Der Ostseestrand bei Pottloch mit Wellen.

Schleswig-Holstein Ostseeschutz in SH: So sollen weniger Düngemittel im Meer landen

Stand: 25.04.2025 16:43 Uhr

Das Meer ist belastet - auch die Ostsee, meist durch Düngemittel im Wasser. Seit März wird an Plänen gearbeitet, wie weniger Stickstoff und Phosphor ins Meerwasser gelangen sollen.

Von Vinetta Richter

Die Ostsee steht unter Umweltstress und braucht nach Ansicht von Experten dringend Hilfe. Sie leide unter einem Übermaß an Düngemitteln, die aus der Landwirtschaft stammen. Regen spült überschüssigen Dünger von Feldern über Flüsse ins Meer. Dort führt er zu starkem Algenwachstum. Wenn diese Algen absterben, verbrauchen Bakterien beim Zersetzen viel Sauerstoff. Das Ergebnis sind sauerstoffarme Zonen, in denen Fische und andere Meerestiere kaum überleben können. Solche "Todeszonen" haben sich in der Ostsee in den letzten Jahrzehnten stark ausgebreitet.

Aktionsplan Ostseeschutz setzt auf Freiwilligkeit

Die Landesregierung von Schleswig-Holstein will die Ostsee nicht mit einem neuen Nationalpark schützen, sondern mit dem Aktionsplan Ostseeschutz 2030 (APOS). Der Plan setzt auf Freiwilligkeit und regionale Zusammenarbeit. Eine der zentralen Neuerungen: Fünf sogenannte Ostseebeiräte, die seit März in Modellregionen entlang der Küste arbeiten. Ziel ist es, konkrete Maßnahmen zur Reduktion von Stickstoff und Phosphor zu entwickeln - zwei der Hauptverursacher der Überdüngung in der Ostsee. In den Beiräten sitzen Landwirte, Vertreter von Wasser- und Bodenverbänden, Wissenschaftlerinnen und Naturschutzorganisationen.

Ein Landwirt düngt mithilfe der Schleppschlauchtechnik ein Feld.

Düngelmittel aus der Landwirtschaft, die in der Ostsee landen können, bedrohen diverse Fischarten und andere Meerestiere.

Das steht drin
Die Landesregierung will 12,5 % der Ostsee unter strengen Schutz stellen - dafür werden drei neue Naturschutzgebiete beschlossen. In diesen Gebieten soll nicht mehr gefischt oder mit Motorbooten gefahren werden. Die Gebiete liegen an der Schlei bis Gelting, südlich der Hohwachter Bucht und westlich von Fehmarn.
Riffe und Seegraswiesen sollen aufgebaut, verloren gegangene Fischernetze geborgen werden. Auch Düngemittel aus der Landwirtschaft sollen deutlich reduziert werden. Dafür arbeiten regionale Ostseebeiräte mit Landwirtinnen und Naturschutz zusammen. Außerdem informiert eine neue Ostsee-Station die Öffentlichkeit über die Maßnahmen und koordiniert den Schutz.

Analyse vorhandener Daten ist nicht einfach

Klaus-Dieter Blanck ist Landwirt und Mitglied des Ostseebeirats Wagrien-Fehmarn. Im Gespräch mit dem NDR beschreibt er die erste große Hürde: die Analyse der vorhandenen Daten. Es gebe viele Daten und Modelle zu Stickstoff und Phosphor in den Gewässern, aber es sei noch unklar, wo genau im landwirtschaftlichen System diese "verloren" werden. Ziel sei es, diese Verluste möglichst zu vermeiden.

Landwirtschaftliche Maschinen tragen zur Belastung bei

Einige erste Ansätze liegen dazu auf dem Tisch. So wurde bei der letzten Sitzung des Beirats diskutiert, die Bodenbearbeitung im Herbst zeitlich nach hinten zu verschieben. Denn Stickstoff löst sich aus dem Boden bei der Bearbeitung mit landwirtschaftlichen Maschinen - besonders dann, wenn der Boden feucht und die Temperaturen mild sind.

Stickstoff gelangt durch starken Regen in Gewässer

Bei starkem Regen kann der Stickstoff dann ausgewaschen und in tiefere Bodenschicht oder Gewässer transportiert werden. Doch man könne die Bearbeitung nicht beliebig verschieben: Spätestens Mitte November, so Blanck, sei der Boden oft zu nass für die Maschinen. Eine andere Idee: sogenannte Filterflächen - etwa Reet- oder Teichflächen -, die zwischen Acker und Ostsee liegen und überschüssige Nährstoffe abfangen sollen. Noch ist allerdings offen, welche Standorte sich dafür eignen und wie groß diese Flächen sein müssten.

