
Thüringen Staudenknöterich breitet sich zunehmend im Thüringer Wald aus – Langer Atem im Kampf gegen die invasive Art gefragt
Sprießt wie Spargel aus dem Boden, wächst schnell meterhoch, und Naturschützer sind von ihm genervt: Der invasive Staudenknöterich breitet sich zunehmend im Thüringer Wald aus. Die ursprünglich aus Ostasien stammende Pflanze wächst nahezu überall – ob in Bachtälern oder auf Bergwiesen – und gefährdet dabei die heimische Biodiversität. Wer den Kampf mit dem Neophyten aufnehmen will, braucht einen langen Atem. Nach jahrelangem Bemühen ist es auf einer geschützten Feuchtwiese im Ilmenauer Ortsteil Jesuborn gelungen, die wuchernde Staude zurückzudrängen. Doch solche Maßnahmen sind zeit- und kostenintensiv.
Von der Kuckucks-Lichtnelke bis zur seltenen Schmetterlingsart des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings – auf der Feuchtwiese am Trockenbache im Ilmenauer Ortsteil Jesuborn gedeihen und leben besondere Pflanzen- und Tierarten. Doch eine Art stört: der Staudenknöterich.
"Der Staudenknöterich ist absolut ein Problem und wird’s auch jeden Tag mehr. Weil er verbreitet sich einfach immens. Durch das Wachstum der Rhizome", sagt Landschaftspfleger Martin Kühn, der über die Natura-2000-Station Gotha/Ilm-Kreis für die Pflege der Wiese beauftragt worden ist.

Landschaftspfleger Martin Kühn kümmert sich um die Feuchtwiese im Ilmenauer Ortsteil Jesuborn. Neben dem Staudenknöterich ist auf der geschützten Fläche auch die Brombeere ein Problem.
"Man sieht das auch immer bei den Sachen, wo ich jetzt ausgestochen habe - man geht zwei Wochen später wieder hin und man sieht einfach, dass ein Rhizom-Wachstum von teilweise einem halben Meter da ist. Das sieht dann aus wie Spargel, der aus dem Boden rauskommt", erklärt Kühn. Ein Kampf gegen Windmühlen. Bei guten Bedingungen kann die Pflanze zudem bis zu 30 Zentimeter pro Tag in die Höhe sprießen.
Der Staudenknöterich verbreitet sich einfach immens. Martin Kühn | Landschaftspfleger
Langwieriger Kampf gegen die Pflanze
Ein Arbeitsteam des Umweltamtes versucht nun schon über viele Jahre, die wuchernde Staude auf der Feuchtwiese aufwendig durch Ausstechen und Entfernen der Wurzeln loszuwerden. "In einem Schutzgebiet verbieten sich andere Mittel wie Glyphosat oder sowas. Insofern war das eine rein mechanische Kiste. Es funktioniert, aber man muss dabei einen langen Atem haben", sagt Andreas Mehm, Leiter der unteren Naturschutzbehörde.
Mit Spezialplanen "aushungern"
Durch den Einsatz konnte der Staudenknöterich zurückgedrängt, aber nicht vollständig beseitigt werden. Damit das gelingt, wurde in diesem Jahr zu neuen Mitteln gegriffen: ausgebreitete Spezialplanen sollen mögliche Pflanzenteile im Boden "aushungern".
Zuvor musste die Fläche mit dem Bagger bearbeitet, die Wurzeln so gut es ging entfernt und ein Graben drumherum gezogen werden. "Die Planen bewirken, dass die Pflanzen sich nicht entwickeln können, sie können nicht an die Oberfläche kommen, nicht wachsen und wieder Nährstoffe in die Wurzeln bringen", erklärt Mehm. Doch auch dieser Prozess wird Jahre in Anspruch nehmen.
Man muss einen langen Atem haben. Andreas Mehm | Untere Naturschutzbehörde

Andreas Mehm von der Unteren Naturschutzbehörde beobachtet die Ausbreitung des Staudenknöterichs schon seit Jahren. Im Hintergrund ist die Plane auf der Versuchsfläche zu sehen, die verhindern soll, dass Pflanzenteile des Knöterichs erneut austreiben.
Kein flächendeckender Managementplan im Thüringer Wald
Nicht nur das Ausstechen, der Baggereinsatz oder eine Plane können helfen - auf geeigneten Flächen kann die unerwünschte Pflanze etwa auch durch das Pflanzen von Bäumen verdrängt werden. Aber all diese Einsätze sind nicht nur zeit- sondern auch kostenintensiv. Deswegen muss abgewogen werden, ob es sich lohnt und der Aufwand gerechtfertigt ist.
Punktuell wird der Staudenknöterich derzeit im Thüringer Wald versucht gezielt einzudämmen. Neben der Feuchtwiese in Jesuborn etwa auch auf der streng geschützten Schuderbachswiese bei Oberhof. Laut dem Biosphärenreservat konnten mit Hilfe von ehrenamtlichen Kräften auch schon Erfolge zum Beispiel im oberen Vessertal erzielt werden. Einen flächendeckenden Managementplan gibt es in Thüringen für den Staudenknöterich derzeit nicht. Kommunen und Flächeneigentümer sind für das Management verantwortlich.

Der invasive Staudenknöterich wuchert mittlerweile selbst auf den Wanderwegen im Thüringer Wald. Hier wächst er auf einer Fläche in der Nähe der Rennsteigkreuzung.
Invasive Arten verdrängen die heimische Flora
Sorge bereitet den Naturschützern vor allem, dass der Staudenknöterich die heimische Flora verdrängt und dadurch wertvoller Lebensraum verloren geht. Er wächst laut dem Naturpark und dem Landschaftspflegeverband Thüringer Wald nahezu überall - ob an schattigen oder sonnigen, feuchten oder trockenen Standorten.
Der Staudenknöterich ist demnach besonders anspruchslos und widerstandsfähig. Er ist auf Brachen, an Straßen- und Waldwegen, in Bachtälern und zunehmend auch auf geschützten Bergwiesen zu finden. Insbesondere die Gegend rund um Oberhof und Zella-Mehlis sei den Angaben nach teilweise stark betroffen.

Vor allem auch an den Straßenrändern – wie hier auf der Straße zwischen Schmiedefeld und Stützerbach – kann man den Staudenknöterich im Thüringer Wald entdecken.
Verbreitung durch kontaminierte Erde, Baumaterial oder Gartenabfälle
Laut dem Thüringer Umweltministerium ist in Thüringen der Japanische Staudenknöterich am weitesten verbreitet, gefolgt vom Sachalin-Staudenknöterich, vor allem in den Mittelgebirgen. Damit sich die Arten nicht weiter ausbreiten können, sollten Bestände vor allem auch an Flüssen beseitigt werden, damit die Pflanzenteile nicht durch das Wasser weiterverbreitet werden können. Häufig stellen den Angaben zufolge kontaminierte Erde, Baumaterial oder etwa Gartenabfälle ein Problem dar.
MDR (ltt)