Die Kuchenfrauen aus Weida auf einer Bühne.

Thüringen Kuchenstadt ohne Kuchen? Wie Weida die Tradition wieder voranbringen will

Stand: 11.06.2025 13:58 Uhr

Weida gilt als die Kuchenstadt Thüringens. Hier gibt es nicht nur die original Weidaer Kuchenfrauen, sondern auch den jährlichen Kuchenmarkt, der im September stattfindet. Das Problem: Die Kuchenfrauen werden immer älter und auch beim Kuchenmarkt fehlt es an Nachwuchsbäckern. Nun hat die Stadt erstmals interessierte Menschen zusammengebracht, um über die Zukunft dieser Kuchentradition zu sprechen.

Von Johanna Ratz, MDR THÜRINGEN

Viele verbinden Weida mit der Osterburg. Doch die kleine Stadt im Landkreis Greiz hat auch kulinarisch einiges zu bieten. In manchen Teilen Thüringens trägt Weida den Beinamen "Kuchenweide". Hier gibt es nämlich schon lange eine Kuchentradition. Dabei geht es nicht um irgendeinen Kuchen.

In Weida werden vor allem Hefekuchen gebacken. Egal, ob mit Mandeln, Pflaumen oder Streuseln. Gebacken wird vor allem von den original Weidschen Kuchenfrauen. Erst vergangenes Jahr feierte die Stadt mit dem 30. Kuchenmarkt ein Jubiläum.

Die Geschichte hinter dem Kuchen

Bereits im 19. Jahrhundert kamen Menschen nach Weida, um Brot und Kuchen zu kaufen. Hier gab es zu der Zeit nämlich die einzige Brotbank Thüringens. So schreibt es die Stadt selbst auf ihrer Internetseite. In dem Gebäude verkauften die Bäckermeister aus einer Stadt gemeinsam ihre Ware.

So konnten die Bäcker ihre Leckereien früher schneller verkaufen. Wer einen Stand in der Brotbank hatte, genoss auch besondere Rechte. Er durfte seine Waren nicht nur dort, sondern auch in seinem Haus verkaufen.

Die Brotbank in Weida
Bis 1883 gab es die Brotbank in Weida. Ihre Geschichte reicht jedoch noch weiter zurück. Laut der Stadtverwaltung war es eines der charakteristischen Häuser Weidas. Es wurde immer wieder zerstört oder abgerissen und dann wieder aufgebaut - so zum Beispiel im und nach dem Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert. Das letzte Mal wurde das Gebäude 1887 abgerissen und musste einem Wohnhaus weichen.

Kein Kuchennachwuchs mehr

Die sogenannte Kuchenweide existiert allerdings bis heute. Jedes Jahr zum Kuchenmarkt laufen die Kuchenfrauen mit den unterschiedlichsten Kuchen herum. Jede hat natürlich ihr ganz persönliches Rezept. Zudem gibt es einen Backwettbewerb, den vergangenes Jahr erstmalig ein Mann gewonnen hat. Aber so richtig will es mit dem Nachwuchs trotzdem nicht klappen.

Mit Nachwuchs seien nicht nur die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen gemeint - auch die goldene Mitte fehle, erklärt Bettina Gunkel. Sie ist Hauptamtsleiterin der Stadt und organisiert den jährlichen Kuchenmarkt.

Viele der Kuchenfrauen seien bereits über 80. Deswegen hat Gunkel zum ersten Mal zu "Piccolo und Kuchen" eingeladen hat. "Piccolo deshalb, weil wir uns abends treffen, da braucht ja keiner Kaffee mehr", lacht sie.

Menschen im Bürgerhaus von Weida.

Viele sind ins Bürgerhaus in Weida gekommen, um über die Zukunft ihrer Kuchentradition zu sprechen.

Und es scheint, als sei vielen der Erhalt der Tradition wichtig. Der kleine Raum im Bürgerhaus ist voll. Alle werden gefragt: Was ist das Beste für unsere Stadt? Im Raum stehen viele Ideen. Eine ist zum Beispiel ein Kuchenmuseum.

"Hier könnte man Back-Workshops anbieten", sagt ein Teilnehmer. Die Idee dahinter ist, dass die Älteren den Jüngeren das Backen beibringen. Für Bettina Gunkel ist auf jeden Fall eines wichtig: "Wir wollen nicht nur einmal im Jahr Kuchenweide sein, sondern am besten 365 Tage im Jahr."

Sollte man nicht vielleicht mehr als nur Hefekuchen anbieten und backen können? Diskussionsteilnehmer |

Bei der Diskussion kommt auch die Frage auf, ob diese Tradition noch zeitgemäß ist. "Sollte man nicht vielleicht mehr als nur Hefekuchen anbieten und backen können?", fragt einer der jüngeren Teilnehmer.

Diese Idee kam bei den anderen Teilnehmern nicht gut an. Sie wollen genau diese Tradition bewahren, denn sonst wäre es zu einfach. Gerade der originale Hefekuchen sei die Besonderheit, heißt es. Alle Ideen wurden aufgenommen. Am Ende des Abends gab es aber vor allem eine Sache, die vorerst umgesetzt werden soll.

Kuchenstücke auf einem Tablett.

Die Kuchenfrauen backen traditionell Hefekuchen.

Ein neuer Verein für die Kuchenfrauen

Viele der Teilnehmer waren überrascht, als sie von dem Problem erfuhren. "Ich wusste gar nicht, dass es bei den Kuchenfrauen ein Nachwuchsproblem gibt", erklärt eine Weidaerin.

Einige der Teilnehmer sind sich jedoch einig: Kuchen essen: ja, Kuchen backen: nein. "Kuchenfrau sein heißt nicht nur backen", findet Bettina Gunkel. Am anstrengendsten seien das Schneiden, Tragen, Aufräumen und Organisieren. Auch hierbei brauchen die Kuchenfrauen Hilfe.

Um das alles hinzubekommen, braucht es eine Struktur und die nötigen Räumlichkeiten. Beides haben die Kuchenfrauen nicht - und das soll sich jetzt ändern. In einer Sache waren sich nämlich alle einig: Die Kuchenfrauen müssen einen Verein gründen. Hier könnte sich dann jeder engagieren, auch wenn er nicht backen kann.

In drei Monaten findet der nächste Kuchenmarkt statt. Bis dahin kann der Verein noch nicht gegründet werden, so Gunkel. Der Vorschlag lasse sie aber hoffen, dass die Kuchentradition eine Zukunft hat. Beim "Piccolo und Kuchen" gab es auf jeden Fall schon einmal eine Liste mit vielen Namen von Menschen, die den Kuchenmarkt schon in diesem Jahr unterstützen wollen.

Nach dem Kuchenmarkt will die Stadt wieder zu einem solchen Stadtgespräch einladen. Gemeinsam soll auch weiterhin über die anderen Ideen nachgedacht werden.

MDR (caf)