Bäume als Filter - und als Rohstoff

Auch im Ostseebeirat Eckernförder Bucht und Baltic-Probstei werden bereits konkrete Ideen für Filterflächen diskutiert. Der Vorsitzende des Beirats, Landwirt Richard Bonse, berichtet von Drainageflächen, die mit Weiden oder anderen schnell wachsenden Bäumen bepflanzt werden könnten. Diese würden überschüssige Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor aufnehmen - und könnten nach rund 20 Jahren als Holzrohstoff geerntet werden.

Sorgen der Landwirte sollen ernst genommen werden

"Die Leute im Beirat sind hoch motiviert", sagt Bonse. Ihm ist wichtig, dass die Sorgen und Bedenken der Landwirte ernst genommen und in die Überlegungen einbezogen werden. Das zeigt sich auch bei einem weiteren Vorschlag: dem Bepflanzen von Gewässerrandstreifen. Diese Streifen dürfen bislang nicht landwirtschaftlich genutzt werden und verunkrauten vielerorts. Nun wird über neue Gestaltungsformen nachgedacht, die sowohl dem Gewässerschutz als auch den Interessen der Landwirtschaft gerecht werden.

Richard Bonse blickt in die Kamera.

Richard Bonse ist Vorsitzender des Ostseebeirats Eckernförder Bucht und Blatic-Probstei. Ihm sind die Sorgen der Landwirte sehr wichtig.

Phosphor bereitet Probleme

Während sich beim Stickstoff erste Maßnahmenideen abzeichnen, gilt die Reduktion von Phosphor als besonders schwierig. Das Ziel: pro Hektar 200 bis 500 Gramm weniger Phosphor. Doch wo man ansetzen soll, ist noch unklar. Die Beiräte sind daher auch ein Ort, um relevante Forschungsfragen zu formulieren, die dann zur Umsetzung des Aktionsplan beitragen sollen.

Bisher kaum Austausch zwischen Beiräten - das soll noch kommen

Bis Oktober 2025 sollen regionale Umsetzungspläne stehen, ab 2026 soll deren Umsetzung starten. Ein Zwischenstand ist für 2026 geplant. Blanck lobt die Zusammenarbeit im Beirat: "Die Stimmung ist konstruktiv und lösungsorientiert." Allerdings gebe es bislang kaum Austausch zwischen den Beiräten - zu unterschiedlich seien die regionalen Bedingungen. Das sei aber für später geplant.

Der Aktionsplan kann nicht nur von der Landwirtschaft durchgeführt werden. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, und da müssen alle zusammenarbeiten."
— Klaus-Dieter Blanck, Landwirt und Mitglied Ostseebeirat Wagrien-Fehmarn

Geplante Schutzgebiete in der Ostsee

Ein weiterer zentraler Baustein des Aktionsplans ist die Ausweisung neuer Meeresschutzgebiete: Künftig sollen 12,5 Prozent der schleswig-holsteinischen Ostsee unter strengem Schutz stehen. Geplant sind drei neue marine Naturschutzgebiete sowie ein erhöhter Schutzstatus für drei bestehende Natura-2000-Gebiete. In den Schutzgebieten darf künftig nicht mehr industriell gefischt werden und auch der Wassersport wird eingeschränkt - Schwimmen, Segeln, Standangeln und Forschung bleiben hingegen weiterhin erlaubt.

Öffentliche Veranstaltungen im April und Mai

Die Landesregierung lädt im April und Mai zu mehreren öffentlichen Veranstaltungen ein. Vorgestellt werden dort die bisherigen Umsetzungsschritte des Aktionsplans Ostseeschutz 2030 - darunter die Arbeit der Ostseebeiräte, erste Zielvereinbarungen mit der Landwirtschaft und die geplanten neuen Meeresnaturschutzgebiete.

Veranstaltungstermine

  • 28. April, 19 Uhr, Stadthalle Eckernförde
  • 05. Mai, 18 Uhr, C.ulturgut Flensburg
  • 06. Mai, 18 Uhr, Eventfabrik Neustadt
  • 07. Mai, 18 Uhr, Aula am Schiffsthal, Plön

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 25.04.2025 | 19:30 Uhr