
Thüringen Thüringer Landesstipendiaten zeigen neue Kunst in Erfurt
Die Erfurter Kunsthalle zeigt aktuell die neuesten Arbeiten der beiden Stipendiaten der Kulturstiftung Thüringen. Das Stipendium ist mit 10.000 Euro die höchstdotierte Auszeichnung für Bildende Kunst im Freistaat. So sollen junge Kunstschaffende Zeit bekommen, ihre eigenen Fertigkeiten und Handschriften weiterzuentwickeln. Timo Behn hat ungewöhnliche Klangskulpturen geschaffen. Tanja Pohl hat neue Drucktechniken erlernt.
- Die Ausstellung "Stipvisite" in Erfurt zeigt die jüngsten Arbeiten der Stipendiaten der Thüringer Kulturstiftung.
- Das Stipendium soll jungen Talenten ermöglichen, ohne Leistungsdruck neue Techniken zu erkunden.
- Mit der Arbeit der Kulturstiftung soll Thüringen als Kunstort auch bundesweit mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Die senfgelbe Simson des Vaters gab den Anstoß: "Mein Vater war halt so ausflugsgierig", erzählt der Künstler Timo Behn. "Und dann hat er mich immer geschnappt und hinten drauf gesetzt." Ein beliebtes Ausflugsziel war das Glockenmuseum in Apolda.
In das Gespräch mischen sich aus dem Hintergrund Behns Kunstwerke mit sanftem Scheppern, Kratzen und Klingeln ein. Es sind Klangskulpturen, geschaffen in Erinnerung an die Moped-Ausflüge ins Glockenmuseum. Im Rahmen des Thüringer Landesstipendiums für Bildende Kunst streifte Timo Behn erneut durch seine Heimat und sammelte ein, was ihm dabei vor die Füße fiel. Die Idee: Mit den Fundsachen einen zeitgenössischen Sound Thüringens zu kreieren.
Ausstellung in Erfurt mit Kontrapunkt
Aus einer Zither, einer Plastiktüte und leeren Fischkonservendosen aus der DDR entstand so zum Beispiel die Skulptur "Motivations-Etitüde – Das Amt". Andere Arbeiten kommentieren mit bissigem Spott die politische Landschaft der Region. Zusammen mit abstrakten Gemälden des in Rudolstadt lebenden Künstlers füllen sie den gesamten hinteren Teil der Kunsthalle.

Timo Behn hat für seine Skulpturen mit Fundstücken gearbeitet.
"Wir hätten den beiden die ganze Kunsthalle geben können", freut sich die Kuratorin der Schau, Susanne Knorr, über die Schaffensfreude der beiden Stipendiaten. Neben Timo Behn ist das auch Tanja Pohl. Ihre Gemälde, Druckgrafiken und Skulpturen bilden einen visuellen Kontrapunkt zu den verspielten Objekten ihres Kollegen.
Mehr Zeit für neue Kunst
Mit ihrem Triptychon "Das Feld“ schuf Pohl dunkle Visionen einer geschundenen Natur. Die 1985 in Greiz geborene Malerin und Grafikerin erschloss sich während ihres Stipendiums neue Drucktechniken: "Ich hab den Tetrapack-Druck für mich gefunden", sagt sie lachend. Für ihr Triptychon kombinierte sie verschiedene Techniken, wie Radierung, Sieb- und Materialdruck.

Mit der Reihe "Feld" hat Tanja Pohl das Drucken verfeinert.
Und weil so riesige Papierformate nicht in eine übliche Druckerpresse passen, verwendete sie kurzerhand Stoff als Grundlage. Radierungen von dieser Größe seien eine Herausforderung für sie gewesen, erklärt Tanja Pohl – allerdings eine schöne: "Man muss dann den Stoff falten, damit er durch die Presse passt, und man muss wieder Ansätze finden." Sie war begeistert, dass sie sich ganz auf das Thema einlassen konnte.
Das Kunstland Thüringen entdecken
Für Andrea Karle ist damit der Sinn der Thüringer Landesstipendien aufs Beste erfüllt. "Das Ziel muss nie sein, die Anzahl X an Druckgrafiken oder Skulpturen zu schaffen, sondern sich auch auf Neues und vielleicht unbekanntes Terrain zu begeben", sagt sie. Karle ist stellvertretende Vorsitzende der Kulturstiftung Thüringen, die die Auszeichnung gemeinsam mit der Sparkassenversicherung auslobt. "Wir sind im Dialog mit unseren Künstlern", berichtet sie. "Wir besuchen sie in den Ateliers und versuchen, sie und ihre Arbeit sichtbar zu machen." Für manchen Kunstschaffenden sei das Landesstipendium ein Sprungbrett in die Öffentlichkeit.

Die Stipendiatenausstellung soll Thüringer Kunstschaffende auch einer breiteren Öffentlichkeit bekanntmachen.
Denn große Kunstmuseen mit Ankaufsetat für zeitgenössische Kunst sind rar im Freistaat, erklärt Karle. "Deshalb ist es ja auch einfach wichtig, dass Museen, zum Beispiel aus Hessen oder Nordrhein-Westfalen, aufmerksam werden, was hier für Kunst stattfindet", ist Andrea Karle überzeugt. "Und dass sie nicht nur als 'Thüringer Kunst' wahrgenommen wird, sondern als eigenständige künstlerische Positionen, neben vielen anderen aus vielen anderen Bundesländern."
Thüringen biete für Kreative ein gutes Arbeitsumfeld, da die Mieten für Ateliers vergleichsweise gering seien, meint Andrea Karle. Die beiden Personalausstellungen "Gezwitscher" mit den Arbeiten von Timo Behn und "Nachland" von Tanja Pohl in der Kunsthalle Erfurt sind ein guter Anlass, diesem Land einen Besuch abzustatten. Mit oder ohne senfgelber Simson.
Informationen zur Ausstellung
"Stipvisite"
Ausstellung der Thüringer Landesstipendiaten Bildende Kunst
vom 13. Juni bis 17. August 2025
Adresse:
Kunsthalle Erfurt
Fischmarkt 7
99084 Erfurt
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 11 bis 18 Uhr
Donnerstag, von 11 bis 22 Uhr
Redaktionelle Bearbeitung: tsa