Ein altes Auto steht am Straßenrand in Hamburg.

Schleswig-Holstein Schrottreif am Straßenrand: Warum viele Autos in SH Städte verschandeln

Stand: 10.06.2025 12:00 Uhr

Illegal abgestellte Autos, manche davon schrottreif: Dieses Problem beschäftigt viele Städte in Schleswig-Holstein. Im Zweifelsfall muss die Allgemeinheit für die Entsorgung der Fahrzeuge blechen.

Von Johannes Tran

Sie stehen auf öffentlichem Grund, haben oft kein Kennzeichen und nicht immer ist ersichtlich, wer der Halter ist: Die Städte in Schleswig-Holstein klagen über verwaiste Fahrzeuge, die von Unbekannten auf der Straße deponiert werden. Das zeigt eine Umfrage von NDR Schleswig-Holstein in den größten Orten im Land. Die Stadt Flensburg etwa zählte im vergangenen Jahr rund 300 solcher Autos. Die Landeshauptstadt Kiel meldete sogar rund 580 Fälle.

"Unsere Einschätzung ist, dass das Problem langsam, aber stetig steigend größer wird", schreibt ein Sprecher der Kieler Stadtverwaltung. Zuletzt seien zunehmend ausländische Fahrzeuge darunter gewesen - etwa aus Polen und der Ukraine. Auch kleinere Städte kennen das Phänomen: Itzehoe (Kreis Steinburg) etwa registrierte 2024 rund 130 solcher Autos. In Geesthacht (Kreis Herzogtum Lauenburg) waren es über 120, in Ahrensburg (Kreis Stormarn) circa 50 Fälle.

Händler lagern Autos illegal auf der Straße

Dabei handelt es sich nach Angaben der Stadtverwaltungen zum einen um schrottreife Autos, deren Besitzer offenbar versuchen, die Kosten für eine fachgerechte Entsorgung zu umgehen. Neben diesen privaten Wagen würden aber auch zahlreiche gewerbliche Autos in die Statistik fallen, heißt es. So kritisiert ein Sprecher der Stadtverwaltung Itzehoe (Kreis Steinburg): "Die Anzahl der auffälligen Pkw wäre deutlich geringer, wenn Kfz-Händler den öffentlichen Raum nicht als Ausweitung ihres Betriebsgeländes nutzen und dort abgemeldete Autos zwischenparken würden." Auch die Kieler Stadtverwaltung spricht von Händlern, "die nicht angemeldete Fahrzeuge - gegebenfalls aus Platzmangel auf dem eigenen Hof - widerrechtlich im öffentlichen Verkehrsraum zwischenlagern". Diese Fahrzeuge seien "meist nach einer gewissen Zeit wieder verschwunden".

Bußgelder drohen

Grundsätzlich dürfen abgemeldete Fahrzeuge - ob mit oder ohne Kennzeichen - nicht auf öffentlichem Grund abgestellt werden. Das regelt die Straßenverkehrsordnung. Die Bußgelder variieren je nach Fall, können sich aber auf mehrere Hundert Euro belaufen.

Mühsame Suche nach dem Halter

Die Geisterautos bedeuten für viele Stadtverwaltungen einen personellen Mehraufwand. Denn: Die Ordnungsämter müssen die Fahrzeuge entsprechend kennzeichnen - und sich anschließend auf die Suche nach dem Verantwortlichen machen, sofern die Fahrzeuge nicht innerhalb der gesetzten Frist entfernt wurden. Dass dies oft mühsam ist, schildert ein Sprecher der Stadt Neumünster: "Die Probleme hier liegen beim Ermitteln und Erreichen der Fahrzeughalter." Mitunter sei der mutmaßliche Autobesitzer an einen unbekannten Ort gezogen oder die Adresse des Halters stimme nicht mit der Meldeadresse überein. Es gebe auch Fälle, in denen der Halter seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt habe und der Stadtverwaltung keine neue Anschrift vorliege. "Wenn kein Halter ausfindig zu machen ist, wird das Fahrzeug nach Fristende und öffentlichem Aushang abgeschleppt und umgehend verwertet", erklärt der Sprecher.

Ein Grund: Finanzielle Notlagen

Eine Sprecherin der Stadt Wedel (Kreis Pinneberg) bestätigt: "Es häufen sich die Fälle, in denen die Ordnungsbehörde nicht an die Halter herantreten kann." Weiter heißt es: "Insgesamt entstehen für die Stadt pro Fall circa 400-500 Euro." Diese Kosten würden dem Halter in Rechnung gestellt, wenn er denn gefunden werde. Im Durchschnitt, so die Sprecherin, würden eineinhalb Monate vergehen, bis ein solches Auto schließlich verschrottet werden könne.

Dass hinter den schrottreifen Autos, die von Unbekannten auf der Straße abgestellt werden, bisweilen auch menschliches Leid steckt, legt ein Sprecher der Stadt Flensburg nahe: Als eine der Ursachen nennt er "entsprechende finanzielle Notlagen". Auch eine Sprecherin der Stadt Ahrensburg berichtet: "Die Halter sind in der Regel nicht zur Kostenerstattung bereit oder fähig". Bedeutet: Im Zweifelsfall bleiben die Städte auf dem Schaden sitzen. Dann muss die Allgemeinheit muss für die Entsorgung und Verschrottung aufkommen.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 10.06.2025 | 11:00 Uhr