Ein Kran liegt neben einem im Bau befindlichen Windrad

Thüringen Fläche mehr als vervierfacht: Ostthüringen bekommt 45 neue Windgebiete

Stand: 10.06.2025 05:00 Uhr

In Ostthüringen ist der Widerstand bei den Regionalpolitikern gegen Windräder besonders groß. Und besonders laut - bei manchen Bürgern. Die Regionalplanung weitet die Flächen für Windräder jetzt trotzdem deutlich aus. Die Entscheider können nicht anders, denn ein Bundesgesetz zwingt sie.

Von Loréne Gensel, MDR THÜRINGEN

Ostthüringen stellt künftig deutlich mehr Fläche für Windräder zur Verfügung als bisher. Der Anteil soll von 0,4 Prozent auf 1,7 Prozent steigen. Das geht aus dem Beschluss der Regionalen Planungsversammlung Ostthüringen hervor, der MDR THÜRINGEN in Teilen vorliegt.

Danach will die Region künftig 45 neue Vorranggebiete ausweisen. 22 gibt es bereits.

Regionalplanung legt Vorschläge vor

In der ersten Juniwoche hatte die Regionale Planungsversammlung Ostthüringen einen neuen Entwurf für den sogenannten "Sachlichen Teilplan Windenergie" des Regionalplanes beschlossen.

Von den dort aufgeführten 67 Vorranggebieten entfallen unterschiedlich viele auf die jeweiligen Landkreise und kreisfreien Städte. Auf dem Gebiet der Stadt Jena ist eine Windfläche geplant, auf die Landkreise Altenburger Land und Greiz entfallen jeweils 14.

Saalfeld-Rudolstadt soll viel Wald hergeben

Die größte Steigerung steht im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt bevor. Dort gab es bisher einen Windpark bei Treppendorf - der soll nach den vorliegenden Beschluss um rund ein Viertel erweitert werden.

Außerdem sind zwölf Neuausweisungen geplant. Sie betreffen alle bewaldete Flächen. Dazu gehört eine große Fläche in der Gemarkung Katzhütte / Oelze nördlich von Masserberg, die aus insgesamt drei Teilflächen besteht.

Ein hoher Kran installiert mitten in einem Wald eine Windkraftanlage

Die Neuausweisungen betreffen fast immer bewaldete Gebiete.

Größte Einzelfläche südwestlich vom Hermsdorfer Kreuz

30 der geplanten 45 neuen Windflächen betreffen bewaldete Flächen, viele davon zu 100 Prozent. Wald wird aber auch da betroffen sein, wo bestehende Vorranggebiete erweitert werden sollen.

Eine besonders ausgedehnte Erweiterung ist für das Gebiet W20 bei Eineborn und Sankt Gangloff in der Nähe des Hermsdorfer Kreuzes vorgesehen. Für das aus zwei Teilflächen bestehende Areal ist auf der Westseite der Autobahn 9 eine Vergrößerung auf mehr als das Vierfache vorgesehen.

Damit entsteht dort das größte Windenergie-Gebiet Ostthüringens. Die beiden Flächen liegen zu fast 100 Prozent im Wald.

Neuausweisungen im Saale-Orla-Kreis trotz Kreistagsvotum

Für den Saale-Orla-Kreis hat die Regionale Planungsversammlung Ostthüringen fünf neue Windvorranggebiete vorgesehen. Ende April hatte dort der Kreistag auf Initiative der AfD beschlossen, dass Erneuerbare Energien im Landkreis keine weiteren Flächen bekommen sollen.

Landrat Christian Herrgott (CDU) hatte in der Diskussion gesagt, der Saale-Orla-Kreis sei mit Erneuerbaren Energien ausreichend ausgestattet. Von den insgesamt elf für den Landkreis vorgesehenen Windenergie-Flächen betreffen zehn Wälder. Darunter fällt eine zweigeteilte Fläche in den Gemarkungen Kießling und Lichtenbrunn, die sich beiderseits des Rennsteigs erstreckt. In der Nähe liegt der Ort Blankenstein, wo der Rennsteig beginnt.

