Abschiebung von Familie aus Landau

Rheinland-Pfalz Diese Lücken hinterlässt eine abgeschobene Familie in der Südpfalz

Stand: 13.06.2025 11:44 Uhr

Vor einer Woche wurde eine Familie aus der Nähe von Landau nach Ägypten abgeschoben – obwohl alle gut integriert gewesen sein sollen. Das sorgt bei Mitschülern, im Sportverein und beim Arbeitgeber für Aufregung.

Von Ulrike Brandt

Es ist eine Geschichte, bei der das, was Recht ist und das, was sich richtig anfühlt, weit auseinander liegen. Jedenfalls für Menschen, die die Familie aus Ägypten kennen. Seit der Abschiebung der Familie klaffen Lücken: in zwei Schulklassen, in einem Seniorenheim, in dem der Vater seine Ausbildung machte und im Tischtennis-Club.

Abschiebung von Familie aus Landau

Unterschriebene T-Shirts und Geschenke - die Freunde schicken ein Päckchen nach Ägypten.

Familie war in Deutschland nur geduldet

Die Familie lebte seit 2022 in Deutschland, zuletzt wohnten Eltern und Kinder in einem südpfälzischen Dorf bei Landau. Ihre Asylanträge waren abgelehnt worden, zuletzt war die Familie nur noch geduldet. "Duldungsbescheinigungen generieren kein legales Aufenthaltsrecht, sondern teilen den Betreffenden mit, dass sie vollziehbar ausreisepflichtig sind", teilte der Kreis Südliche Weinstraße dem SWR auf Anfrage mit.

Das schreibt der Kreis SÜW zur Abschiebung
Viele Details zur Familie gibt der Kreis Südliche Weinstraße nicht bekannt: "Wir können Ihnen keine detaillierte Auskunft geben, da Informationen zu Abschiebungen laut Aufenthaltsgesetz Geheimhaltungspflichten unterliegen und es sich um sehr persönliche, personenbezogene Daten handelt." Der Kreis ist in diesem Fall Ausländer- und Abschiebebehörde. Die Entscheidung, wer in Deutschland Asyl bekomme und wer nicht, trifft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)." Die Kreisverwaltung könne "das öffentliche Interesse nachvollziehen" und schickt daher umfangreiche allgemeine Informationen, zum Beispiel die: "Wenn eine Einzelperson oder Familie also kein legales Aufenthaltsrecht besitzt und erfolglos das Asylverfahren durchlaufen hat sowie die freiwillig geförderte Ausreise ablehnt, ist es gesetzlich vorgesehen, die Abschiebung zu vollziehen." "Wer in Deutschland einen Asylantrag stellt, durchläuft ein Asylverfahren. Wer einen Asylantrag gestellt hat, kann später nicht mehr in eine Aufenthaltserlaubnis zu Beschäftigungszwecken wechseln. Ein Wechsel in einen rechtmäßigen Aufenthalt kann in diesen Fällen nur nach Ausreise in das Herkunftsland und einer Wiedereinreise mit dem erforderlichen Visum erfolgen." "Eine Familie oder Einzelperson kann nach einem rechtskräftig abgelehnten Asylantrag freiwillig ausreisen. Das wird auch jeder Familie und Einzelperson nach abgelehntem Asylantrag geraten. Eine solche freiwillige Rückkehr wird auch finanziell unterstützt. Wer freiwillig ausreist, auch nach abgelehntem Asylantrag, kann später wieder mit dem erforderlichen Visum legal nach Deutschland einreisen. Wer das Angebot einer freiwilligen Ausreise und die damit verbundene finanzielle Unterstützung ablehnt, muss aufgrund der deutschlandweit geltenden Rechtslage damit rechnen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen vollzogen werden. Wer aus Deutschland aufgrund des abgelehnten Asylantrages abgeschoben wurde, darf in der Regel für drei Jahre nicht mehr nach Deutschland beziehungsweise in den Schengen-Raum einreisen. Über die Höhe des Einreise- und Aufenthaltsverbot entscheidet in solchen Fällen ebenfalls das BAMF."

Entsetzte Mitschüler machen Fall öffentlich

Beide Jungs der Familie gingen bis zu ihrer Abschiebung aufs Landauer Otto-Hahn-Gymnasium. Der jüngere Sohn, Pavly, in die 6. Klasse, sein älterer Bruder, Anthony, in die 9. Klasse. "Wir sind erschüttert, wir wollen etwas tun", sagt Schülerin Jil Theisen. Die 9. Klasse hat den Fall in den Sozialen Medien bekannt gemacht. Eine Petition gestartet. Freitagmittag wollen sie auf dem Landauer Rathausplatz protestieren:

"Er ist ein Schüler wie wir alle auch"

Der Kontakt zwischen Landau und Ägypten hält: Die Schüler und Schülerinnen schreiben sich regelmäßig Nachrichten mit den beiden Kindern.

Jil sagt, Anthony sei nicht glücklich: "Er hat direkt gesagt, sein Leben ist zerstört, er kann Ägypten nicht als sein Zuhause sehen."

Er vermisst uns halt auch, so wie wir ihn auch vermissen. Jil Theisen, Schülerin Otto-Hahn-Gymnasium

Seniorenheim: Wir brauchen den Vater als Mitarbeiter

Auch Laura Tietze ist erschüttert. Sie leitet ein Seniorenheim in Landau. Der Vater der Familie hatte bei ihr im vergangenen Oktober die Ausbildung zum Pflegehelfer begonnen, im April hatte ihm dann die Ausländerbehörde die Arbeitserlaubnis entzogen. Dabei spielte laut Tietze auch eine Rolle, dass der Mann als Azubi zu wenig Geld verdient habe.

Das kann nicht im Interesse unserer Gemeinschaft sein, dass man integrierte Menschen abschiebt. Laura Tietze, Pro Seniore Landau

Tietze erzählt, dass in der Ausbildung ein Sprachkurs dabei war und sie den Vater nach seiner Ausbildung im Team behalten wollte. "Er hatte Freude an der Arbeit und auch zu den Bewohnern eine Beziehung aufgebaut", sagt die Leiterin des Seniorenheims. "Weil wir einen Pflegenotstand haben, rekrutiere ich viele Mitarbeiter im Ausland." Das sei ein enormer Aufwand - und dann schiebe man jemanden ab, der schon im Land sei und arbeite.

Abschiebung von Familie aus Landau

In diesem Landauer Seniorenheim hatte der Vater eine Ausbildung begonnen

Tischtennis-Club: Brüder fehlen für Wettkämpfe

Auch den Tischtennis-Club Klingenmünster (Kreis Südliche Weinstraße) hat die Nachricht von der Abschiebung kalt erwischt. "Wir hatten eine Übernachtung mit der Jugend am Pfingstwochenende, da waren beide Jungs angemeldet, aber dann kam eine WhatsApp aus Ägypten", berichtet Jugendwart Lasse Bohde.

Die beiden Brüder hatten vor einem guten Jahr mit dem Tischtennisspielen im Verein angefangen. Nun fehlen sie in den Wettkämpfen.

Die beiden haben so gut Deutsch gesprochen, ich dachte, die sind schon viel länger in Deutschland. Lasse Bohde, Jugendwart TTC Klingenmünster

Bohde hat über die Sozialen Medien den Aufruf zum Protest auf dem Landauer Rathausplatz geteilt: "Wir als Verein wollen da auf jeden Fall unterstützen."

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