Müll liegt an einem Sammelcontainer für Altkleider in Flensburg.

Schleswig-Holstein Altkleider als Müllproblem: Es gibt immer weniger Container in SH

Stand: 12.06.2025 21:57 Uhr

Altkleider-Container, in die nichts mehr reinpasst. In Schleswig-Holstein häufen sich aktuell solche Fälle. Das Geschäft ist nicht mehr lukrativ - und Menschen nutzen die Container oft als Mülleimer.

Von Bastian Pöhls

Schranktüren, die Überreste eines Sofas und durchnässte Kleidung türmen sich neben dem Altkleider-Container in der Eckenerstraße in Flensburg. Der Container selbst ist bereits überfüllt. Für Alex Glaser kein Anblick, der ihn noch erschreckt. "Die Leute sind Schweine. Ich kann das nicht verstehen", sagt der Fahrer des Entsorgungsunternehmens Textilrecycling Nord. Zweimal pro Woche sind er und weitere Fahrer mit mehreren Lkw und Transportern in Flensburg unterwegs, um 85 Container zu leeren.

Altkleider als Problem: Containerinhalt zum großen Teil Hausmüll

Der Müllberg an der Eckenerstraße ist das Ergebnis von drei Tagen. So lang liegt die letzte Leerung zurück. Vieles von dem, was im und neben dem Container landet, kann nicht mehr wiederverwendet werden. Liegt Kleidung unverpackt im Regen, sei sie unbrauchbar, so Alex Glaser, da sich Schimmel bilden würde.

Christbaumkugeln und DVDs im Container

In den Containern selbst findet der Fahrer aber auch Christbaumkugeln, Spielzeugpuppen oder DVD-Sammlungen. Außer Sperrmüll nimmt Alex Glaser alles mit. Im Entsorgungsbetrieb in Himmelpforten (Niedersachsen) landen bis zu 30 Prozent der Ladung direkt im Restmüll, sagt Nexhip Gjikolli, Geschäftsführer von Textilrecycling Nord.

Ein Mann trägt eine schwarze Jacke und blickt in die Kamera.

Nexhip Gjikolli, der Geschäftsführer der Textilrecycling Nord GmbH, beklagt, dass immer weniger verwertbare Textilien in den Sammelcontainern landen.

Geschäft mit Altkleidern eingebrochen

Das Technische Betriebszentrum (TBZ), das in Flensburg für die Abfallwirtschaft zuständig, hat im Stadtgebiet 85 Altkleidercontainer aufgestellt. Daneben gab es in der Vergangenheit auch Container von privaten Anbietern. Die ziehen sich aber seit einiger Zeit immer mehr aus Flensburg zurück, sagt Finn Reckweg, Leiter des Bereichs Abfallwirtschaft im TBZ. Genaue Zahlen kenne er nicht, da das Abbauen von Altkleidercontainern nicht gemeldet werden müsse.

Die Ursache für das Verschwinden der Container sieht Reckweg in einer Absatzkrise für alte Kleidung. Reckweg: "Die Qualität der Textilien ist unglaublich schlecht geworden und es ist für viele Firmen günstiger, zum Beispiel vom asiatischen Markt neue Kleidung zu bekommen als alte recycelte."

Kosten statt Einnahmen für die Stadt Flensburg

Da sich das Geschäft mit Altkleidern immer weniger lohnt, muss das TBZ nach eigenen Angaben nun für die Sammlungen zahlen. Auch deshalb, weil die Zahl der Leerungen erhöht wurde: Von zwei auf fünf pro Woche. Früher habe die Stadt von den kommerziellen Sammeldiensten Geld erhalten, damit diese ihre Container aufstellen durften, sagt Finn Reckweg. "Danach war es ein Nullsummenspiel. Und seit dem 1. Juni müssen wir eine Zuzahlung von 47 Euro pro Container leisten. Das macht für Flensburg etwa 4000 Euro pro Monat."

Ein Mann trägt eine gelbe Warnweste und blickt in die Kamera.

Finn Reckweg, Leiter der Abfallwirtschaft im Flensburger TBZ, appelliert an die Bürgerinnen und Bürger, nur Textilien in gutem Zustand zur Altkleidersammlung zu bringen.

Preise für Altkleider schwanken

Berichte über überquellende Altkleidercontainer häufen sich in ganz Schleswig-Holstein. Nennenswerte Einnahmen mit recycelten Textilien werden offenbar nirgendwo mehr erzielt. In Kiel werden die rund 100 Container auf öffentlichen Flächen vom DRK geleert. Die Stadt hat nach eigenen Angaben keine Kosten, erzielt aber auch keine Einnahmen. In Norderstedt (Kreis Segeberg) übernimmt die Stadt selbst die Abholung und Entsorgung der Altkleider. So macht es auch Lübeck. Nach Angaben eines Sprechers seien die Preise für Altkleider sehr schwankend. Manchmal würden Überschüsse erzielt, manchmal nicht.

Verwirrung durch EU-Richtline

Anfang des Jahres seien viele Menschen verunsichert gewesen, wie sie nun ihre alten, nicht mehr tragbaren Textilien entsorgen können. Denn eine EU-Richtlinie mit dem Namen "Getrenntsammlungspflicht" besagt, dass keine Textilien mehr in den Hausmüll geworfen werden dürfen. Gjikolli von Textilrecycling Nord hat das in seinem Betrieb zu spüren bekommen:

Die Leute haben Putzlappen, zerrissene Kleidung und alles Mögliche da reingeworfen."
— Nexhip Gjikolli, Geschäftsführer von Textilrecycling Nord

Viele Bürgerinnen und Bürger hätten die Richtlinie offenbar falsch verstanden, vermutet Gjikolli. Denn sie gilt explizit nicht für verdreckte oder unbrauchbare Textilien. Diese müssten weiterhin im Restmüll entsorgt werden.

Das sollte man bei der Kleiderspende beachten

Finn Reckweg vom TBZ appelliert an die Menschen, bereits beim Ausmisten des Kleiderschranks die Textilien zu sortieren:

Löchrige, zerschlissene Kleidung kann direkt in die Restabfalltonne. Qualitätsware, über die sich noch jemand freuen würde, kann recycelt werden."
— Finn Reckweg, TBZ

Wenn ein Container voll ist, solle die Kleidung nicht daneben gelegt werden. Stattdessen könnten die Bürgerinnen und Bürger die Textilien bei einem Recyclinghof abgeben. Wichtig sei auch, dass die Kleidung in einem Plastikbeutel verpackt in den Container gelangt. Sonst müsse sie, wie die nassgeregneten Kleidungsstücke an der Eckenerstraße, in die Müllverbrennungsanlage.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 13.06.2025 | 06:00 Uhr