Die Aufschrift «Landgericht Düsseldorf» steht am Gebäude des Landgerichts

Nordrhein-Westfalen Polizist vor Gericht: Auch Tatortbegehung bringt keine Klarheit

Stand: 20.05.2025 17:44 Uhr

Vor neun Monaten hatte ein Polizist in Düsseldorf einem Unbewaffneten in den Rücken geschossen. Am Donnerstag hat der Strafprozess begonnen.

Von Martin Höke, Verena Köplin

Der Vorfall hatte im August vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt. Ein Polizist hatte in der Nacht vom 10. August im WGZ Bank-Park hinter dem Hauptbahnhof in Düsseldorf Oberbilk drei Mal aus seiner Dienstwaffe gefeuert. Ein Schuss traf einen 32-Jährigen in den Rücken.

Prozess um Schuss in den Rücken: Polizist in Düsseldorf vor Gericht

Polizist am Tatort befragt

Seit Mitte Mai steht der 27-jährige Polizist nun wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt vor Gericht. Jetzt hat es eine Tatortbegehung gegeben, bei dem der Angeklagte unter anderem zu seinem Standort und weiteren Unklarheiten rund um die gefundenen Patronenhülsen Stellung nehmen sollte. Das konnte er aber auch auf mehrfache Nachfragen des Richters hin nicht.

Schon mit gezogener Waffe in den Park gegangen

Bereits zum Auftakt des Prozesses hatte der angeklagte Beamte gesagt, "dass Einsätze mit Messern zu den Gefährlichsten überhaupt gehören und ich deshalb schon mit gezogener Waffe in den Park gegangen bin."

Der Angeklagte am Donnerstag mit seinen Anwälten im Gerichtssaal. Sein Gesicht ist verpixelt.

Der Angeklagte am Donnerstag mit seinen Anwälten im Gerichtssaal.

Er und eine Kollegin waren in der Nacht zum 10. August wegen eines Notrufs einer jungen Frau um kurz nach halb eins zu dem Einsatz in den Park am Düsseldorfer Hauptbahnhof gerufen worden. Sie hatte berichtet, dass ein Unbekannter sie und ihren Cousin in dem Park mit einem Messer bedrohen würde. Ein solches wurde allerdings nie gefunden.

Vor Gericht sagte die Anruferin, sie selbst habe kein Messer gesehen, aber "mein Cousin hat gesagt: 'Der hat ein Messer, lass uns abhauen'." Als Zeuge schränkte der Cousin zum Prozessauftakt dann ein: "Es kann auch ein Schlüsselbund gewesen sein."

Polizist: "Ich hatte keine andere Möglichkeit"

Kurz nach ihrem Eintreffen konnten die beiden Polizisten den vermeintlichen Gefährder in dem Park stellen, so die Aussage des Angeklagten. "Er hat sich auf uns zubewegt und ich hab ihn angeschrien, er solle stehenbleiben, auf die Knie gehen und sich auf den Boden legen."

Weil der 32-jährige Verdächtige sich dann aber wieder aufrichtete und nach Schilderung des Polizisten "einen metallischen spitzen Gegenstand aus der rechten Hosentasche zog und hochhielt", habe er einen Taser eingesetzt.

"Es war für mich sehr bedrohlich, ich hatte in dem Moment auch Angst", beschrieb der 27-Jährige vor Gericht die Situation. Nachdem der Taser kaum Wirkung zeigte und der Mann sich wieder aufrichtete, um wegzulaufen, benutzte er seine Schusswaffe. "Ich hatte keine andere Möglichkeit, um mich und meine Kollegin zu schützen", so der Angeklagte.

Kollegin kann sich nicht erinnern

Seine Kollegin war ihm vor Gericht als Zeugin kaum eine Hilfe. "Ich kann mich nicht mehr genau erinnern", sagte die 24-Jährige mehrfach. "Ich war damals in Angststarre und handlungsunfähig", so ihre Erklärung. Der Richter fragte sie, ob ihr Aussageverhalten damit zu tun habe, dass gegen sie in dieser Sache schon wegen Strafvereitelung ermittelt worden war.

33-Jähriger schwer an Magen und Dickdarm verletzt

Die letzte der drei abgefeuerten Kugeln traf das 33 Jahre alte Opfer von hinten in die rechte Flanke. Dabei wurden Magen und Dickdarm verletzt, berichtete eine Rechtsmedizinerin. Die Verletzung sei lebensbedrohlich gewesen - Teile beider Organe mussten entnommen werden.

Das Opfer selbst sagte als Zeuge aus, dass er sich an die Schüsse war erinnern könne, aber nicht mehr an die Umstände. Er habe sich damals in den Park schlafen gelegt, als ihn ein Pärchen als "Penner" und "Junkie" beleidigt habe. 

Opfer psychisch auffällig

Der Mann ist polizeibekannt und galt als psychisch auffällig. Ein paar Tage vor den Schüssen hatte er randaliert und war in eine Psychiatrie eingewiesen worden. Seit 2018 war er der Polizei zufolge 13 Mal aufgefallen - nach der Schussverletzung in Düsseldorf noch weitere viermal.

Entlassung aus dem Dienst möglich

Laut Anklage lag keine Voraussetzung für den Schusswaffengebrauch vor. Bei einer Verurteilung muss der Beamte neben einer mehrjährigen Haftstrafe auch mit seiner Entlassung aus dem Dienst und dem Verlust seiner Pensionsansprüche rechnen. Das Urteil soll Anfang Juni fallen.

Unsere Quellen:

  • Landgericht Düsseldorf
  • Staatsanwaltschaft Düsseldorf
  • Polizei Düsseldorf
  • Verteidiger Emde/Schuster aus Bochum