
Russische Militärflugzeuge zerstört Selenskyj spricht von "brillantem" Angriff
Mit einem Überraschungsangriff tief in russischem Gebiet hat die Ukraine offenbar Dutzende russische Militärflugzeuge zerstört. Präsident Selenskyj feiert den Angriff - das russische Verteidigungsministerium relativiert die Schäden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Überraschungsangriff seines Geheimdienstes SBU gegen mehrere russische Militärflughäfen als "absolut brillanten Erfolg" gefeiert. Die Attacke sei die weitestreichende Operation der Ukraine im bisherigen Kriegsverlauf gewesen.
"Ein Jahr, sechs Monate und neun Tage vom Planungsbeginn bis zur effektiven Umsetzung", schrieb Selenskyj auf der Plattform X. Er habe den Geheimdienst angewiesen, die Öffentlichkeit über einen Teil des Einsatzes zu informieren. Dieser werde "zweifellos in die Geschichtsbücher" eingehen.
Ukraine meldet mehr als 40 zerstörte Flugzeuge
Der ukrainische Geheimdienst SBU hat in einer koordinierten Aktion mindestens vier russische Militärflughäfen attackiert und dabei nach eigener Darstellung mehr als 40 Flugzeuge zerstört.
Nach SBU-Angaben wurden damit etwa 34 Prozent der strategischen Bomber zerstört oder beschädigt, die in der Lage sind, Marschflugkörper abzusetzen. Das russische Militär habe die angegriffenen Flugzeuge genutzt, "um ukrainische Städte jede Nacht zu bombardieren". Auch Frühwarnflugzeuge des Typs A-50 sollen getroffen worden sein. Diese sind mit den AWACS-Maschinen der NATO vergleichbar.
Den Wert der beschädigten oder zerstörten Bomber bezifferte der SBU mit sieben Milliarden Dollar (etwas mehr als sechs Milliarden Euro). Da Russland keine Tu-95 Langstreckenbomber mehr produziert, könnte ein großer strategischer Schaden entstanden sein.
Die Angriffe richteten sich demnach unter anderem gegen die russische Militärbasis in Belaja in Ostsibirien, die rund 4.200 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt in der Region Irkutsk liegt. Zudem seien auch die Luftwaffenstützpunkte in Djagilewo, Iwanowo und in Olenia in der Region Murmansk in der russischen Arktis attackiert worden. Diese Region liegt rund 1.900 Kilometer von der Ukraine entfernt. Laut Selenskyj kamen 117 Drohnen zum Einsatz.

Ein vom ukrainischen Geheimdienst SBU veröffentlichtes Video soll den Angriff auf den russischen Luftwaffenstützpunkt in Belaja zeigen.
Drohnen offenbar in Holzhäusern versteckt
Der SBU veröffentlichte ein Video, das die Luftwaffenbasis in Belaja zeigen soll. Darauf sind mehrere brennende Flugzeuge sowie schwarze Rauchsäulen zu sehen.
Außerdem veröffentlichten ukrainische Medien Bilder von Kampfdrohnen, die offenbar bei den Attacken eingesetzt wurden. Diese seien von Verstecken in Holzhäusern gestartet worden, die auf Lastwagen verladen waren. "Zum richtigen Zeitpunkt wurden die Dächer ferngesteuert geöffnet und die Drohnen flogen, um russische Bomber anzugreifen", heißt es aus dem SBU.
Die Angaben des ukrainischen Geheimdienstes und die Berichte über die Details der Angriffe lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Russland bestätigt Angriffe
Das russische Verteidigungsministerium bestätigte inzwischen, dass bei ukrainischen Angriffen mit Drohnen in den Regionen Murmansk und Irkutsk mehrere russische Flugzeuge in Brand gerieten. Aus Gebieten in der "unmittelbaren Nachbarschaft" von Flugplätzen seien Drohnen auf die Flugzeuge abgefeuert worden.
Bei den Angriffen seien keine Menschen zu Schaden gekommen, hieß es. Die Brände seien mittlerweile unter Kontrolle. Angriffe in den Regionen Iwanowo, Rjasan und Amur seien abgewehrt worden.
Eingesetzt worden seien bei den Angriffen sogenannte First-Person-View-Drohnen, kurz FPV-Drohnen, erklärte das russische Verteidigungsministerium weiter. Diese Drohnen bieten die Möglichkeit, sie aus der Sicht einer eingebauten Kamera zu steuern.
Die russische Seite meldete zudem die Festnahme von Verdächtigen. Der SBU und Selenskyj erklärten hingegen, die an der Aktion beteiligten Agenten seien bereits in die Ukraine zurückgekehrt. Sollte Russland von Festnahmen berichten, so diene diese Behauptung "nur für das heimische Publikum", verlautete aus dem SBU.
Russische Züge entgleisen nach Brückeneinstürzen
In der Ukraine hatte man erwartet, dass Russland in den kommenden Tagen erneut massiv angreift. Die ukrainische Luftwaffe meldete am Sonntag den größten russischen Drohnenangriff seit Kriegsbeginn. Moskau habe insgesamt 472 Drohnen gegen die Ukraine eingesetzt, teilte die Luftwaffe mit.
Zuvor war bereits in der Nacht zum Samstag in einem von russischen Truppen kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja nach Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes ein Güterzug gesprengt worden. Der Militärzug mit Treibstofftanks und Güterwaggons sei infolge einer Explosion auf dem Gleisbett entgleist, teilte der Geheimdienst mit.
Die Mitteilung erfolgte, nachdem es in der Nacht auf Sonntag zwei Vorfälle in Russland gegeben hatte. In den an die Ukraine grenzenden Gebieten Kursk und Brjansk entgleisten zwei Züge nach Brückeneinstürzen. Den Behörden zufolge gab es mindestens sieben Todesopfer. Das russische Ermittlungskomitee stufte die Brückeneinstürze als Terrorakt ein. Die Ukraine hat sich dazu bisher nicht geäußert.
Tote bei Angriff auf ukrainische Ausbildungseinheit
Außerdem kamen bei einem russischen Raketenangriff auf eine Ausbildungseinheit der ukrainischen Armee nach Angaben aus Kiew mindestens zwölf Soldaten ums Leben. Zudem seien mehr als 60 Menschen verletzt worden, hieß es in einer Mitteilung der Bodentruppen.
Die massiven Angriffe beider Seiten ereigneten sich einen Tag vor der nächsten Gesprächsrunde zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul über eine Waffenruhe im Krieg.