Einige Chinesische Investoren am Oak Garden sind durch die Corona-Pandemie unter Druck geraten. Sie haben hohe Schulden hinterlassen.

Rheinland-Pfalz Wirtschaftskrimi im Hunsrück: Investoren aus China im Fokus der Justiz

Stand: 25.04.2025 13:00 Uhr

Im Kreis Birkenfeld sollte vor Jahren ein riesiger deutsch-chinesischer Handelsplatz entstehen. Daraus wurde nichts. Chinesische Investoren hinterließen einen großen Schuldenberg.

Vor acht Jahren stellte der Geschäftsmann Andreas Scholz ambitionierte Pläne für ein drei Hektar großes Gewerbegebiet in Hoppstädten-Weiersbach vor: Für mehrere Millionen der Bau des größten deutsch-chinesischen Handelszentrums Europas auf dem früheren US-Militär-Areal. Bis zu 500 Handelsunternehmen sollten sich in dem Gewerbegebiet "Oak Garden" mit insgesamt 18 Bürogebäuden ansiedeln.

Oak Garden: Das waren die Pläne für das Gewerbegebiet im Hunsrück

Die deutschen Firmen mit chinesischen Chefs sollten aus dem "Headquarter der Weltfabrik" chinesische Waren wie Lebensmittel, Maschinen oder medizinische Produkte in Europa verkaufen und regionale Produkte wie Weine nach China bringen. Die Corona-Pandemie machte den großen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Viele chinesische Investoren kehrten offenbar in ihre Heimat zurück oder tauchten unter.

Am Oak Garden in Hoppstädten-Weiersbach sollten neben Bürogebäuden auch Lagerhallen und Plätze für Freizeitaktivitäten entstehen.

Am Oak Garden in Hoppstädten-Weiersbach sollten neben Bürogebäuden auch Lagerhallen und Plätze für Freizeitaktivitäten entstehen. Fünf Jahre waren für den Bau der Anlage vorgesehen.

Mehrere Insolvenzverfahren am Oak Garden

Mit Folgen für die Ansiedlungen: Nach einer SWR-Recherche hat fast ein Viertel der mehr als 200 Firmen, die bis zum Jahr 2017 im Oak Garden gemeldet waren, ihren Betrieb inzwischen eingestellt. Einige chinesische Investoren hinterließen hohe Schulden.

Ein Bürogebäude am Oak Garden in Hoppstädten-Weiersbach befindet sich seit Jahren im Rohbau.

18 Bürogebäude sollten bis zum Jahr 2023 am Oak Garden in Hoppstädten-Weiersbach entstehen. Nur zwei Gebäude sind fertig geworden, eines befindet sich seit Jahren im Rohbau.

Nach Angaben des Amtsgerichts Idar-Oberstein laufen derzeit einige Insolvenzverfahren gegen deutsche Unternehmen mit chinesischen Geschäftsführern, die im Oak Garden ansässig sind. Diese seien nicht wie üblich von den Firmen selbst, sondern von den Gläubigern angemeldet worden. Sie müssen jetzt ihrem Geld hinterherlaufen.

Nach SWR-Informationen betrieb ein chinesischen Investor vom Oak Garden auch ein Hotel mit Restaurant in Hoppstädten-Weiersbach.

Nach SWR-Informationen betrieb ein chinesischen Investor vom Oak Garden auch ein Hotel mit Restaurant in Hoppstädten-Weiersbach. Dieses hat seit etwa drei Jahren geschlossen, weil ebenfalls von einer Insolvenz betroffen ist.

Dazu zählen Krankenkassen und das Finanzamt. Denn die chinesischen Unternehmen hätten teils keine Sozialbeiträge für ihre Angestellte oder Steuern bezahlt. Nach SWR-Informationen geht es insgesamt um mehr als 100.000 Euro.

Staatsanwaltschaft: Verdacht der Insolvenzverschleppung

Die Staatsanwaltschaft Koblenz bestätigte auf SWR-Anfrage, sich in der Vergangenheit mit Insolvenzverfahren gegen deutsche Unternehmen mit chinesischen Geschäftsführern im Oak Garden beschäftigt zu haben. Es sei um den Anfangsverdacht einer Insolvenzverschleppung gegangen.

Das sind harte wirtschaftskriminalistische Indizien. Sprecherin der Staatsanwaltschaft Koblenz.

Dieser ergibt sich üblicherweise, wenn ein Insolvenzantrag nicht durch die Firma selbst, sondern durch einen Gläubiger gestellt wird und das Unternehmen seine Schulden länger als drei Wochen nicht begleicht. Zahlungsrückstände bei Steuern oder Sozialbeiträgen seien "harte wirtschaftskriminalistische Indizien". Zu weiteren Ermittlungsdetails könne die Behörde aber keine Auskunft geben.

Mühsame Aufarbeitung der Insolvenzverfahren

Insolvenzverwalterin Anne-Marie Dhonau ist für die Verfahren im Oak Garden zuständig. Ihre Aufgabe ist es, die Schulden einzutreiben. Dafür will sie auch mit den chinesischen Unternehmern sprechen. Die Kontaktaufnahme gestaltet sich aber schwierig.

