide CDU) hält jeweils jeder Vierte für eine gute bzw. keine gute Wahl. Aber, jeweils die Hälfte der Befragten traut sich aktuell gar keine Bewertung zu.
Neue Regierung mit zurückhaltender Bewertung
Zum Start ist der Blick auf die neue Regierung insgesamt durchwachsen. 42 Prozent finden die neue Regierung aus Union und SPD sehr gut oder gut, 53 Prozent hingegen weniger gut oder schlecht. Einzig die Anhänger von Union (79 Prozent) und SPD (74 Prozent) bewerteten das Regierungsbündnis mehrheitlich positiv.
Die Ampel war mit etwas mehr Rückenwind aus der Bevölkerung gestartet. Nach der Bundestagswahl 2021 bewerteten 53 Prozent eine Regierung aus SPD, Grünen und FDP als sehr gut oder gut, 43 Prozent als weniger gut oder schlecht. Dieser anfänglich positive Blick auf die Ampel wurde jedoch schnell getrübt und ging über in eine Phase von historisch niedrigen Zustimmungswerten zur Regierungsarbeit.
Sonntagsfrage: Union und AfD trennen vier Punkte
In der Sonntagsfrage ist aktuell wenig Veränderung: Wenn schon am Sonntag wieder Bundestagswahl wäre, käme die CDU/CSU auf 27 Prozent (+1 im Vergleich zum Vormonat). Die AfD verliert einen Punkt und würde 23 Prozent erreichen. Die SPD käme weiter auf 16 Prozent, die Grünen weiter auf 11 Prozent und auch die Partei Die Linke bliebe unverändert zum Vormonat bei 10 Prozent. Das BSW und die FDP verharren ebenfalls unverändert beide bei 4 Prozent. Damit lägen aktuell beide knapp unterhalb der Mandatsschwelle. Alle übrigen Parteien kämen zusammen auf 5 Prozent.
Mehrheit hält AfD für rechtsextrem
Die vom Verfassungsschutz vorgenommene Einstufung der AfD als rechtsextrem sorgt für eine neue Debatte über die Partei. Zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger (67 Prozent) teilen die Behördeneinordnung und sagen: "Ich halte die AfD für eine rechtsextreme Partei." Die AfD-Anhänger lehnen diese Einstufung dagegen fast geschlossen ab. Vielmehr äußern die AfD-Anhänger in großer Mehrheit (82 Prozent) Zustimmung zu der Aussage: "Mir ist es egal, dass die AfD als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht."
Das Hauptthema der AfD ist die Zuwanderung: 45 Prozent der Deutschen finden es gut, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will als andere Parteien, 47 Prozent stimmen dem eher nicht zu. Unter den AfD-Anhängern erhält die Partei in diesem Punkt faktisch uneingeschränkt Anerkennung.
Gleichzeitig äußern 62 Prozent der Deutschen die Angst, die AfD könne unsere Demokratie zerstören. Unter den AfD-Anhängern wird diese Angst nicht geteilt.
AfD-Verbotsverfahren ist umstritten
Nach der Neubeurteilung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde auch die Debatte neu entfacht, ob die AfD verboten werden sollte. Die Deutschen sind uneins darüber, ob ein solches Verbotsverfahren gegen die AfD eingeleitet werden sollte: 43 Prozent halten das aktuell für angemessen (+1 im Vgl. zu Oktober 2024), 47 Prozent (+1) für nicht angemessen.
Womit sich die Parlamentarier unmittelbar beschäftigen müssen: Im Bundestag stehen die Besetzung der Ausschüsse an und damit auch die Wahl von Ausschussvorsitzenden. Sowohl Kanzler Merz als auch der neue Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn haben sich letztendlich gegen AfD-Parlamentarier an der Spitze von Ausschüssen des Bundestages ausgesprochen. Mit der Haltung vertreten sie auch eine Mehrheit der Deutschen: Die Wahl von AfD-Ausschussvorsitzenden im Bundestag finden 58 Prozent nicht akzeptabel, 35 finden das akzeptabel.
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Online- und Telefon-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 05. Mai bis 06. Mai 2025
Fallzahl: 1.325 Befragte (790 Telefoninterviews und 535 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent, 3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1.000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.