
Nordrhein-Westfalen Umbau von Schloss Hückeswagen: Auf der Suche nach dem Schlossgespenst
20 Millionen Euro kostet der Umbau von Schloss Hückeswagen, 18 Millionen davon sind Fördergelder. Das Schloss lüftet dabei einige Geheimnisse.
Von außen wirkt Schloss Hückeswagen wie das, was es mal war: Eine mittelalterliche Wehrburg, die zum Grafensitz weiterentwickelt wurde. Dicke alte Steinmauern, Schießscharten und alles, was dazu gehört.
Von innen allerdings eröffnet sich ein ganz anderes Bild. "Das hier war mein Büro" erzählt uns Bürgermeister Dietmar Persian, während er die Tür öffnet. Was sich hier verbirgt, wirkt gar nicht mittelalterlich.
Schloss war bisher reiner Verwaltungssitz
Vielmehr versprüht der Raum den Charme eines 60er-Jahre Verwaltungsgebäudes. Denn das war es bis vor kurzem auch: Verwaltungssitz der Stadt mitsamt Tagungssaal des Stadtrates. Bis man feststellte, dass der Brandschutz nicht mehr ausreichend gewährleistet ist. Nun wird saniert und umgebaut - mit üppiger Förderung von Land, Bund und EU. Und zwischen den Baustellen und offenen Böden tun sich ungeahnte Ecken auf.

Ein paar alte Aktenordner zeugen noch vom Verwaltungscharme der Büros
So etwa der alte Schelmenturm. "Früher wurden hier die bösen Jungs eingekerkert", erklärt Persian. Später dann stapelten sich vor den kalten Steinmauern Aktenordner. Der Raum war zum Archiv geworden.
Eine alte Kanonenkugel - oder doch nicht?
Laut ein paar Zetteln, die noch kleben geblieben sind, stammten die ältesten aus dem 19. Jahrhundert. Die Ordner sind nun leer. Doch unbewohnt bleibt der Turm möglicherweise doch nicht:
"Hier im Aufgang zur Wendeltreppe, da erzählen wir den Kindern bei Führungen immer, dass da eventuell das Schlossgespenst wohnt", sagt Persian. Zu Gesicht bekommen hat den Geist noch niemand, dafür machte man beim Öffnen des Turms eine andere Entdeckung:

Die Balken im Dachgeschoss sind ca. 200 Jahre alt
"Wir haben hier eine dicke Metallkugel gefunden. Dann haben wir erst gedacht, das wäre eine Kanonenkugel und uns gefragt, wie die hier rein kam. Aber dann stellte sich heraus, es war eine Kugel vom Kugelstoßen."
Schloss war auch mal bewohnt
Wie die dort landete, weiß allerdings auch niemand. Vielleicht spukt es doch auf Schloss Hückeswagen?
Weniger Spuk - und dafür der Geist alter Zeiten - umweht einen im Dachgeschoss. Im seitlichen Räumchen tun sich zwischen den 200 Jahre alten Balken mehrere Dutzend Bravo-Poster auf: Von den Beatles, Charles Bronson, Jimi Hendrix, Dean Martin, Winnetou oder Carlos Santana und den Les Humphries Singers.

Hausmeistersohn Willi war Beatles-Fan
"Hier wohnte Teenager Willi", erklärt Persian. Willi war der Sohn des damaligen Hausmeisters. Der und seine Familie bewohnten bis in die 80er-Jahre die obere Etage und das Dachgeschoss. Die Wohnung verschwand irgendwann - die Poster blieben hängen.
Sanierung für 20 Millionen Euro
Eine andere Wand verbirgt gar nicht erst, wer sich daran zu schaffen gemacht hat: Als bei den ersten Arbeiten der Wandschrank entfernt wurde, gab dieser den Blick frei auf mehrere Namen, die in weißer Schrift auf die grüne Wand gepinselt worden waren.

Hier haben sich einige Handwerker verewigt
Waren das nun die Geister? Nein, auch hier bleibt es weltlich: "Das sind die Namen von Bauarbeitern, die hier in den 70ern die Wände gestrichen haben. Einige davon kenne ich sogar noch", lacht Persian.
Das Schloss wird nun umfassend saniert. Und auch die Nutzung soll sich gänzlich ändern: Vereine, Bürger und Unternehmen sollen Säle für Feiern oder Tagungen mieten können. Es werden gastronomische Einrichtungen ins Schloss einziehen - und ein Museum.
Bevölkerung soll Schloss nutzen können
Und auch der soziale Aspekt wird berücksichtigt: etwa mit Suchtberatungsstellen, die in der ersten Etage ihre Räumlichkeiten bekommen. Das Motto lautet: Ein Schloss für alle. Damit das geht, musste nicht nur die Verwaltung umziehen, sondern auch ein ganz besonderes Pärchen.
Zwei Turmfalken hatten das Schloss über die letzten Jahre zu ihrem Zuhause erkoren und in einer der Schießscharten genistet. Für die Sanierung musste man die Vögel dazu bewegen, umzuziehen.
Dafür wurden in den umliegenden Bäumen mehrere Nistkästen aufgehängt. Anfänglich war das Vogelpaar verwirrt und flog ständig um den alten Nistplatz herum. Mittlerweile hat es das Übergangsquartier angenommen und dort erfolgreich die ersten Jungtiere aufgezogen.
Eröffnung ist für 2028 geplant
Man sieht die Vögel nun aus den Bäumen auf dem Schlossberg zur Jagd starten. Nach den Arbeiten werden sie in ihr altes Heim zurückkehren können.
Dietmar Persian wird dann nicht mehr dort arbeiten. Aber auch er hat ein kleines Andenken hinterlassen, wenn auch unfreiwillig: Auf der Fensterscheibe seines ehemaligen Büros klebt das Stadtwappen von Hückeswagen. Das hat ihm seine Tochter geschenkt.
"Eigentlich würde ich das gerne mitnehmen, aber es geht nicht mehr ab", sagt er. Nun muss er entweder das ganze Fenster ausbauen und mitnehmen. Oder die Erinnerung behalten und das Wappen als Gruß dort lassen - für die nächsten, die dort einziehen, wenn Schloss Hückeswagen wieder öffnet.
Unsere Quellen:
- Stadt Hückeswagen
- WDR-Interview mit Dietmar Persian, Bürgermeister Hückeswagen
- Beobachtungen des WDR-Reporters vor Ort