Der gemeinsame Spaziergang durch die Stadt macht vielen Kindern und Jugendlichen sichtlich Spaß.

Thüringen Kinder benoten Fußwege und Verkehrsführung beim ersten "Safety Walk" in Nordhausen

Stand: 21.05.2025 10:40 Uhr

Seit diesem Jahr trägt Nordhausen das Siegel "Kinderfreundliche Kommune" und ist damit in Thüringen einzigartig. Teil des Programms sind gemeinsame "Safety Walks", bei denen Kinder und Jugendliche den Erwachsenen zeigen, wo sie sich unsicher fühlen. Der erste "Safety Walk" fand am Montag statt und zeigte gleich einige Problemstellen auf.

Von Vanessa Clobes, MDR THÜRINGEN

"Hier würde ich niemals alleine lang gehen", sagt Laura Asse, eine 18-jährige Schülerin. Die anderen Mädchen in ihrem Alter stimmen ihr zu. Die Uferstraße wird durch eine Hecke abgeschirmt. Am Weg entlang stehen Bänke, dahinter dichtes Gebüsch. Mehrere junge Männer sitzen rauchend auf den Bänken. Eine Gruppe dunkel gekleideter Jugendlicher streitet sich um eine Zigarette. Zerbrochene Bierflaschen liegen auf dem Boden. Schnell wird klar: Dies ist kein sicherer Ort.

An der Uferstraße fällt den Kindern und Jugendlichen unter anderem der viele Müll auf.

Dunkle Hecken, Müll und zwielichtige Gestalten - die Uferstraße wurde von den Kindern und Jugendlichen negativ bewertet.

Ein sogenannter Safety Walk - ein Spaziergang für mehr Sicherheit - fand am Montag erstmals in Nordhausen statt. Daran nahmen Kinder aus dem Kinder- und Jugendparlament der Stadt, Mitarbeitende der Stadt und vom Ordnungsamt und auch der Oberbürgermeister Kai Buchmann (pl) teil. Ihr Ziel: herausfinden, welche Stellen gefährlich für Kinder sein könnten oder wo sie sich alleine unwohl fühlen.

Die Stadt mit Kinderaugen sehen

Oberbürgermeister Buchmann nahm sich extra Zeit dafür: "Ich bin interessiert daran, wie die Kinder verschiedene Stellen einschätzen oder was sie überhaupt interessant finden." Für Buchmann bedeutet das einen Perspektiv-Wechsel: Er möchte seine Stadt mit den Augen der Kinder sehen.

Ich bin hier schon so oft lang gelaufen, aber mir ist noch nie aufgefallen, wie schwierig die Stelle für Kinder ist. Kai Buchmann | Oberbürgermeister Nordhausen

Gleich zu Beginn der Route zeigt sich, wie unterschiedlich die Wahrnehmung von Kindern und Erwachsenen ist. Stadtauswärts will die Gruppe eine Hauptstraße überqueren: den Kreisel am Kornmarkt mit Autos und Straßenbahnen.

Es gibt weder einen Zebra-Streifen noch eine Ampel. Die Kinder müssen auf sich aufmerksam machen, um hier auf die andere Straßenseite zu gelangen. Weil alle in der Gruppe gelbe Warnwesten tragen, ist das gerade einfach, aber auch Oberbürgermeister Buchmann bemerkt schnell: "Ich bin hier schon so oft lang gelaufen, aber mir ist noch nie aufgefallen, wie schwierig die Stelle für Kinder ist."

Erste kinderfreundliche Kommune Thüringens

Auch die Kinder und Jugendlichen bemängeln den Überweg sofort. Steffi Pfeiffer notiert es auf ihrem Klemmbrett. Sie koordiniert das Projekt "Kinderfreundliche Kommune" bei der Stadt Nordhausen. 2021 hat sie mit den ersten Vorarbeiten für das Siegel begonnen. Im Januar diesen Jahres war es soweit und die Stadt erhielt die Auszeichnung als erste Kommune in Thüringen. Der Verein, der das Siegel verleiht, hat 65 Empfehlungen abgegeben, die Nordhausen verbessern könnte, um kinderfreundlicher zu werden. 14 davon hat sich die Stadt zunächst als Ziel gesetzt und im Aktionsplan festgehalten.

Der Bahnhofsvorplatz wird von den Kindern und Jugendlichen hingegen positv bewertet. Hier werden keine Mängel festgestellt.

Am Bahnhofsvorplatz hingegen gab es nichts zu mäkeln und ein lachendes Smilie von den Kids.

Unter anderem wurden Kinder- und Jugendbeauftragte in der Verwaltung benannt, jährlich soll es ein Kinder-Rechte-Fest geben, Stadtratsinformationen sollen kindgerecht aufbereitet werden und auch den "Safety Walk" soll es jetzt jährlich geben.

Es ist immer gut, kinder- und jugendfreundlich zu sein. Schon alleine aus demographischen Gründen. Steffi Pfeiffer | Projekt-Koordinatorin "Kinderfreundliche Kommune"

Schwierige Verkehrsführung oder zwielichtige Ecken, wie die an der Uferstraße: Auf solche Unsicherheiten soll der "Safety Walk" aufmerksam machen. Die Verwaltung wird in den nächsten vier Wochen die Vorschläge der Kinder und Jugendlichen überprüfen, um zu klären, welche Maßnahmen umgesetzt werden können oder wie bestehende Probleme zumindest gemildert werden können.

Nicht alles kann sofort umgesetzt werden

"Manches kann sicherlich kurzfristig umgesetzt werden. Anderes muss erst durch den Stadtrat damit Gelder dafür freigegeben werden", sagt Steffi Pfeiffer. Idealerweise sind die ersten Vorschläge vor dem nächsten "Safety Walk" in einem Jahr umgesetzt, der dann vielleicht in anderen Bereichen Nordhausens stattfindet.

Der Safety Walk führt als Kolonne durch die Innenstadt von Nordhausen.

Der Safety Walk soll Vertretern der Stadt helfen, ihre Stadt mit Kinderaugen zu sehen.

Pfeiffer ist sehr zufrieden mit der Beteiligung der Gruppe. Es gab viele gute Vorschläge. Für sie ist das Projekt "Kinderfreundliche Kommune" eine gute Sache: "Es ist immer gut, kinder- und jugendfreundlich zu sein. Schon alleine aus demographischen Gründen."

Pfeiffer betreut auch das Kinder- und Jugendparlament und weiß aus dieser Arbeit, dass die Kinder und Jugendlichen es als sehr positiv empfinden, ihre Ideen für die Stadt einzubringen: "Sie können mitbestimmen, wie sie ihre Stadt der Zukunft gestalten möchten."

MDR (ask/vcl)