Öffentlichkeitsbeteiligung beginnt in Kürze

Der Entwurf für Ostthüringens neue Windvorranggebiete enthält keine Vorgaben für Höhenbegrenzungen mehr. Er wird in den nächsten Tagen auf der Internetseite der Regionalen Planungsgemeinschaft Ostthüringen veröffentlicht. Anschließend gibt es wie immer eine Öffentlichkeitsbeteiligung, bei der jeder betroffene Bürger, jedes Unternehmen und andere Einrichtungen ihre Stellungnahmen abgeben können.

Eine neue Windkraftanlage wird gebaut im Windpark.

Windkraftanlagen können bald schneller geplant und genehmigt werden.

Wann der neue "Teilplan Wind" endgültig beschlossen wird, ist also noch offen. Schon vor dem endgültigen Beschluss kann der Entwurf allerdings eine sogenannte "positive Vorwirkung" haben. Diese beginnt, wenn die Beteiligung der Öffentlichkeit "durchgeführt wurde und anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Ausweisungen entspricht." So regelt es seit 2022 der neue Paragraf 245e des Baugesetzbuches. Dann dürfen Windfirmen für die geplanten Vorrangflächen sofort Baugenehmigungen beantragen und die Behörden diese genehmigen.

Weniger ist mehr: Neue Windräder bei Jena liefern dreifache Leistung

Regionen müssen Vorgaben von Land und Bund umsetzen

Nach Jahren des Quasi-Stillstandes müssen jetzt neue Windvorranggebiete ausgewiesen werden, weil das sogenannte "Wind-an-Land-Gesetz" des Bundes die Regionalplaner dazu zwingt. Es gibt Flächenziele vor, die jedes Bundesland in zwei Etappen bis Ende 2027 und Ende 2032 erreichen muss.

Wird dieses Ziel verfehlt, verlieren die bestehenden Vorranggebiete ihre Ausschlusswirkung. Dann dürften überall, wo Windfirmen möchten, Windräder beantragt, genehmigt und gebaut werden.

Im Landesentwicklungsprogramm 2025 hatte das Land Thüringen die Vorgabe von 2,2 Prozent auf die Regionen aufgeteilt. Danach muss Ostthüringen bis Ende 2027 1,4 Prozent und bis Ende 2032 1,7 Prozent seiner Fläche für Windräder zur Verfügung stellen.

Anmerkung der Redaktion:

In einer früheren Version dieses Textes hatten wir geschrieben: "Gleichzeitig beginnt mit der Veröffentlichung des Entwurfes allerdings seine 'positive Vorwirkung'."

Die Regionale Planungsstelle Ostthüringen hat die Redaktion darauf aufmerksam gemacht, dass dies für Ostthüringen nicht zutrifft. Der "Sachliche Teilplan Windenergie 2020“ für Ostthüringen, so ein Sprecher der Planungsstelle, sei nicht außer Kraft gesetzt. Dieser Plan war 2021 vom Verwaltungsgericht Gera und 2024 vom Oberverwaltungsgericht Weimar für unwirksam erklärt worden. Der Fall landete allerdings vor dem Bundesverwaltungsgericht, das darüber noch nicht entschieden hat. Das war der Redaktion nicht bewusst. Wir bitten für die falsche Information um Entschuldigung. Die positive Vorwirkung von veröffentlichten Windvorranggebieten tritt dann sofort ein, wenn ein Gericht einen "Teilplan Wind" rechtskräftig für unwirksam erklärt - auch wenn die Öffentlichkeitsbeteiligung noch nicht abgeschlossen ist. Grund dafür ist, dass nur ein gültiger Regionalplan dafür sorgt, dass der Bau von Windrädern gesteuert wird - in die Vorranggebiete. Ist ein Regionalplan unwirksam, soll § 245e des Baugesetzbuches dafür sorgen, dass ein vorhandener neuer, auch noch nicht beschlossener Entwurf diese Steuerung leistet.

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MDR (dvs)