Ein altes Fabrikgebäude

Schleswig-Holstein Elmshorn: Denkmalschutz versus Quartiersentwicklung

Stand: 08.06.2025 05:00 Uhr

In Elmshorn steht ein denkmalgeschütztes Gebäude einem Quartiersneubau mit Wohnungen, Restaurants und Kultureinrichtungen im Weg. Die Stadt möchte den Abriss beantragen - sonst droht Stillstand.

Von Corinna Below

Neben Innenstadt und Hafen will die Stadt Elmshorn (Kreis Pinneberg) einen ganz neuen Stadtteil bauen. 57 Millionen Euro stecken bereits in der Entwicklung. Geld, das Bund und Land genehmigt haben. Der Grundstein für das neue Elmshorner Rathaus ist gelegt. Urban soll der Stadtteil werden: Wohnen, Büros, Einkaufen, Cafés, Restaurants, Kultur. Doch der Quartiersentwicklung steht ein denkmalgeschütztes Gebäude im Weg. Darf es nicht abgerissen werden, könnte Stillstand drohen.

Denkmalgeschütztes Gebäude soll weichen

Aus der Vogelperspektive wirkt das Problem klein im Vergleich zur Gesamtgröße des Geländes, das immerhin 18,5 Hektar umfasst. Das Backsteingebäude hat nur 700 Quadratmeter Grundfläche. Es steht an der süd-östlichen Ecke des Quartiers, ganz nah an der Bahnstrecke. Neben den derzeit eingerüsteten Knecht'schen Hallen fällt es kaum auf. In Elmshorn nennen es alle Cita-Strom-Gebäude, weil man hier früher Elektroartikel kaufen konnte. Es gehört zu den sogenannten Kleinen Knecht‘schen Hallen - und es soll weg, wenn es nach Baustadtrat Marius Munk geht. Aber: Das Gebäude-Ensemble steht seit 2015 unter Denkmalschutz.

Eine Luftbildaufnahme einer Stadt

Links im Bild: die sogenannten Kleinen Knecht'schen Hallen. Daneben: die Knecht'schen Hallen, die von einem Investor gekauft wurden und jetzt denkmalschutzgerecht saniert werden.

Straßenausbau versus Denkmalschutz

Die Entwicklung des neuen Quartiers sei aber ohne den Ausbau der angrenzenden Berliner Straße nicht zu realisieren, so Baustadtrat Munk. Derzeit ist die Bundesstraße nur in eine Richtung befahrbar. "Die Berliner Straße muss gegenläufig werden, um letztlich die Verkehrsberuhigung des Quartiers überhaupt realisieren zu können", betont Munk. Auch die Busse sollen in Zukunft über die Berliner Straße fahren. Der Investor, der bereits mit der Sanierung und Entwicklung der ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden großen Knecht'schen Hallen begonnen hat, sei 2022 nur eingestiegen, weil die Stadt eine Gesamtlösung für das Quartier garantiert habe und dazu gehöre nun mal der Ausbau der Berliner Straße.

Das Cita-Strom-Gebäude steht im Weg

Baustadtrat Marius Munk hat diverse Lösungsideen prüfen lassen. Den Ankauf von Grundstücken auf der anderen Straßenseite zum Beispiel. Die Besitzerin - die Deutsche Bahn - verkauft aber nicht. Eine andere Idee ist die sogenannte Kolonnaden-Lösung, bei der Rad- und Fußweg durch das Gebäude gehen würden. Alle Beteiligten wären damit einverstanden gewesen. Auch der Denkmalschutz. Aber: Wegen erhöhter Unfallgefahr sei diese Lösung nicht genehmigungsfähig, so der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr. Die Unfallgefahr sei zu groß.

Eine Visualisierung zeigt ein geplanntes Gebäude in einer Straße

Die Visualisierung zeigt, wie weit das denkmalgeschütze Cita-Strom-Gebäude über den geplanten Ausbau der Berliner Straße hinausreicht.

Teilabriss wäre Alptraum für Freundeskreis Knecht'sche Hallen

Jetzt steht trotz Denkmalschutz wieder ein Teilabriss im Raum. Ein Alptraum für den Freundeskreis Knecht’sche Hallen. Seit 11 Jahren nutzt der Verein den kleinsten Gebäudeteil des Ensembles, das Kranhaus, für Konzerte. Das Ziel von Claus Schlüter und seinen Mitstreitern ist aber, alle drei Gebäudeteile zu erhalten und für Kultur und Begegnung im Viertel zu nutzen. Bei einem Abriss würden dem Verein auf einen Schlag 1.400 Quadratmeter Fläche fehlen. Außerdem befürchtet er, dass das ganze Ensemble nicht mehr unter Denkmalschutz stehen könnte, wenn das Cita-Strom-Gebäude abgerissen werde. Damit sei womöglich die Zukunft des gesamten Kulturprojektes in Gefahr.

Ein Mann steht in einer alten Fabrikhalle

Claus Schlüter vom Freundeskreis Knecht'sche Hallen e.V. macht sich wegen der Abrisspläne der Stadt große Sorgen um die Zukunft der Kultur in der Stadt.

Es könnte zum Stillstand kommen

Marius Munk kennt die Befürchtungen des Vereins. Er betont, die Stadt habe sich ausdrücklich für Kulturangebote im neuen Quartier ausgesprochen. Dennoch werde er noch im Juni den Teilabriss beantragen und hofft, dass der Denkmalschutz einlenken wird. Es blieben dem Verein dann noch das Krankhaus und die sogenannte Mentelhalle. "Wir werden 150 Millionen Euro in diesem Quartier verbauen und letztlich wird das Investitionen von insgesamt einer Milliarde Euro zusammen mit den privaten Investitionen bedeuten", betont Munk. "Wenn wir an der Stelle voll im Lauf jetzt ins Stocken geraten, dann ist das natürlich ein Schaden für die Stadt, der unermesslich ist". Es könnte letztendlich den Stillstand des Projektes bedeuten. Das wolle die Stadt auf keinen Fall riskieren. Munk ist sich sicher: "Es wird am Ende auf eine Kompromisslösung hinauslaufen müssen."

Ein Mann sitzt an einem PC und arbeitet

Baustadtrat Marius Munk hofft auf ein Einlenken der Unteren Denkmalschutzbehörde.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 06.06.2025 | 19:30 Uhr