
Edelmetalle Ist Platin das neue Gold?
Die hohen Goldpreise treiben immer mehr Verbraucher in günstigere Alternativen wie Platin. Mit einem Plus von 46 Prozent seit Jahresbeginn ist Platin der heimliche Star am Edelmetallmarkt.
Wenn von Edelmetallen die Rede ist, denken viele zuerst an Gold. Seit Jahrhunderten steht es als Symbol für Sicherheit und Werterhalt. Auch 2025 bleibt Gold gefragt - zahlreiche geopolitische Spannungen, anhaltende Konjunktursorgen und nicht zuletzt die von US-Präsident Donald Trump entfachten Handelsstreitigkeiten treiben die Anleger in den "sicheren Hafen".
Platinpreis auf höchstem Stand seit 2021
Doch obwohl Gold auch in diesem Jahr die Schlagzeilen dominiert, läuft ein anderes Edelmetall dem Klassiker in diesem Jahr den Rang ab: Platin steht mit einem Plus von 36 Prozent seit Jahresbeginn an der Spitze der Edelmetalle. Gold kommt im gleichen Zeitraum "nur" auf einen Zuwachs von 31 Prozent.
Zur Wochenmitte lag der Platinpreis zeitweise bei 1.272 Dollar - und somit auf dem höchsten Stand seit Februar 2021. Zum Wochenschluss waren es 1.225 Dollar. Damit kostete eine Feinunze des weißen Edelmetalls aber gerade einmal gut ein Drittel dessen, was für die Feinunze Gold aufgerufen wurde. Am Freitagabend notierte Gold bei etwa 3.430 Dollar, das Allzeithoch stammt vom April und liegt bei 3.500 Dollar.

Interesse bei Schmuckkäufern und Juwelieren
Experten zufolge treiben die rekordhohen Goldpreise die Verbraucher zunehmend in günstigere Alternativen wie Platin. "Steigende Goldpreise veranlassen Juweliere zur Diversifizierung" - zu diesem Schluss kommen etwa die Analysten der Bank of America. Besonders in China wuchs zuletzt die Nachfrage nach Platin massiv, im April importierte die Volksrepublik 11,5 Tonnen Platin - so viel wie seit einem Jahr nicht mehr.
Laut dem World Platinum Investment Council dürfte die globale Platinschmuck-Nachfrage im laufenden Jahr um fünf Prozent steigen. Die Experten der Bank of America warnen, dass schon eine einprozentige Verschiebung der Nachfrage von Gold- auf Platinschmuck ausreichen würde, um das Angebotsdefizit des weißen Edelmetalls zu verdoppeln.
Große Nachfrage aus Auto- und Wasserstoffindustrie
Dabei wird Platin - anders als Gold - auch von der Industrie verstärkt nachgefragt: Das weiße Edelmetall spielt eine wichtige Rolle in der Autoindustrie, kommt es doch in Katalysatoren von Diesel-Fahrzeugen zum Einsatz. In den vergangenen Jahren entfiel dem World Platinum Investment Council zufolge zwischen 29 und 42 Prozent der weltweiten Platin-Nachfrage auf diesen Bereich.
Darüber hinaus wird Platin in der chemischen Industrie und der Elektronik benötigt - sowie bei der Elektrolyse zur Herstellung von "grünem" Wasserstoff. Auch in Brennstoffzellen-Autos wie dem Toyota Mirai wirkt Platin als Katalysator. Experten gehen davon aus, dass die Wasserstoffwirtschaft langfristig einer der bedeutendsten Wachstumstreiber für Platin wird.
Handelskonflikt als Risiko für den Platinpreis?
Diese breit gefächerte industrielle Nachfrage trifft aktuell auf ein strukturelles Angebotsdefizit, vor allem durch Produktionsrückgänge in Südafrika und Russland. Doch der hohe Anteil der industriellen Nachfrage birgt kurz- bis mittelfristig auch das Risiko eines Preisrückgangs, sollte der Handelskonflikt weiter eskalieren.
Carsten Fritsch, Rohstoffexperte der Commerzbank, verweist dabei auch auf "Berichte über (drohende) Produktionsunterbrechungen im Automobilsektor aufgrund der Knappheit bei seltenen Erden und kritischen Mineralien". China hatte für diese Rohstoffe Exportbeschränkungen verhängt.
Starke Nachfrage nach Platin-ETCs
Unterdessen haben auch die Investoren an den Börsen Platin neu entdeckt. Nach der traditionsreichen London Platinum Week im Mai zogen die Mittelzuflüsse in sogenannte Platin-ETCs spürbar an. Dabei steht die Abkürzung ETC für "Exchange Traded Commodity", also für börsengehandelten Rohstoff - ETCs sind quasi ETFs für Rohstoffe.
Experten führten die hohe Nachfrage der Anleger nicht zuletzt auf eine zeitweise deutliche Unterbewertung von Platin gegenüber Gold zurück - entsprechend groß sei das Aufholpotenzial. So hatte die Preisdifferenz zwischen Gold und Platin im April in der Spitze über 2.400 Dollar betragen.
"Zu dieser Zeit war Gold dreieinhalb Mal teurer als Platin, was seit Beginn des Börsenhandels bei Platin vor fast 40 Jahren noch nie der Fall war", betont Rohstoffexperte Fritsch. Diese Unterbewertung von Platin hat sich nun aber binnen kurzer Zeit merklich verringert. Der Preisabschlag zu Gold liegt aktuell bei rund 2.100 Dollar.
Silber auf 13-Jahres-Hoch
Im Schatten der Kursrally von Gold und Silber hat derweil auch Silber in den vergangenen Tagen stark an Wert gewonnen. Der Silberpreis liegt mit gut 36 Dollar je Feinunze auf einem 13-Jahres-Hoch. Der Wertzuwachs seit Jahresbeginn beläuft sich auf rund 26 Prozent.
Für Anleger wie Schmuckkäufer gilt angesichts rekordhoher Goldpreise im laufenden Jahr offenbar das Motto: Nicht alles, was glänzt, muss Gold sein.