
Sachsen Wie Kunstwerke im Antwerpen des 17. Jahrhunderts im Team entstanden
"Teamwork in Antwerpen!" heißt eine neue Ausstellung in der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Ein modern klingender Titel, inhaltlich geht es aber um flämische Malerei des frühen 17. Jahrhunderts. Das "Teamwork" bezieht sich auf Werkstätten und Künstlerfamilien: Bekannte niederländische Maler wie Bruegel, van Balen oder Francken arbeiteten damals eng zusammen. Die Schau präsentiert größtenteils Werke aus dem Depot der SKD, viele davon wurden seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gezeigt.
- Die Ausstellung "Teamwork in Antwerpen" zeigt flämische Malerei des 17. Jahrhunderts.
- Deutlich wird, wie eng die Maler damals zusammengearbeitet haben.
- Die Schau beleuchtet das Künstlernetzwerk und dessen gemeinsame Arbeit.
Antwerpen an der Schwelle zum 17. Jahrhundert hatte ein Alleinstellungsmerkmal: Hier schufen nicht nur die Künstlerfamilien der Bruegels, der van Balens und der Franckens in generationsübergreifenden Werkstätten wertvolle Kunst – in einem wahren Künstlernetzwerk wirkten sie auch miteinander und ergänzten sich.

In Dresden zu sehen: Ein Gemälde von Jan Brueghel des Älteren, entstanden 1605.
Eine großformatige Stadtansicht des damaligen Antwerpen zeigt die Wohn- und Arbeitsorte der Künstler und macht deutlich, wie eng verflochten das Schaffen gewesen ist – tatsächlich "Teamwork". Für viele Besucherinnen und Besucher sei das sicher ganz spannend, sagt der SKD-Generaldirektor Bernd Ebert MDR KULTUR, "denn wir blicken auf die Werke und schauen viel zu schnell auf den Inhalt des Werkes und gar nicht so sehr, wie es eigentlich entstanden ist",
Austausch statt Konkurrenz
Die Maler, die eigentlich miteinander konkurrieren, hätten damals ihre jeweiligen Talente ausgetauscht, so Bernd Ebert. "Das ganz besondere in Antwerpen in dieser Zeit ist, dass nicht nur innerhalb der Werkstatt zusammengearbeitet wird." Aus ökonomischen Gründen und aufgrund der Expertise des einzelnen Malers arbeitete man mit anderen Werkstätten, die eigentlich Konkurrenz waren, zusammen. "Eine wirtschaftliche Entscheidung, die wir heute bestens nachvollziehen können."

Blick in die Ausstellung "Teamwork in Antwerpen" in Dresden.
"Unsere Aufgabe als Museumsfachleute, als Kunsthistoriker ist es, diese Werke wieder in den Kontext zu stellen und zu zeigen, wo sie ursprünglich hingen, warum sie entstanden sind und auch wie sie entstanden sind", sagt Generaldirektor Ebert.
Ausstellung zeigt Schätze aus dem Depot
Kuratiert wurde die Ausstellung von der Kunsthistorikerin Uta Neidhardt. Sie erzählt, dass für die Ausstellung mehr als die Hälfte der Gemälde aus dem Depot geholt worden seien. "Das heißt jetzt nicht, dass wir die Bilder nicht kannten oder dass wir nicht wussten, was wir da für tolle Werke haben, aber sie waren eben sehr lange nicht ausgestellt." Über die Hälfte der Werke sei seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gezeigt worden. "Das heißt, wir präsentieren hier wirklich Kleinodien, die niemand hier kennen kann", so die Oberkonservatorin der Galerie Alte Meister.
Die Expertin kam in der Vorbereitung der Schau selbst ins Staunen. Beim Restaurieren einiger Werke konnten überraschende Entdeckungen gemacht werden. So hätte man etwa herausgefunden, dass oft drei verschiedene Maler gemeinsam an einem Bild gearbeitet haben oder dass Werke auch zwischen zwei Werkstätten mehrmals hin und her gewandert sein müssen.

Das Gemälde "Die Predigt Johannes des Täufers" von Pieter Bruegel dem Älteren wurde für die Schau restauriert.
"Wir haben auch unsere fantastische Kopie nach Pieter Bruegel dem Älteren, der Johannespredigt, restaurieren können, wo wir die unglaubliche Qualität dieser Kopie entdeckt haben, die sie in die erste Reihe aller Wiederholungen nach diesem Bild rückt", betont Uta Neidhardt.
Wir präsentieren hier wirklich Kleinodien, die niemand hier kennen kann. Uta Neidhardt, Kunsthistorikerin |
Teamwork als Wertsteigerung
Eine Schule des Sehens sei diese Schau, die flämische Landschaften zeigt, anhand wiederkehrender Motive den künstlerischen Austausch belegt, Kabinettbilder von van Balen und Francken vereint und Jan Brueghel dem Älteren als Schöpfer sogenannter Blumenkranzbilder vorstellt, die später häufig kopiert wurden.
Uta Neidhardt verweist auch auf den kommerziellen Aspekt dieses Teamwork: "Ein Gemälde, bei dem beispielsweise Hendrick van Balen selbst mit Jan Brueghel dem Älteren, also die beiden Meister gemeinsam gemalt haben, das war sehr viel teurer als ein Bild, bei dem die beiden Werkstattmitarbeiter gemeinsam gemalt haben. Man war sich dessen bewusst, solche gemeinschaftlich entstandenen Werke hatten auch einen höheren Wert."

Frans Francken der Jüngere schuf dieses blumenumgränzte Gemälde um 1620.
Manche Zuschreibungen mussten revidiert werden, hat Uta Neidhardt festgestellt. Andere blieben offen oder strittig. "Die Haupterkenntnis ist, glaube ich, dass diese drei großen Künstlerfamilien – Francken, Balen und Bruegel – auf ganz unterschiedliche, vielfältige Weise miteinander gearbeitet haben, wirklich ein Netzwerk im buchstäblichen Sinne. Die Balens mit den Franckens, die Franckens mit den Bruegels, auf verschiedenen Generationsebenen, auch von der älteren in die jüngere Generation, und dass es eigentlich alle Varianten gibt, auch die, die wir uns bisher nie vorstellen konnten."

Hendrik van Balens "Das Hochzeitsfest des Bacchus und der Ariadne" entstand um 1606/1607.
Museumsarbeit ist – auch – Forschungsarbeit. Die Ergebnisse sollen im Herbst in einem wissenschaftlichen Bestandskatalog zusammengefasst werden. Bis dahin mutet das Betrachten der Gemälde wie ein Rundgang durch Antwerpens Malerwerkstätten sowie durch die Wohnzimmer der damaligen Kunstsammler an.
Angaben zur Ausstellung:
"Teamwork in Antwerpen! Pieter Bruegel, Hendrick van Balen und die anderen"
14. Juni bis 5. Oktober 2025
Zwinger
Theaterplatz 1
01067 Dresden
Öffnungszeiten:
täglich 10 bis 17 Uhr, Montag geschlossen
Eintritt:
regulär 16 Euro, ermäßigt 12 Euro, unter 17 frei,
Quelle: MDR KULTUR (Michael Ernst)
Redaktionelle Bearbeitung: lig