Greta Thunberg auf Schifffahrt nach Gaza von Israel gestoppt. Greta Thunberg (grüner Frosch-Hut) war mit weiteren Aktivisten auf dem Segelschiff

Nordrhein-Westfalen Israel weist Greta Thunberg und weitere Gaza-Aktivisten aus

Stand: 10.06.2025 13:08 Uhr

Das israelische Militär hat ein Schiff mit Aktivisten vor der Küste Gazas gestoppt und Crew des Landes verwiesen. Mit an Bord waren die Schwedin Greta Thunberg, die EU-Politikerin Rima Hassan und eine deutsche Aktivistin.

Auf Bildern sind Menschen mit Schwimmwesten an Bord eines Schiffes zu sehen, die von einem Soldaten Wasser und Sandwiches gereicht bekommen. Das israelische Militär hatte ein Aktivistenschiff mit Hilfsgütern gestoppt, das Kurs auf den Gazastreifen genommen hatte.

Unter der Besatzung: die schwedische Aktivistin Greta Thunberg, die französisch-palästinensische Linken-Europapolitikerin Rima Hassan sowie die deutsche Aktivistin Yasemin Acar, die öffentlich den iranischen Raketenangriff auf Israel im April 2024 lobte.

Die Truppe postet kurz zuvor vorbereitete Clips - in dramatischem Tonfall. "Wenn ihr dieses Video seht, wurden wir in internationalen Gewässern von der israelischen Besatzungsmacht abgefangen und entführt", sagt etwa Thunberg in einem der Clips. Medienberichten zufolge soll die Besatzung vor Eintreffen der israelischen Behörden Handys und Laptops ins Wasser geworfen haben.

Was ist mit dem Schiff der Aktivisten passiert?

Aktivisten der Freedom Flotilla Coalition gehen an Bord des Bootes Madleen, bevor sie vom sizilianischen Hafen Catania in Richtung Gaza auslaufen

Das Aktivistenschiff "Madleen"

Nach Angaben des israelischen Außenministeriums wurde das Schiff vor seinem Eintreffen im Gazastreifen gestoppt und nach Israel in den Hafen von Aschdod geleitet. Das israelische Außenministerium erklärte, die Zone vor dem Gazastreifen sei im Rahmen der seit 2007 geltenden Seeblockade für nicht autorisierte Schiffe gesperrt.

"Die Passagiere der 'Selfie-Jacht' sind am Ben-Gurion-Flughafen in Tel-Aviv eingetroffen, um Israel zu verlassen und in ihre Heimatländer zurückzukehren", schrieb das israelische Außenministerium am Morgen auf X. Verteidigungsminister Israel Katz erklärte, er habe das Militär angewiesen, der Crew um Thunberg ein Video zu zeigen, das Gräueltaten der Hamas-Terroristen vom 7. Oktober 2023 dokumentiert. Später sagte Katz, dass die Aktivisten sich geweigert hätten, das Filmmaterial anzusehen.

Die Aktivisten hatten hingegen erklärt, das Schiff sei in der Nacht gestoppt und die Besatzung "entführt" worden. Das Schiff war vor einer Woche in Sizilien gestartet. An Bord waren auch einige Hilfsgüter. Diese will das israelische Militär in den Gazastreifen weiterleiten.

Wer steckt hinter dem Aktivisten-Bündnis?

Aufnahme einer Überwachungskamera an Bord zeigt zwölf Aktivisten im Innenbereich des Segelschiffs "Madleen"

Die Crew auf der "Madleen"

Hinter den Aktivisten steht das Bündnis "Freedom Flotilla Coalition". Das ist nach eigenen Angaben eine Solidaritätsbewegung aus verschiedenen Initiativen aus unterschiedlichen Teilen der Welt, die daran arbeitet, "die illegale israelische Blockade des Gazastreifens zu beenden". Für die Aktivisten sei das Leid der Palästinenser keine "natürliche Katastrophe, sondern das Ergebnis politischer und militärischer Entscheidungen."

Nach Aussage der Aktivisten geht es ihnen vor allem darum, Aufmerksamkeit für die humanitäre Lage im Gazastreifen zu erzeugen. Dort wird Israel zum Beispiel von den Vereinten Nationen unter anderem vorgeworfen, Hunger als Kriegswaffe einzusetzen. Die Besatzung hat schon angekündigt, wieder in See stechen zu wollen.

