
Schleswig-Holstein Antidiskriminierungsbericht 2023/24: Es wird offener ausgegrenzt
Am Donnerstag hat Samiah El Samadoni, Antidiskriminierungsbeauftrage des Landes, den Antidiskriminierungsbericht für 2023 und 2024 vorgestellt. Sie fordert vom Staat einen besseren Umgang mit dem Thema.
Kein Zutritt zur Disco und keine Parzelle im Kleingartenverein, weil Menschen einen Migrationshintergrund haben. Immer wieder gibt es Fälle von Diskriminierung auch in Schleswig-Holstein. Die Antidiskriminierungsbeauftragte, Samiah El Samadoni, hat am Donnerstagvormittag (12.6.) in Kiel den Antidiskriminierungsbericht für 2023 und 2024 vorgestellt. 459 Eingaben wurden demnach in dem Zeitraum bearbeitet. Am häufigsten gab es Meldungen von Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, der ethnischen Herkunft oder des Geschlechts.
Arbeitsleben: "Frauen werden gebeten auf Schwangerschaften und Kinder zu verzichten"
Im Arbeitsleben beschwerten sich vor allem Menschen mit Behinderungen und Frauen über Diskriminierung, so El Samadoni weiter. Es sei teilweise sehr erschreckend: "Also Frauen haben gerade im Kontext von Schwangerschaft immer wieder Schwierigkeiten bei der Arbeit, werden dann benachteiligt, zurückgestellt in die zweite Reihe oder gebeten, auch auf Schwangerschaften oder auf Kinder zu verzichten, um Karriere machen zu können," berichtet die Antidiskriminierungsbeauftragte. Es gebe aber auch Diskriminierung von Männern, etwa wenn ein Erzieher in einer Kita von Kolleginnen ständig mit dem Satz konfrontiert werde: "Typisch Mann".

Laut Samiah El Samadoni, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, wird in der Gesellschaft offener ausgegrenzt und diskriminiert.
Antidiskriminierungsstelle kann vermitteln - aber nicht immer
Nicht immer muss Diskriminierung beabsichtigt sein. Auch Unwissenheit spielt bei Diskriminierung eine Rolle: Wie zum Beispiel im Fall eines Barbesitzers, der explizit nach einer Frau als Bedienung suchte. Solche Fälle könnten laut El Samadoni, durch Beratung gelöst werden.
Im Fall eines Syrers, der sich um eine Kleingartenparzelle beworben hat, konnte die Antidiskriminierungsstelle nicht helfen. Von dem Bewerber mit geringen Deutschkenntnissen sei verlangt worden, in aller Öffentlichkeit den Vertrag vorzulesen. Die Parzelle habe er nicht bekommen. In solchen Fällen des Vereinsrechts greife allerdings das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nicht. Schleswig-Holstein sollte versuchen dies über eine Bundesratsinitiative zu ändern, schlug El Samadoni vor.
El Samadoni: "Gesellschaft müsse sich ändern"
Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle sagte, es werde offener ausgegrenzt und diskriminiert. Eigentlich müsse sich die Gesellschaft ändern. Sie wünsche sich, dass die Mehrheit der Gesellschaft den Mund aufmacht und der Ausgrenzung und Diskriminierung etwas entgegensetzt. Zudem müsse der Staat konsequenter mit dem Thema umgehen. Dafür, so El Samadoni, müssten die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden.
FDP: "Landesregierung sollte sich dem Thema mit notwendiger Aufmerksamkeit widmen"
Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Heiner Garg betonte, die 459 Berichte seien ein gesamtgesellschaftlicher Handlungsauftrag für mehr Toleranz und gelebte Vielfalt. Er sieht zudem die Landesregierung in der Pflicht: "[...] sich dem Diskriminierungsschutz als Querschnittsaufgabe aller Ressorts mit der notwendigen Aufmerksamkeit zu widmen und der Vorbildfunktion staatlicher Institutionen gerecht zu werden – das oft bemühte Bekenntnis zum Diskriminierungsschutz allein reicht nicht."
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 12.06.2025 | 19:30 Uhr