
Schleswig-Holstein Gestiegene Tierarztkosten in SH: Wird das Haustier zum Luxus?
Haustiere gehen immer mehr ins Geld, vor allem Tierarztbesuche sind teurer geworden. Für Tiermediziner war die Reform überfällig - der Tierschutzbund vermutet aber, dass deshalb mehr Tiere ausgesetzt werden.
Krallen schneiden, Zähne checken, dann müssen die beiden Britisch Kurzhaar-Kater noch auf die Waage. Bei der Untersuchung der Herztöne fallen Tierärztin Dr. Antje Nottebrock bei Kater "Matty" ungewöhnliche Geräusche auf. Sie empfiehlt einen Ultraschall bei einer Tierkardiologin. Katzenbesitzerin Monika Raschke legt am Ende der Untersuchung 88,40 Euro auf den Tresen der Tierarztpraxis in Bad Oldesloe (Kreis Stormarn). Die zusätzliche Herzuntersuchung würde nochmal 230 Euro kosten.
Neue Gebührenordnung lässt Kosten steigen
Ende 2022 wurde die Tierärzte-Gebührenordnung (GOT) reformiert. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind die Behandlungskosten seitdem im Schnitt um bis zu 25 Prozent gestiegen. Monika Raschke kommt dennoch zur weiter zur Vorsorge, gibt das Geld für ihre beiden Kater gern aus: "Das haben wir zurückgelegt. Das sind unsere Jungs - sie sind Familienmitglieder."

Die Behandlungskosten für Katzen sind in den vergangenen drei Jahren gestiegen.
Mehr Interesse an Tierkranken- und OP-Versicherungen
Richtig teuer kann es aber werden, wenn ein Tier krank ist oder operiert werden muss. Lena Coym ist mit ihrem Kater "Maxi" seit zwei Wochen gefühlt jeden Tag in der Tierarztpraxis von Dr. Antje Nottebrock. Der Kater hat eine Rückenmarksentzündung, ist teilweise gelähmt. "Ich habe rund 3.000 Euro ausgegeben", sagt sie. Bisher könne sie sich das leisten: "Aber man muss schauen, wo man eine Grenze zieht."
Mit Erhöhung der Tierarztkosten ist auch das Interesse an Tierkranken- und OP-Versicherungen stark angestiegen. Lena Coyms kranker Kater ist nicht versichert, er sei immer fit gewesen, sagt sie: "Wir hatten für die andere Katze eine Versicherung, da lagen wir bei 60 Euro im Monat. Bei zwei Katzen ist das eine Menge Geld."
Tierheime und Tiertafeln sehen größeren finanziellen Druck bei Tierhaltern
Solche Versicherungen können sich Menschen, die wenig verdienen oder Bürgergeld beziehen, oft nicht leisten, sagt Thomas Balzer vom Verein "Haustierhilfe Lübeck e.V.". Wer knapp bei Kasse ist, wird dann von hohen Tierarztrechnungen umso härter getroffen. Der Verein unterstützt bedürftige Tierhalterinnen und Tierhalter mit Futterspenden, verteilt im Schnitt 2.000 bis 3.000 Euro monatlich an Menschen, die tiermedizinische Behandlungen, Medikamente und Spezialfutter nicht zahlen können. Anfragen nach finanzieller Hilfe werden immer mehr, sagt Balzer.
Auch Tierheime in Schleswig-Holstein spüren den finanziellen Druck der Tierbesitzer: "Es gibt immer wieder Halter, die sich an die Tierheime wenden, weil sie die Tierarztkosten nicht zahlen können" sagt Ellen Kloth, Vorsitzende des Tierschutzbunds Schleswig-Holstein. Seit Einführung der neuen Gebührenordnung würden zudem mehr Tiere ausgesetzt - vor allem Katzen und Kaninchen. Werden sie in Tierheimen abgegeben, fällt laut Ellen Kloth auf, dass es ihnen häufig gesundheitlich schlecht geht. Sie geht davon aus, dass bei diesen Tieren auf Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen verzichtet wurde, um Kosten zu sparen. "Wenn Krankheiten dann nicht behandelt werden, können die sich verschlimmern, dann steigern sich die Kosten, dann ist ein Level erreicht, wo man sagt: Raus mit dir."

Ellen Kloth ist Vorsitzende des Tierschutzbunds Schleswig-Holstein. Sie findet: Die Gebührenreform der Tierarztkosten geht auf Kosten des Tierwohls.
Tierärztin: Notfälle werden häufiger verschleppt, um Kosten zu sparen
Dr. Antje Nottebrock sieht ihre tierischen Patienten weiterhin regelmäßig, sagt sie. Auch Tierärztin Dr. Diana Mull aus Bornhöved (Kreis Segeberg) hat nach eigenen Angaben seit der Reform nicht weniger zu tun. Ihr fällt jedoch auf, dass sich ihre Noteinsätze am Wochenende etwa halbiert haben. Seit der Reform liegt die Notdienstgebühr bei 59,90 Euro, dazu kommen die Behandlungskosten, häufig abgerechnet mit dem vierfachen Satz. Das schreckt viele ab, vermutet sie. Die Folge: Tierhalterinnen und Tierhalter kommen erst montags in die Praxis, auch wenn ihr Tier schon am Wochenende hätte behandelt werden müssen.
Für Dr. Antje Nottebrock ist es dennoch wichtig, dass sie mehr für ihre Arbeit abrechnen kann: "Wir können besser in Geräte investieren, das Personal besser bezahlen, können etwas zurücklegen, das war vorher nicht möglich." Auch für Dr. Diana Mull war die Gebührenreform mehr als überfällig. Schließlich hätten sich auch laufende Kosten erhöht: "Früher habe ich für die Wartung eines Röntgengerätes 500 Euro bezahlt, jetzt sind es 1.500 Euro." Ellen Kloth von Tierschutzbund Schleswig-Holstein findet die Reform grundsätzlich richtig - kritisiert jedoch, dass Tierarztrechnungen häufig nicht nachvollziehbar seien.

Tierärztin Dr. Antje Nottebrock hat nicht den Eindruck, dass an Haustieren gespart wird.
Tierschutzbund: Bewusster überlegen, ob man Kosten ein Tierleben lang tragen kann
Ellen Kloth betont: Wer mit dem Gedanken spielt, sich ein Tier zuzulegen, sollte sich die Kosten klarmachen, auch Tierarztrechnungen und Versicherungsprämien mit einplanen. "Katzen werden bis zu 20 Jahre alt, Hunde 15 Jahre - das sind lange Zeiträume". Dr. Antje Nottebrock hat den Eindruck, dass grundsätzlich weniger Tiere angeschafft werden, höchstens ein bis zwei. Für sie ist das eine positive Entwicklung. "Dass nicht gesagt wird: Ich habe fünf Katzen - aber wenn sie krank sind, haben sie Pech."
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 10.06.2025 | 19:30 Uhr