"Ich treffe die chinesischen Geschäftsführer selten vor Ort an. Meistens kann ich nur einen Brief einwerfen, weil mir niemand die Tür öffnet", sagt Dhonau. Sollte sie aber zufällig einen Firmenchef antreffen, benötige sie meist einen Dolmetscher für die Übersetzung. "Sie sprechen kaum Deutsch oder Englisch. Das macht es schwierig".

Insolvenverwalterin Anne-Marie Dhonau kümmert sich um einige Insolvenzen am Oak Garden.

Anne-Marie Dhonau arbeitet als Insolvenzverwalterin für eine rheinland-pfälzische Kanzlei. Sie betreut einige Insolvenzverfahren am Oak Garden in Hoppstädten-Weiersbach.

Außerdem sei es für sie schwer nachzuvollziehen, wie die Unternehmen am Oak Garden konkret gearbeitet hatten: "Mir liegen oft keine aktuellen Unterlagen aus der Buchhaltung der Firmen vor. Manchmal gibt es alte Dokumente, mit denen ich aber nichts anfangen kann."

Insolvenzverwalterin: "Ich fühle mich wie eine Detektivin"

Trotz der erschwerten Umstände bleibt die Insolvenzverwalterin zuversichtlich. In einem früheren Insolvenzverfahren am Oak Garden sei es ihr bereits gelungen, alle Schulden eines Unternehmens einzutreiben.

Ich fühle mich manchmal wie eine Detektivin. Anne-Marie Dhonau, Insolvenzverwalterin.

Dafür habe sie Wohnungen und Büros veräußern lassen. "Es ist zwar ein langer und beschwerlicher Weg, dennoch komme ich immer wieder einen Schritt voran", betont Dhonau. "Ich fühle mich manchmal wie eine Detektivin".

Hausgelder werden nicht bezahlt

Die chinesischen Investoren haben aber nicht nur Unternehmen am Oak Garden gegründet, sondern auch Wohnungen und Büroräume in den Mehrfamilienhäusern im Oak Garden gekauft. Nach SWR-Recherche haben sie auch hier offenbar teils alles stehen und liegen lassen und sich nicht mehr um ihre Immobilien gekümmert.

Johannes Kiefer ist Hausverwalter in vier Häusern am Oak Garden in Hoppstädten-Weiersbach.

Johannes Kiefer ist Hausverwalter in vier Häusern am Oak Garden. Sein Unternehmen hat sich aus einigen Häusern auf dem Gelände als Hausverwaltung zurückgezogen, weil einige chinesische Wohnungseigentümer kein Hausgeld mehr bezahlt hatten.

"Einige chinesische Eigentümer weigern sich das Hausgeld weiter zu bezahlen", sagt Hausverwalter Johannes Kiefer. Das ist ein monatlicher Betrag, den Eigentümer an die Wohnungseigentümergemeinschaft überweisen müssen. Damit werden etwa Reparaturen am Haus, Versicherungen oder der Hausmeister bezahlt. "Auch wenn niemand mehr die Räume bewohnt oder anderweitig nutzt, müssen laufende Kosten weiterhin bezahlt werden", so Kiefer.

Wegen ausbleibender Gelder: Hausverwalter wirft hin

Diese würden zwangsläufig auf die anderen Bewohner zurückfallen. "Sollten die anderen Eigentümer im Haus nicht bereit sein, das auszugleichen, werden die Schulden immer mehr".

Mit drastischen Folgen: Kiefers Unternehmen hatte bereits in mehreren Häusern das Mandat als Hausverwalter niedergelegt, weil es keine Einigung zwischen den Eigentümern gab. Der Hausverwalter konnte deswegen laufende Kosten nicht mehr bezahlen.

Zwangsvollstreckungen im Oak Garden stehen bevor

Damit gewisse Schuldbeträge eingetrieben werden können, sollen am 26. Mai Geschäftsräume einer chinesischen Eigentümerin am Amtsgericht Idar-Oberstein zwangsversteigert werden. "Wir haben derzeit nur noch dieses Verfahren. Damit sollte sich das für uns vorerst erledigt haben", so Kiefer.

Auch an der Robinson Road im Oak Garden sollen Wohnungen und Geschäftsräume zwangsversteigert werden.

Unter anderem an der Robinson Road im Oak Garden sollen Wohnungen und Geschäftsräume zwangsversteigert werden. Es geht um hohe Zahlungsrückstände beim Hausgeld.

Er ist mit diesem Problem aber nicht allein: Nach Angaben des Amtsgerichts Idar-Oberstein sind insgesamt neun Verfahren geplant, in denen Wohnungen und Büroräume im Oak Garden zwangsversteigert werden sollen. Die Eigentümer hätten über mehrere Jahre an die Wohnungseigentümergemeinschaft kein Hausgeld bezahlt. Es gehe jeweils um Rückstände zwischen rund 2.000 Euro und 17.000 Euro. Die weiteren Verfahren würden im Verlauf des Jahres angesetzt.