Laut dem britischen "Telegraph" soll hinter der Aktion ein mutmaßlicher Hamas-Angehöriger namens Zaher Birawi aus London stecken. Der bezeichnete sich selbst als "Gründungsmitglied" der Organisation, die die Überfahrt Richtung Gaza organisiert hatte. Birawi, der sich öffentlich Journalist nennt, war vor einer Woche mit Greta Thunberg bei der Taufe der "Madleen" dabei und übertrug sie live vom Dock auf Sizilien.

Welche Rolle hat die Schwedin Greta Thunberg?

Die schwedische Aktivistin kennt man seit Jahren vor allem aus der Klimabewegung. Mit ihren Klimastreiks hatte sie schon als Jugendliche weltweit Aufsehen erregt. Aus ihrer Protestaktion ist die internationale Klimabewegung "Fridays for Future" entstanden. Seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel und dem darauffolgenden militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen hat sie sich mehrfach mit den Palästinensern solidarisiert und Israel Völkermord vorgeworfen.

Seit einiger Zeit tritt sie auch immer wieder selbst auf pro-palästinensischen Demos auf, auch in NRW. So sollte sie im Oktober eigentlich ein Pro-Palästinenser-Camp in Dortmund besuchen - wurde später aber nur per Videobotschaft zugeschaltet.

Greta Thunberg bei einer Versammlung in berlin

Greta Thunberg bei einer Versammlung in Berlin

Auch am Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel war sie auf einer propalästinensischen Demonstration in Berlin. Kritiker werfen Thunberg vor, bei ihren Anschuldigungen das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 außer Acht zu lassen, das den aktuellen Gaza-Krieg ausgelöst hat. Dabei waren etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.

Wie reagiert Israel auf die Aktivisten?

Das israelische Außenministerium bezeichnet das Aktivistenschiff als "Selfie-Jacht". Die Aktivisten hätten versucht, eine mediale Provokation zu inszenieren. Ihre Ladung sei so geringfügig gewesen, dass sie nicht einmal einer Lkw-Lieferung mit Hilfsgütern entspreche. "Es gibt Wege, Hilfe in den Gazastreifen zu bringen - ohne Instagram-Selfies", hieß es in der Stellungnahme. "Die Show ist vorbei."

Israelischer Verteidigungsminister Israel Katz

Israelischer Verteidigungsminister Israel Katz

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte die Armee am Sonntag angewiesen, die Ankunft des Schiffes zu verhindern. "Der Staat Israel wird niemandem erlauben, die Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen", verkündete Katz. In einer Mitteilung hieß es zudem: "Der antisemitischen Greta und ihren Freunden, den Hamas-Propagandisten, sage ich ganz klar: Ihr solltet umkehren - denn ihr werdet Gaza nicht erreichen."

Israel hatte Aktivisten auch in früheren Fällen schon die Genehmigung verweigert, mit ihren Schiffen an der Küste des abgeschotteten Gazastreifens anzulegen. Greta Thunberg habe Israel an Bord eines Flugzeugs Richtung Frankreich verlassen, erklärte das Außenministerium am Dienstag. Ein weiterer Aktivist ist ebenfalls dorthin ausgereist. Die übrigen fünf würden in den kommenden Tagen einer Justizbehörde vorgeführt. Das Außenministerium hatte zuvor erklärt, diejenigen der Aktivisten, die sich weigerten, die Ausweisungsdokumente zu unterzeichnen, würden gemäß israelischem Recht vor eine Justizbehörde gebracht, damit die Ausweisung genehmigt werde.

Wie ist die humanitäre Lage in Gaza?

Als Reaktion auf das Hamas-Massaker geht Israel mit militärischen Einsätzen massiv im Gazastreifen vor. Im Zuge des Krieges gegen die Terrororganisation hatte Israel die Lieferung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern fast drei Monate lang unterbunden, die Blockade zuletzt aber etwas gelockert. Damit will die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Hamas nach eigenen Angaben dazu bringen, die 58 Geiseln freizulassen, von denen 23 als lebend gelten.

Viele Menschen in Gaza hungern nach 19 Monaten Krieg. Zuletzt hatte es Tumulte bei der Verteilung von Hilfsgütern im Land gegeben. Menschen hatten ein Verteilzentrum gestürmt. Laut dem Kinderhilfswerk Unicef sind tausende Kinder lebensbedrohlich mangelernährt.

Unsere Quellen:

  • WDR-Korrespondent aus Tel Aviv
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, ddp
  • Bündnis "Freedom Flotilla Coalition"
  • X-Account Israelisches Außenministerium