
Plan des Sicherheitskabinetts Israel will offenbar gesamten Gazastreifen einnehmen
Israel will offenbar den gesamten Gazastreifen einnehmen und dauerhaft kontrollieren. Das Sicherheitskabinett soll zudem Hilfslieferungen gebilligt haben - unter Bedingungen, die von den UN abgelehnt werden.
Das israelische Sicherheitskabinett hat nach Angaben aus Regierungskreisen einem Plan zugestimmt, nach dem das Militär den gesamten Gazastreifen einnehmen soll. Zudem sei beschlossen worden, dass Israel seine Präsenz in dem Gebiet bis auf Weiteres aufrecht erhalte. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Israel kontrolliert derzeit bereits etwa die Hälfte des Gazastreifens.
Der Plan sehe auch vor, die Bevölkerung vom Norden des Gazastreifens in den Süden zu bewegen, hieß es weiter. Hunderttausende Palästinenserinnen und Palästinenser würden dadurch vertrieben.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu befürworte weiterhin den von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Plan zu einer "freiwilligen Emigration von Gaza-Einwohnern". Man sei dazu mit mehreren Ländern im Gespräch, hieß es den Angaben nach.
Katz sprach bereits von dauerhafter Kontrolle
Israel beabsichtigt mit der Ausweitung des Gaza-Einsatzes, den Druck auf die militant-islamistische Hamas zu erhöhen, damit diese die verbleibenden Geiseln freilässt. Zudem soll sie sich auf ein Waffenruheabkommen einlassen, das den Vorstellungen Israels entspricht.
Verteidigungsminister Israel Katz hatte bereits im vergangenen Monat gesagt, Israels Soldaten sollten in allen im Gazastreifen eroberten Gebieten dauerhaft die Kontrolle behalten. Die Armee werde in den "Sicherheitszonen" bleiben und als Puffer zwischen dem Feind und den israelischen Gemeinden fungieren, "in jeder vorübergehenden oder dauerhaften Realität", sagte Katz. Anders als in der Vergangenheit werde die Armee keine Gebiete mehr räumen. Sollte die Hamas die Geiseln nicht freilassen, würden die Einsätze ausgeweitet.
Katz hatte schon zuvor angekündigt, die Armee werde große Gebiete im Gazastreifen erobern, die als israelisch kontrollierte "Sicherheitszonen" dienen sollten.
Offenbar Streit über Hilfslieferungen
Das Kabinett billigte laut Medienberichten zudem einen Plan, Hilfsgüter im Gazastreifen mit Hilfe privater Sicherheitsunternehmen zu verteilen. Die UN lehnen ein solches Vorgehen ab.
Bei den Beratungen über die Wiederaufnahme der bisher blockierten Hilfslieferungen soll es den Angaben nach zu einem Streit gekommen sein. Die Times of Israel berichtete, es habe eine "hitzige Diskussion" zwischen dem rechtsextremen Polizeiminister Itamar Ben-Gvir und dem Militärchef Ejal Zamir gegeben.
"Wir können den Gazastreifen nicht aushungern"
Ben-Gvir habe gesagt, es sei "nicht nötig", die Hilfslieferungen in den Gazastreifen wieder aufzunehmen. Die Menschen dort hätten genug. "Die Lebensmittellager der Hamas sollten bombardiert werden", sagte Ben-Gvir demnach weiter. "Ich verstehe nicht, warum jemand, der gegen uns kämpft, automatisch Hilfe bekommen sollte." Eine weitere Ministerin habe ihm zugestimmt.
Der Generalstabschef habe dagegen gesagt, solche Vorstellungen gefährdeten Israel. Ben-Gvir verstehe nicht, wovon er rede. "Es gibt internationales Recht, dem wir verpflichtet sind", sagte Zamir demnach. "Wir können den Gazastreifen nicht aushungern."
Laut der Times of Israel habe Premier Netanjahu gesagt, Ben-Gvir habe das Recht, seine Meinung zu äußern. Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara habe betont, Israel sei juristisch verpflichtet, Hilfsgüter in den Küstenstreifen zu lassen. Kabinettssekretär Yossi Fuchs habe zu Protokoll gegeben, kein Minister habe vor, gegen internationales Recht zu verstoßen.
Hilfsorganisationen: Katastrophale Zustände in Gaza
Das Militär blockiert seit rund zwei Monaten humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen, in dem etwa zwei Millionen Menschen leben. Israel wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter abzugreifen und gewinnbringend an die Zivilbevölkerung zu verkaufen, um so wiederum ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren.
Angesichts der ausbleibenden Hilfslieferungen warnen Nichtregierungsorganisationen wiederholt vor einer drohenden Hungerkatastrophe und Gesundheitskrise im Gazastreifen. Das Welternährungsprogramm gab vor wenigen Tagen bekannt, dass alle seine Lebensmittelvorräte im Gazastreifen aufgebraucht seien.