Solarpaneele auf einem Gebäudedach

Schleswig-Holstein Energiewende in SH: Wie gelingt Solarausbau trotz Denkmalschutz?

Stand: 12.06.2025 11:28 Uhr

Bis zu 34.000 Wohngebäude in Schleswig-Holstein sind denkmalgeschützt. Doch viele der Besitzer wollen ihre Immobilien auch fit für die Energiewende machen, zum Beispiel mit dem Bau einer Solaranlage. Dabei stoßen sie jedoch auf Widerstand.

Von Hauke von Hallern

Ein Backsteingebäude, gebaut Ende der siebziger Jahre: dunkelrote Ziegel, die Form erinnert an einen alten Kasernenbau, der früher einmal an selber Stelle stand. Das Gebäudeensemble rechteckig angelegt mit halboffenen Innenhöfen. Auf dem Dach: eine Solaranlage. Wer neben dem Gebäude steht, kann sie allerdings kaum erkennen. Zu sehen ist nur ein schmaler dunkler Strich hinter einem Schneefanggitter.

Trotzdem muss die Anlage runter. Denn das Ratzeburger Kreishaus wurde vor kurzem denkmalgeschützt. Die Denkmalschutzbehörde im zweiten Stock sagt: Die Photovoltaikanlage störe das Erscheinungsbild und sei so nicht genehmigungsfähig. Weil das Kreishaus saniert wird, verliere die Anlage ihren Bestandsschutz.

Eine Regenrinne an einem Gebäude

Die Solaranlage auf dem Dach des Kreishauses ist kaum zu erkennen.

Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern: jede Entscheidung ein Einzelfall

Der Kreis Herzogtum Lauenburg habe eine Vorbildfunktion, verteidigt Tom Erhardt von der Denkmalschutzbehörde des Kreises die Entscheidung gegen die Anlage.

Wir haben zig Lagerhallen, riesige Hallen zur Verfügung, die nicht unter Denkmalschutz stehen. Warum fangen wir beim Solarausbau damit nicht erstmal an?"
— Denkmalschützer Tom Erhardt

Landesweit sind nach Schätzung der Stiftung Denkmalschutz etwa 34.000 Wohngebäude denkmalgeschützt. Seit vergangenem Jahr sind nach Recherchen von NDR Schleswig-Holstein dort nur wenige Anlagen genehmigt worden: zum Beispiel in Flensburg sieben Anlagen, im Kreis Rendsburg-Eckernförde acht und in Neumünster neun. Jede Entscheidung sei ein Einzelfall, betont Erhardt. "Aber wir stimmen uns natürlich schon mit Kollegen ab, so holen wir ein größeres Meinungsbild ein", erklärt der Denkmalschützer. Kriterien der Behörde des Kreises seien zum Beispiel der Wert eines Denkmals, ob beim Einbau der Anlage Bausubstanz zerstört werde oder wie stark das Gesamtbild beeinträchtigt werde.

Auch nicht denkmalgeschützte Gebäude betroffen

Betroffen sind aber nicht nur die denkmalgeschützten Häuser selbst, sondern auch Gebäude, die in der Nähe von Denkmälern stehen und nach Meinung der Denkmalschützer die Sichtachse beeinträchtigen. Zum Beispiel das Dorfgemeinschaftshaus in Niendorf-Stecknitz, auch im Kreis Herzogtum Lauenburg. Bürgermeister Rainer Droste (Aktive Allgemeine Erste Freie Niendorfer Wahlgemeinschaft) hat hier eine Solaranlage installieren lassen. Das Dorfgemeinschaftshaus liegt unmittelbar zwischen einer denkmalgeschützten Kirche und einem Herrenhaus.

In Niensdorf-Stecknitz hat die Denkmalschutzbehörde eine Photovoltaikanlage genehmigt, allerdings erstmal nur mit roten Modulen, die nach Meinung der Denkmalschutzbehörde das Erscheinungsbild weniger stören. "Das hätte für die Anlage fast 10.000 Euro Mehrkosten bedeutet und das war im Etat der Gemeinde nicht drin", erklärt Droste. Bei einer Ortsbegehung habe man sich mit dem Denkmalschutz dann drauf geeinigt, dass es monochrome, matte, schwarze Module sein müssen.

EIn Parkplatz an einem Gebäude, unweit davon entfernt steht ein Maibaum

Das Dorfgemeinschaftshaus liegt direkt neben einem denkmalgeschützten Herrenhaus.

Oft bleibt es bei einer Anfrage an die Denkmalschützer

Zu teuer zu kompliziert: In den meisten Fällen fragen Eigentümer denkmalgeschützter Immobilien bei den Behörden an – und verzichten dann auf eine Umsetzung. So führte die Denkmalschutzbehörde Neumünster seit vergangenem Jahr nach eigenen Angaben 150 Beratungsgespräche, lediglich neun Anlagen wurden genehmigt. Ein ähnliches Bild ergibt sich nach Recherchen von NDR Schleswig Holstein auch in vielen anderen Kreisen.

Müssten Denkmalschützer wie Tom Erhardt also öfter mal ein Auge zudrücken und es Eigentümern einfacher machen? Der Denkmalschützer meint, das sei längst der Fall: "Ich weiß von einer Anlage, die wurde vor ein paar Jahren nicht genehmigt. Sie ist jetzt aber genehmigt worden, weil die ehemalige Bundesregierung klar gemacht hat, dass der Solarausbau vorangetrieben werden muss."

Die schnelle, effektive Energiewende auf der einen Seite und der Schutz einzigartiger Kulturdenkmäler auf der anderen: Es bleibt ein Konflikt, der viel Fingerspitzengefühl erfordert.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 05.06.2025 | 19:30 Uhr