E-Auto laden im Winter

Elektromobilität Energiewirtschaft gegen Ladesäulen-Ziel

Stand: 28.12.2021 12:52 Uhr

Wegen eines möglichen Überangebots an Ladesäulen spricht sich die Energiewirtschaft gegen die Vorgabe von einer Million öffentlich zugänglicher Ladepunkte aus. Die Autoindustrie fordert derweil mehr Tempo beim Ausbau.

Beim Ausbau des Ladesäulennetzes für Elektroautos ist die Energiewirtschaft gegen ein starres Ziel. "Es besteht die Gefahr, dass wir ein Überangebot erzeugen und viele Ladesäulen schlicht nicht genutzt werden", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Folge wäre ein fehlender Wettbewerb zwischen den Anbietern. Dieser wiederum sei nötig für die besten Preise und den besten Service.

Die Pläne der Koalition aus SPD, Grünen und FDP sehen zum einen 15 Millionen vollelektrische Pkw auf deutschen Straßen bis zum Jahr 2030 vor. Zum anderen sollen dann eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte vorhanden sein. Andreae kritisierte diese feste Vorgabe. "Niemand weiß heute genau, wie die Mobilität im Jahr 2030 aussieht", sagte sie. "Davon hängt aber ab, welche Ladeinfrastruktur gebraucht wird." So könnte beispielsweise eine Citymaut oder ein Fahrverbot für Verbrenner in Innenstädten die Entwicklung stark beeinflussen. "Deshalb kann das Ausbauziel für Ladeinfrastruktur nur ein dynamisches Ziel sein", fügte sie hinzu.

VDA kritisiert Ausbaugeschwindigkeit

Die deutsche Autoindustrie sieht den Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland derweil gefährdet. "Deutschland hängt beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für die E-Autos extrem hinterher", sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), der Nachrichtenagentur dpa. "Um die Menge der E-Autos, die die Bundesregierung vorsieht, auch wirklich erreichen zu können, müssten pro Woche etwa 2000 neue öffentliche Ladepunkte installiert werden - tatsächlich sind es gerade mal 300. Heißt im Klartext: Das Tempo muss sich versiebenfachen."

Außerdem sollte aus Müllers Sicht das Wallboxen-Programm verlängert werden, das den Einbau eines Ladepunkts in der heimischen Garage fördert. Die staatlichen Fördergelder dazu sind erschöpft, bei der Förderbank KfW können keine Anträge mehr gestellt werden. Ein wachsendes Kundenbedürfnis werde sein, schnell und günstig zu laden, so die VDA-Präsidentin. "Die Ladeinfrastruktur muss dem E-Auto Bestand vorauslaufen. Nur so gewinnen wir Verbrauchervertrauen und ermutigen die Menschen, in ein Elektroauto zu investieren."

Licht und Schatten in der Autoindustrie

Zum 1. Januar 2020 waren laut Kraftfahrt-Bundesamt 309 000 reine E-Autos zugelassen, dazu kamen rund 280.000 Plug-in-Hybridfahrzeuge, die einen Elektro-Antrieb mit einem Verbrenner kombinieren. Die Neuzulassungen von reinen E-Autos sowie Plug-in-Hybridfahrzeugen sind 2021 weiter deutlich gestiegen, auch wegen erhöhter staatlicher Kaufprämien. "Die Autoindustrie kann 15 Millionen E-Autos bauen", betonte Müller. "Aber der Verbraucher nimmt sie nur an, wenn er sich zu 100 Prozent darauf verlassen kann, sein Auto überall und jederzeit unkompliziert laden zu können."

Zur generellen Lage in der Branche sagte Müller, es gebe Licht und Schatten. "Positiv ist: Wir haben volle Auftragsbücher und wollen die Aufträge natürlich auch alle bedienen. Die deutsche Autobranche investiert dafür Rekordsummen. Bis 2026 gehen 220 Milliarden Euro in Digitalisierung, neue Antriebe und Elektromobilität. Das ist eine gewaltige Summe, die auch wieder erwirtschaftet werden muss."

Allerdings wirke sich der weltweite Halbleiter- und Rohstoffmangel weiterhin negativ auf die Produktion aus: "Wir liegen nach den aktuellen Zahlen noch immer unter den schlechten Werten des Krisenjahres 2020. Im zweiten Halbjahr 2022 sollte sich die Situation hoffentlich entspannen." Wegen Lieferengpässen bei Halbleitern sind die Neuzulassungen in Deutschland in diesem Jahr deutlich zurückgegangen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. November 2019 um 08:35 Uhr.