
Rheinland-Pfalz Prozess wegen Entführung und Erpressung vor Landgericht Zweibrücken
Sie sollen einen Mann aus Pirmasens entführt und erpresst haben. Deshalb stehen seit Donnerstag drei Männer vor dem Landgericht Zweibrücken. Der Vorwurf: Menschenraub.
Am ersten Prozesstag verlas die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift gegen die drei Angeklagten, die sich offenbar einen filmreifen Plan augedacht hatten. Ein vierter mutmaßlicher Täter hat sich nach Bulgarien abgesetzt und wird gesondert verfolgt. Doch nun zum Tathergang, den die Staatsanwaltschaft sehr abenteuerlich geschildert hat. Einer der drei Angeklagten soll mit dem Opfer befreundet gewesen sein und dieses Vertrauen für die Entführung und die Erpressung ausgenutzt haben.
Entführung nachts auf Bundesstraße bei Pirmasens
Der Angeklagte soll in einer Nacht im November 2024 mit dem Opfer in einem Auto über die B270 von Pirmasens in Richtung Kaiserslautern gefahren sein. Plötzlich tauchte hinter dem Wagen der beiden Freunde eine Limousine mit bulgarischen Kennzeichen auf, drängelte und gab ununterbrochen Lichthupe, um das vorausfahrende Auto zum Halten aufzufordern.
Angeklagte sollen Opfer und seine Familie bedroht haben
In diesem zweiten Auto soll einer der beiden anderen Angeklagten gesessen haben - zusammen mit dem vierten Tatverdächtigen, der sich nach Bulgarien abgesetzt hat. Die beiden Männer sollen mit einer Pistole und einem Revolver auf das andere Auto zugestürmt sein und die beiden Insassen - darunter ihr Komplize - massiv bedroht haben. Laut Anklage wurde der Komplize zum Schein KO geschlagen und in den Kofferraum verfrachtet. Das eigentliche Opfer wurde auf den Rücksitz gezwungen, wo er weiter mit der Waffe bedroht worden sein soll. Außerdem sollen die Angeklagten dem Mann gedroht haben, seine Familie zu töten.
Fingierte Fotos sollen Druck erhöhen
Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Opfer in der Gewalt der beiden Männer, von denen nur einer auf der Anklagebank am Landgericht Zweibrücken sitzt. Um den Druck zu erhöhen sollten die beiden anderen Angeklagten dann Fotos schicken, die die Häuser von Familienmitgliedern des Opfers zeigen. Außerdem sollen die Männer ein Foto fingiert haben, das zeigt, wie der vermeintliche Freund, der ja ebenfalls "entführt" wurde, an einem Baum gefesselt im Wald sitzt.
Opfer kann in Luxemburg Polizei rufen
Der Mann aus Pirmasens überwies den Tätern dann auch rund 20.000 Euro und noch einmal 750.000 Euro in einer Kryptowährung. Das soll den Angeklagten aber nicht gereicht haben, sie sollen nochmal eine Million Euro gefordert haben. Das Opfer sagte daraufhin, dass er für eine solche Summe persönlich bei seiner Bank in Luxemburg vorsprechen müsse.
Einer der Täter fuhr mit dem Opfer hin. Das Opfer soll dann dem Bankmitarbeiter ein Zeichen gegeben haben, dass er die Polizei rufen soll. Offenbar konnte der mutmaßliche Entführer noch seine Komplizen in Pirmasens informieren, dass gerade alles schief läuft, bevor er festgenommen wurde. Noch am gleichen Tag soll sich dann einer der Mittäter nach Bulgarien abgesetzt haben.
Angeklagte gestehen Entführung und Erpressung
Während des Prozesses gab es eine mehrstündige Verhandlungspause, in der Verteidiger und Staatsanwaltschaft aushandelten, welches Strafmaß den Angeklagten drohen würde, wenn sie umfangreiche Geständnisse ablegen. Letztlich einigte man sich auf einen Rahmen für Haftstrafen, die alle ungefähr zwischen vier und sieben Jahren liegen. Daraufhin legten nach einer weiteren Pause auch alle drei Angeklagten umfassende Geständnisse ab und räumten damit die Taten ein. Sie gaben zudem an, dass es sich bei den Waffen, die bisher nicht gefunden wurden, um Spielzeugwaffen gehandelt haben soll. Außerdem sei völlig unklar, ob die Überweisung des Kryptogeldes geklappt hat.
Motiv für Entführung: Geldprobleme
Die Angeklagten sollen Geldprobleme gehabt und gewusst haben, dass das Opfer Geld besaß. Einer der Angeklagten machte bei seinem Geständnis umfassende Angaben zu den Hintergründen der Tat. Demnach war er mit dem Opfer gut befreundet. Das Opfer sei quasi ein Teil der Familie. Als Jugendlicher sei das Opfer bei seinen Eltern rausgeflogen und von der Familie des Angeklagten aufgenommen worden. Damals sei die Welt noch in Ordnung gewesen. Dann sei die Familie aber in Geldnot geraten, sie habe ihr Haus verloren und der Vater sei gestorben - nicht mal Geld für die Beerdigung sei da gewesen.
Angeklagter spricht von großer Enttäuschung
In der Zwischenzeit sei das spätere Opfer zu Geld gekommen und habe das auch gezeigt - durch Sportautos, teure Kleidung und ausschweifende Urlaube. Irgendwann habe der "befreundete" Angeklagte dann das Gespräch gesucht und von den Geldproblemen berichtet. Daraufhin habe das spätere Opfer Hilfe zugesagt und dass er aus Dankbarkeit und Verbundenheit der Familie Geld geben werde. Etwa um die Beerdigung zu bezahlen und ein neues Auto zu kaufen. Allerdings sei dieses versprochene Geld nie geflossen. Das habe den Angeklagten schwer enttäuscht. Woraufhin zusammen mit den anderen Angeklagten, denen das Opfer Geld geschuldet haben soll, die Idee zu der Entführung und Erpressung entstanden sein soll.
Prozess am Landgericht könnte schneller enden als geplant
Für den Prozess vor dem Landgericht Zweibrücken sind noch acht weitere Verhandlungstage bis Mitte Juli angesetzt. Dabei sollen unter anderem das Opfer und zahlreiche Bankmitarbeiter, Securitykräfte und Polizisten aus Luxemburg gehört werden. Nach den umfassenden Geständnissen hat der Richter aber bereits angekündigt, dass man nun möglicherweise auf viele dieser Aussagen verzichten und den Prozess schneller zu Ende führen kann.
Sendung am Do., 12.6.2025 12:00 Uhr, Aktuell um 12, SWR1 Rheinland-Pfalz