Birkenfelder Landrat: Treffen mit Oak-Garden-Vertretern geplant

"Es ist sehr bedauerlich, dass es auch bei den im Oak Garden ansässigen Firmen und Personen zu Insolvenzen und daraus folgenden Verfahren kommt", sagt der Landrat des Kreises Birkenfeld, Landrat Miroslaw Kowalski (CDU). Allerdings sei die Entwicklung am Oak Garden kein lokales Phänomen.

"Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist in den letzten Jahren bundesweit stark gestiegen. Leider betrifft dies auch unsere Region", so der Birkenfelder Landrat weiter. Der Landkreis sei in der wirtschaftlichen Entwicklung im ländlichen Raum in den vergangenen Jahren hinter den Erwartungen geblieben. "Das betrifft natürlich auch mich als Landrat".

Er wünsche sich, dass sich das Gewerbegebiet langfristig erfolgreich entwickelt. Der Landkreis stehe mit den Verantwortlichen des Oak Gardens im Austausch. Demnächst sei ein Treffen mit Vertretern aus dem Oak Garden und von der Industrie- und Handelskammer (IHK) geplant.

Ex-VG Bürgermeister Alscher "Schade um den Oak Garden"

Der frühere Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld und heutiger Landtagsabgeordneter Bernhard Alscher (parteilos) hat das Millionen-Projekt Oak Garden lange Zeit begleitet.

Wir haben im Oak Garden eine Chance für unsere Region gesehen. Bernhard Alscher, Ex-Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld.

"Ich finde es schade, was daraus geworden ist", so Alscher. Die Verbandsgemeinde habe im Oak Garden eine Chance gesehen, die ländliche Region wirtschaftlich voranzubringen.

Laut Alscher zu Beginn sogar erfolgreich: "Die chinesischen Familien waren in der Gemeinde unterwegs. Wir haben die neue Kaufkraft definitiv gespürt". Zudem seien im Oak Garden damals viele neue Arbeitsplätze entstanden. Er glaubt nicht daran, dass der Oak Garden künftig wieder zur alten Stärke findet.

Unternehmensberater von Oak Garden weiterhin überzeugt

Anders sieht das Xiao Liang. Er ist Geschäftsführer des Unternehmens "Goldene Brücke" in Hoppstädten-Weiersbach. Seine Mitarbeiter beraten chinesische Firmen, die sich in der Region und im Oak Garden ansiedeln wollen. Er glaubt weiterhin an das Projekt.

Der Oak Garden bildet die deutsch-chinesischen Beziehungen ab. Xiao Liang, Chef des Beratungsunternehmens "Goldene Brücke".

Liang ist überzeugt davon, dass sich China und Deutschland wieder stärker austauschen werden. Es müsse nur der politische Wille dafür bestehen. Dann werde es auch den Unternehmen im Oak Garden wieder besser gehen.

Das Unternehmen "Goldene Brücke" unterstützt chinesische Firmen, sich im Hunsrück anzusiedeln.

Das Unternehmen "Goldene Brücke" unterstützt chinesische Firmen sich, im Hunsrück anzusiedeln. Sie sehen den Oak Garden als "erfolgreiches Projekt" an.

"Der Oak Garden ist ein Abbild der deutsch-chinesischen Wirtschafts- und Kulturbeziehungen", so Liang. "Wir hoffen, dass kleine und mittelständische Unternehmen aus China und Deutschland künftig wieder stärker zusammenarbeiten werden."

Oak Garden-Chef: "Corona hat uns stark getroffen"

Laut dem geschäftsführenden Gesellschafter des Oak Gardens, Andreas Scholz, hat die Entwicklung auf seinem Gelände vor allem mit den Folgen der Corona-Pandemie zu tun. "Diese Zeit hat uns mehr getroffenen als die meisten anderen Unternehmen in Deutschland", sagt Scholz.

Der Oak Garden habe damals keine Steuergelder oder Coronahilfen erhalten und sei dennoch über diese Zeit nicht insolvent gegangen. "Viele Unternehmen weltweit und in Deutschland haben unter der Pandemie gelitten und spüren teils die Nachwirkungen noch heute. Ausländische Unternehmen haben es in Deutschland noch schwerer gehabt", so Scholz.

Oak Garden soll künftig wieder zur alten Stärke finden

"Unter Kenntnis der extrem schweren Situation durch Corona, sind wir in der Tat zufrieden, dass einige unserer Kunden noch gut durch die Krise gekommen." Durch den Oak Garden und die chinesischen Ansiedler hätten zuvor viele Menschen in der Gemeinde und im Landkreis profitiert. Dazu zählten etwa Handwerksbetriebe, lokale Geschäfte, Restaurants oder der Tourismus in der Region Trier.

Der Oak Garden soll laut Scholz künftig wieder zur alten Stärke finden: "Unsere Geschäfte laufen wieder an. Wir haben uns im deutsch-chinesischen Wirtschaftsumfeld breiter und neu aufgestellt."

Sendung am Fr., 25.4.2025 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz