
Nordrhein-Westfalen Gericht kippt Wahlgesetz in NRW: Was das für die Kommunalwahl bedeutet
CDU, Grüne und SPD hatten das Kommunalwahlgesetz geändert. Kleinere Parteien klagten dagegen. Der Landesverfassungsgerichtshof gab ihnen Recht.
CDU, Grüne und SPD wollten mit ihrer Änderung verhindern, dass die Räte in den Kommunen noch weiter in sehr kleine Parteien zerfasern. Mit einem neuen Berechnungsverfahren sollten vor allem Stimmreste aus den Nachkommastellen eher an die großen Parteien statt an kleinere fallen.
So konnte es bisher passieren, dass eine Partei mit 1,5 Sitzen plötzlich zwei statt einen Sitz bekommt, was prozentual mehr ins Gewicht fällt, als würden sie an Parteien mit mehr Sitzen gehen. Das wollte die schwarz-grüne Landesregierung ändern.
Verstoß gegen die Chancengleichheit
CDU, SPD und Grüne hatten dies im vergangenen Sommer im Landtag per Gesetz geändert. Damit sollten fortan die größeren Parteien bei den sogenannten Stimmresten profitieren. Das Berechnungsverfahren hatte der Grüne Landtagsabgeordnete Simon Rock verfasst.
Das "Rock-Verfahren", das die Stimmreste in Richtung der größeren Parteien verschiebt, ist aber nicht zulässig. Das hat nun der Landesverfassungsgerichtshof in Münster entschieden. Nach Ansicht der Richter verstößt das Verfahren gegen die Chancengleicheit für kleinere Parteien.
Niederlage für die Landesregierung
So hätten sich CDU, SPD und Grüne an der politischen Wirklichkeit orientieren müssen. Sprich: Man hätte die vergangene Kommunalwahl betrachten müssen und hätte dann feststellen können, dass kleinere Parteien mit dem neuen Verfahren Sitze verloren hätten, während die großen Parteien Zugewinne hätten verzeichnen könnten. Die Richter sprachen somit von einer "faktischen Sperrwirkung" und vom Zufall abhängigen "Rundungsglück oder Rundungspech".
Auch gab es aus Sicht des Gerichts keine hinreichenden Gründe für eine Neuregelung. Für die Landesregierung und die größte Oppositionspartei SPD ist das eine Niederlage. Allerdings fiel das Urteil der Richter knapp aus. Vier der sieben Richter sprachen sich dafür aus, das Gesetz zu beanstanden, drei sahen dagegen keinen Grund für eine erfolgreiche Beschwerde der kleinen Parteien - dies ist ein eher ungewöhnlicher Vorgang.
"Undemokratisches und verfassungswidriges Ansinnen"
Vor dem Verfassungsgerichtshof hatte die FDP geklagt, zusammen mit BSW, Piratenpartei, Volt und Die Partei.
FDP-Landeschef Henning Höhne sagte: "Das schwarz-rot-grüne Machtkartell wurde gestoppt". Gewinner seien Wählerinnen und Wähler. Die neue Berechnungsmethode sei manipulativ und ein "Bruch mit demokratischen Grundprinzipien".
Der Landesgeschäftsführer des BSW, Günter Blocks, sprach nach dem Urteil von einem "guten Tag für die kommunale Demokratie" und von einer "Klatsche" für die CDU, SPD und Grünen im Landtag. "Ihr undemokratisches und verfassungswidriges Ansinnen, die kleinen Parteien und Wählergemeinschaften bei den Kommunalwahlen und in der Kommunalpolitik zu diskriminieren, ist auf ganzer Linie gescheitert", so Block in einer Stellungnahme.
Die Partei Volt äußerte sich zufrieden mit dem Urteil und sprach von einem "Sieg für die Demokratie". Marküs Blümke, Vorsitzender von Volt in NRW, schrieb in einer Stellungnahme: "Gerade in diesen Zeiten, wo immer mehr Menschen das Vertrauen in die Demokratie verlieren, ist es wichtig, diese gerade auf kommunaler Ebene zu schützen."
Knappe Entscheidung
Robin Korte, Abgeordneter der Grünen hob hervor, dass die Entscheidung der Verfassungsrichter knapp ausgefallen sei. "4:3 - das ist so ziemlich die knappste Entscheidung, die das Gericht treffen kann", sagte Korte dem WDR.
CDU und Grüne erklärten in einer gemeinsamen Pressemitteilung, dass man das Urteil respektiere. Der Landtag muss nun das Kommunalwahlgesetz noch in diesem Sommer anpassen.
Es ist damit zu rechnen, dass durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs bei der Kommunalwahl im Herbst die Ratssitze wohl wieder nach dem alten Berechnungsverfahren der Vorwahlen verteilt werden.