
Schleswig-Holstein Bäume in der Brutzeit gefällt: Stadt Lübeck in der Kritik
In einem Schutzgebiet in Lübeck wurden Bäume mitten in der Vogel-Brutzeit gefällt. Das ist gesetzlich untersagt. Ist da etwas schief gelaufen? Naturschützer üben Kritik. Die Stadt räumt Fehler ein.
Zwischen Ende Februar und Oktober eines jeden Jahres dürfen Bäume wegen brütender Vögel nicht gefällt werden, beziehungsweise nur in Ausnahmefällen. So eine Begründung gibt es aber für die Fällarbeiten im "Stadtwald Lübeck" nicht. Dort griff die Stadt zur Unzeit in ein geschütztes Gebiet ein. Nebenan plant sie ein Prestige-Baugebiet: Dem Wohnquartier Schlutuper Straße / Lauerhofer Feld, ein Wohngebiet, das "ökologisch nachhaltig" gebaut werden soll.
Frösche, Vögel und seltene Pflanzen im Schutzgebiet
Im Feuchtgebiet, dem Lauerhofer Feld, sind seltene Pflanzen wie Sumpfhornklee, Baldrian oder Sumpf-Labkraut kartiert. Frösche und zahlreiche Vogelarten leben dort - in einem Gebiet, das als sogenannte Ausgleichsfläche erhöhten Schutzstatus hat. Das "Lauerhofer Feld" im Lübecker Stadtteil St. Gertrud bekam in den 90er Jahren aufgrund des Baus des Skandinavienkais, Anleger 8, den Status einer Ausgleichsfläche und dient der ökologischen Entwicklung.

Die Karte zeigt die Fläche in Lübeck, wo die Bäume gefällt werden sollten.
Bäume in Lübeck mitten in der Brutzeit gefällt
Die Mitarbeiter der Stadt Lübeck haben Pappeln sowie alte Weiden mitten in der Brutzeit gefällt, was nur genehmigt wird, wenn "Gefahr in Verzug" ist, beispielsweise durch Äste, die auf Verkehrswege fallen könnten. Am "Lauerhofer Feld" ist die Straße aber wegen der Baustelle am geplanten Wohnprojekt gesperrt. Kein Durchgangsverkehr würde durch Äste oder morsche Bäume gefährdet. An den Schnittstellen der Stämme sieht man, dass die Bäume keineswegs krank sind.

Die gefällten Bäume im Stadtwald Lübeck: Das Holz war in gutem Zustand.
Bereichsleiter Stadtwald: "Zeitpunkt nicht optimal"
Hannes Napp leitet den Bereich "Stadtwald Lübeck" und verteidigt zwar die Maßnahme im Sinne einer Verkehrssicherung. Aber auch er gibt zu: "Der Zeitraum ist nicht optimal gewählt. Man hätte die Verkehrssicherungsmaßnahme auch ein bis zwei Monate nach hinten legen können, meiner Einschätzung nach."

Hannes Napp, Bereichsleiter Stadtwald Lübeck, gibt zu, dass der Zeitraum für die Baumfällarbeiten nicht "optimal gewählt" war.
BUND: "Angelegenheit ist dramatisch"
Joachim Schulz sitzt im Naturschutzbeirat der Hansestadt Lübeck und vertritt den BUND. Er sieht in den Fällarbeiten von Pappeln und Weiden eine Verkettung unglücklicher Umstände - von Kommunikationsproblemen zwischen Lübecker Behörden bis zur unsensiblen - auch ruppigen - Umsetzung der Maßnahme durch einzelne Mitarbeiter der Stadt. "Die Angelegenheit ist dramatisch, weil wir hier einen Eingriff in ein Biotopsystem haben, von denen wir im städtischen Raum relativ wenige haben."

Joachim Schulz vom Naturschutzbeirat Lübeck kritisiert die Baumfällarbeiten im geschützten Gebiet.
Stadt Lübeck gesteht Fehler ein
Die Stadt Lübeck gesteht das ein und wird diesen Fall mit Sicherheit in die Zukunft mitnehmen - nicht nur, um die Kommunikation zwischen Abteilungen und Forst-Revieren des Stadtwaldes zu verbessern. Am kommenden Dienstag, (17.6.) informiert Innensenator Ludger Hinsen (parteilos) in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung mit Polizeibeirat im Zentralklärwerk Lübeck über den Fall.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 12.06.2025 | 19:30 Uhr