Wladimir Medinsky (M.) in Istanbul.

Veröffentlichtes Memorandum Russland stellt Maximalforderungen an die Ukraine

Stand: 02.06.2025 22:39 Uhr

Bei den Friedensgesprächen in Istanbul hat Russland der Ukraine ein Memorandum für eine Waffenruhe und eine Beendigung des Krieges übergeben. Es enthält ausschließlich Moskaus Maximalforderungen - und dürfte für Kiew nicht akzeptabel sein.

Russland hat als Bedingung für eine umfassende Waffenruhe den Abzug der ukrainischen Truppen aus den von Moskau beanspruchten Gebieten gefordert. Das geht aus einem bei den Verhandlungen im türkischen Istanbul an die Ukraine übermittelten Memorandum hervor, das von den staatlichen russischen Nachrichtenagenturen Tass und Ria Nowosti veröffentlicht wurde.

Damit eine "30-tägige Waffenruhe" in Kraft treten könne, sei ein "vollständiger Rückzug" der ukrainischen Streitkräfte aus den von Moskau teilweise besetzten Regionen Doneszk, Luhansk, Saporischschja und Cherson notwendig, heißt es in dem Papier.

Derzeit kontrollieren die Truppen des Kreml das Luhansker Gebiet fast komplett, das benachbarte Donezker Gebiet zu etwa 70 Prozent und die Regionen Cherson und Saporischschja nur zu etwa zwei Dritteln. Die Gebietshauptstädte Cherson und Saporischschja mit ihren Hunderttausenden Einwohnern stehen dabei weiter unter ukrainischer Kontrolle.

Moskau nennt Maximalforderungen

Der Forderungskatalog umfasst außerdem wesentliche Bedingungen Moskaus als Voraussetzung für ein Ende Krieges, der im Februar 2022 mit der russischen Invasion des Nachbarlandes begonnen hatte. Zunächst müssten die von Russland besetzten Regionen sowie die im Jahr 2014 annektierte Krim international bindend als russische Territorien anerkannt werden. Alle Wirtschaftssanktionen gegen Russland sollten demnach aufgehoben werden, die Ukraine müsse "neutral" sein und etwa auf einen NATO-Beitritt verzichten.

Westliche Waffenlieferungen und das Teilen von Geheimdienstinformationen müssten gestoppt werden, die Größe der ukrainischen Armee solle begrenzt werden. Kiew müsse sich verpflichten, auf jegliche Reparationsforderungen an Russland zu verzichten. Zudem müsse die Ukraine alle russischen "politischen Gefangenen" freilassen. 

In Anlehnung an Moskaus erklärtes Ziel der "Entnazifizierung" des verfeindeten Nachbarlandes sieht das Dokument zudem die Auflösung "ukrainisch-nationalistischer Formationen" innerhalb der ukrainischen Streitkräfte vor. Die Ukraine soll zudem einen Stopp von Sabotageakten in Russland garantieren. Nach der Aufhebung des geltenden Kriegsrechts sollen nicht später als 100 Tage danach Wahlen abgehalten werden.

Selenskyj: Trump soll Putin zur Waffenruhe drängen

Die in dem Memorandum genannten Forderungen Russlands waren von der Ukraine in der Vergangenheit bereits wiederholt abgelehnt worden. Kiew hatte dagegen von Moskau eine bedingungslose Waffenruhe für 30 Tage als Voraussetzung für den Start realer Friedensgespräche verlangt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat US-Präsident Donald Trump am Montagabend dazu aufgefordert, Russland mit weiteren Sanktionen zu einer Waffenruhe zu bewegen. Er erwarte "starke Schritte" von Trump, sagte Selenskyj vor Journalisten. Washington solle "die Russen mit starken Sanktionen zu einer Waffenruhe drängen", fügte Selenskyj hinzu. Eine von Russland außerdem ins Spiel gebrachte zwei- bis dreitägige Waffenruhe bezeichnete er als "kurze Pause" und warf Moskau ein "Spiel der Rhetorik" vor.

Austausch von Kriegsgefangenen vereinbart

In Istanbul war zuvor eine zweite Gesprächsrunde zwischen Delegationen aus der Ukraine und Russland über ein Beendigung des Krieges zu Ende gegangen. Als einzig greifbares Ergebnis war ein erneuter Austausch von Kriegsgefangenen vereinbart worden. Laut dem russischen Delegationsleiter Wladimir Medinski sollen jeweils mindestens 1.000 Kriegsgefangene ausgetauscht werden. Zusätzlich wurde beiden Seiten zufolge auch ein Austausch von 6.000 Leichen getöteter Soldaten vereinbart.

Außerdem ist dem Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, zufolge eine Liste mit Namen von verschleppten Kindern an Russland übergeben worden, deren Rückgabe Kiew fordert. Die Ukraine schlug zudem einen Termin Ende Juni für Folgegespräche vor. Die entscheidenden Fragen könnten aber nur auf Ebene der Staatschefs geklärt werden, führte der ukrainische Verteidigungsminister und Delegationsleiter Rustem Umjerow aus.