André Wiersig am Strand auf Sylt

Nordrhein-Westfalen Verheddert in Plastik: Wie Paderborner Extremschwimmer das Meer erlebt

Stand: 09.06.2025 14:42 Uhr

Plastikmüll, Überfischung, Mikroplastik - Extremschwimmer Wiersig erlebt das im Meer. Die UN-Ozeankonferenz berät über Lösungen.

Extremschwimmer André Wiersig ist bereits durch alle Weltmeere geschwommen. Erlebt hat er dort nicht nur den blauen Ozean, Haie und Wale, sondern auch Plastikmüll, die Auswirkungen von Überfischung und Mikroplastik. Auf der fünftägigen UN-Ozeankonferenz in Nizza beraten Politik und Wissenschaft über mögliche Lösungen.

André Wiersig sieht sich selbst als Botschafter der Meere. Mit seiner Initiative theBlueHeart möchte er die Ozeane schützen und bewahren. Im Gespräch beklagt der Extremschwimmer aber auch: Politische Beschlüsse allein bringen wenig - sie müssten endlich umgesetzt werden.

Herr Wiersig, alleine auf dem blauen Ozean schwimmen, nur umgeben von Wasser und Tieren. Das klingt extrem anstrengend - aber auch romantisch. Ist es das noch?

Ja, natürlich! Ich verbinde diese ganzen Sehnsüchte mit dem Meer und das hat natürlich schon was Magisches. Gerade wenn man aus der Dunkelheit kommt - ich starte ja oft in der Nacht - und wenn die Sonne aufgeht und man wirklich mitten auf dem Pazifik ist, auf der Nordsee, wo auch immer. Das hat schon was ganz Magisches. Aber natürlich erlebe ich auch viele Dinge, die mich traurig und bestürzt machen.

Was hat Sie dazu gebracht, als Meeresbotschafter aktiv zu werden?

Wenn man so verletzlich, nur in der Badehose, draußen im offenen Meer auf die Dinge stößt, die dort eben nicht hingehören. Lärm zum Beispiel. Ich bin nachts schon mal an Bohrinseln vorbei geschwommen. Das ist ganz bedrückend, auf einmal so eine Geräuschatmosphäre zu erleben. Oder natürlich irgendwie mit Plastikmüll in Verbindung zu kommen. Ich bin auch mal kopfüber in so eine Plastikplane geschwommen...

Das klingt gefährlich.

Ja, das widerfährt tausendfach jeden Tag den Tieren, die den Ozean als ihr zu Hause haben. In der Nacht bin ich auch schon gegen Europaletten geschwommen. Wenn man das Mikroplastik bei Tageslicht sieht, wie es in allen Farben schimmert - dann ist es vorbei mit der Romantik.

Ein großes Thema bei der Konferenz ist die Biodiversität der Ozeane, also die Artenvielfalt. Wie erleben Sie das in den Meeren?

So eine Begegnung mit einem Wal und einem Hai ist einfach zur absoluten Seltenheit geworden, weil die Tiere einfach immer seltener werden. Auch wenn ich als Meeresbotschafter auf Inselstaaten bin und mit Leuten spreche, die so zwischen 85 und 90 Jahren alt sind, die wirklich die Erfahrung haben: Wie war das denn vor sechzig, siebzig Jahren an genau diesem Ort? Sie erzählen dann, was es dort für eine Vielfalt gab und das ist heute in so einem kurzen Zeitraum eine komplett andere Situation. Das geht auf unser Konto als Menschen.

Was erwarten Sie von der Ozeankonferenz in Nizza?

Es ist immer eine gute Idee, das Thema zumindest als so wichtig zu erachten, dass namenhafte Vertreter aus Ländern sich dort zusammenfinden und die Themen wirklich angehen und besprechen. Was aber nach meiner Auffassung noch wichtiger ist: dass die Dinge, die schon besprochen wurden, auch umgesetzt werden. Es bringt nichts, sich feiern zu lassen für irgendwelche neuen Abkommen, die man beschließt. Bereits beschlossene Abkommen müssen mit allen Konsequenzen umgesetzt werden. Schutzzonen in den Weltmeeren müssen nicht nur ausgewiesen, sondern auch beschützt werden. Das ist das Allerwichtigste.

Was können wir selbst tun, um die Meere zu schützen?

Indem man sein Verhalten beobachtet. Wenn ich zum Beispiel Thunfisch liebe und in allen möglichen Formen verzehre, ist das keine so gute Idee. Das typische Lachsfilet aus Aquakulturen schadet massiv den Ozeanen. Darauf sollte man einfach verzichten. Man fängt am besten bei sich selbst an und muss nicht darauf warten, dass ein neuer Politiker im Amt ist oder neue Gesetze kommen. Man kann von heute auf morgen direkt was tun. Das ist einfach wichtig und und fühlt sich auch gut an.

Unsere Quellen:

  • Recherchen für tagesschau.de
  • Interview André Wiersig