Ein israelischer Panzer in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen

Gazastreifen Israel startet große Bodenoffensive

Stand: 18.05.2025 16:15 Uhr

Israel hat nach eigenen Angaben seine neue Bodenoffensive im Gazastreifen gestartet. In der Nacht sorgten zudem israelische Luftangriffe für zahlreiche Todesopfer. Die internationale Kritik wächst.

Das israelische Militär hat den Start seiner neuen Bodenoffensive im Gazastreifen verkündet. Sie seien seit Samstag im gesamten Norden und Süden des Küstengebiets gegen die Terrororganisation Hamas im Einsatz, teilte das Militär mit.

In der vergangenen Woche hätten die Luftstreitkräfte in einer "ersten Angriffswelle" bereits 670 Hamas-Ziele im gesamten Gazastreifen angegriffen, hieß es weiter. Die Truppen hätten Dutzende Terroristen "eliminiert" und terroristische Infrastrukturanlagen unter und über der Erde zerstört, schrieb das Militär auf der Onlineplattform X. Die Luftwaffe werde die stationierten Truppen weiterhin unterstützen.

Letztes öffentliches Krankenhaus im Norden schließt offenbar

Auch in der vergangenen Nacht überzog Israel den Gazastreifen mit Luftschlägen. Laut palästinensischen Angaben gab es erneut viele Todesopfer. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde gab an, das letzte öffentliche Krankenhaus im Norden des Gazastreifens sei wegen der Angriffe nicht mehr arbeitsfähig. Patienten, Personal und Güter müssten ins Indonesische Krankenhaus in Beit Lahia verlegt werden.

Seit der Nacht seien mindestens 110 Menschen getötet worden, hieß es aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete 108 Tote und viele Verletzte. Der von der Hamas kontrollierte Zivilschutz hingegen sprach von mindestens 33 Toten. Die unterschiedlichen Todeszahlen aus verschiedenen Quellen lassen sich derzeit nicht unabhängig verifizieren.

Wafa meldete unter Berufung auf medizinische Kreise, allein bei einem Bombardement in der Gegend von Al-Mawasi im Süden des Gazastreifens habe es mehr als 20 Tote und rund 100 Verletzte gegeben. Bei dem Angriff seien Zelte getroffen worden, in denen Vertriebene untergebracht gewesen seien.

Israels Armee teilte auf Anfrage mit, dem Bericht nachzugehen.

Kritik an Ausweitung der Offensive wächst

Vor wenigen Tagen hatte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärt, mit der neuen Offensive den Druck auf die Hamas erhöhen zu wollen, um die Freilassung der noch immer festgehaltenen Geiseln zu erreichen. Die Armee soll im Zuge der großangelegte Offensive nach dem Willen der Regierung den Gazastreifen erobern und auf Dauer besetzt halten. Nach palästinensischen Angaben werden durch die Angriffe täglich Dutzende Menschen getötet.

Israels Offensive sorgt für immer mehr internationale Kritik. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, der militärische Vorstoß sei "Grund zu tiefer Sorge". Das gelte mit Blick auf die strategischen Ziele Israels als auch für die humanitäre Lage in Gaza. Die Angriffe könnten das Leben der verbliebenen Geiseln gefährden, sagte ein Sprecher. Die Militäroffensive könne zudem die katastrophale humanitäre Lage der Bevölkerung noch weiterverschlechtern. Außenminister Johann Wadephul habe am Samstag nochmals mit seinem israelischen Amtskollegen telefoniert und sei mit weiteren Partnern der Region in engem Kontakt.

"Genug mit den Angriffen"

Auch Italien forderte Israel auf, die Angriffe zu stoppen: "Genug mit den Angriffen", sagte der italienische Außenminister Antonio Tajani. Der neue Papst Leo XIV. sagte nach seiner Amtseinführung in einem Gebet, im Gazastreifen seien "Kinder, Familien und ältere Überlebende dem Hunger ausgeliefert".

Bei einem Gipfel der Arabischen Liga in Bagdad rief UN-Generalsekretär António Guterres zu einem sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand auf. In der Abschlusserklärung des Gipfels wurde die internationale Gemeinschaft aufgefordert, "Druck auszuüben, um das Blutvergießen zu beenden und sicherzustellen, dass dringend benötigte humanitäre Hilfe ungehindert eintreffen kann". Israel blockiert bereits seit März die Einfuhr von Medikamenten, Lebensmitteln und Treibstoff, um die Hamas unter Druck zu setzen.

Offenbar kein Durchbruch bei den Verhandlungen

In Katar sind am Samstag neue Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas gestartet - allerdings nur indirekt. Vermittler aus Ägypten und Katar versuchten, eine Feuerpause auszuloten - doch eine mit den Verhandlungen vertraute Person sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es habe zunächst keinen Durchbruch gegeben.

Der britische Sender BBC berichtete unter Berufung auf einen palästinensischen Beamten, die Hamas habe nach Verhandlungen am Samstag die Freilassung von neun Geiseln im Gegenzug für eine 60-tägige Feuerpause vorgeschlagen. Demnach soll der Plan auch die Einfuhr von 400 Hilfstransportern vorsehen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 18. Mai 2025 um 16:00 Uhr.