Das Schuhregal in einer Kita.

Niedersachsen Niedersachsen: Massive Betreuungslücken in Kitas

Stand: 11.06.2025 10:15 Uhr

Viele Kitas in Niedersachsen müssen aufgrund von Personalmangel Zeiten einschränken oder sogar tageweise schließen. Der Landesrechnungshof erwartet mehr Überblick vom Land.

Egal, welche Parteien gerade das Land regieren: Wenn der jährliche Bericht des Landesrechnungshofes kommt, ist das in der Regel ein unangenehmer Tag für die Regierenden. Denn in den Berichten wird haarklein aufgelistet, wo das Land Steuergeld versenkt hat. Oder dass es gar nicht genau weiß, wofür seine Milliarden genau ausgegeben werden.

Land erhebt keine Zahlen zu Betreuungssituation

Beispiel Kitas: 1,4 Milliarden Euro Finanzhilfe hat das Land 2023 für die Kitas bereitgestellt - für zusätzliches Personal. So sollen Betreuungszeiten und Qualität in den Kitas verbessert werden. Nur: Ob dieses Ziel erreicht wird, überprüft das Land nicht vernünftig, bemängelt der Landesrechnungshof. Zum einen werde nur an einem einzigen Stichtag pro Jahr die Qualität in den Einrichtungen kontrolliert. Zum anderen, und das erscheint noch erstaunlicher, verfügt das Land über keinerlei Zahlen zur tatsächlichen Betreuungssituation in den Kindertagesstätten. Der Landesrechnungshof hat deshalb selbst eine Umfrage für das Kita-Jahr 2022/23 durchgeführt.

Mehrzahl der Kitas schränkt Betreuung regelmäßig ein

Mehr als 5.500 Einrichtungen wurden angeschrieben, ganze 94 Prozent beteiligten sich an der Umfrage. Das Thema brannte den Einrichtungen offenbar unter den Nägeln. Die Ergebnisse dürften die Erfahrungen vieler Eltern widerspiegeln: "Die Antworten belegen, dass die Kindertagesstätten angesichts des Personalmangels vielfach gezwungen waren, die Betreuung der Kinder deutlich einzuschränken", heißt es im Bericht. Demnach verringerten mehr als zwei Drittel die Betreuungszeiten teilweise, mehr als die Hälfte schloss zeitweise mindestens eine Gruppe und 16 Prozent öffneten tageweise sogar überhaupt nicht. "Über diese Daten verfügte das Kultusministerium nicht", heißt es im Bericht.

Land setzt auf neues Kita-Gesetz

Das Kultusministerium verweist darauf, dass die Kitas in der Verantwortung der Städte und Gemeinden lägen - und macht es sich damit zu einfach, findet der Landesrechnungshof. Er argumentiert: Wenn man 1,4 Milliarden Euro ausgebe, müsse man auch einen gewissen Überblick haben. Konkrete Vorschläge, wie sich die Personallage in den Kitas entspannen könnte, macht der Landesrechnungshof nicht. Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) setzt unter anderem auf das neue Kita-Gesetz. Es ermöglicht auch weniger qualifizierten Beschäftigten, mehr Verantwortung zu übernehmen und damit zum Beispiel Betreuung in Randzeiten abzudecken.

Abrechnungen "fehlerträchtig"

Viele Kita-Leitungen wollen aber vor allem etwas anderes: Kleinere Gruppen, dann würden weniger Erzieherinnen und Erzieher wegen Krankheit und Überlastung ausfallen, so die Hoffnung. Der Landesrechnungshof sieht im Zusammenhang mit den Kitas ein weiteres Problem: Die Finanzhilfe sei viel zu kompliziert geregelt. Wenn die Träger der Einrichtungen, etwa Städte oder Verbände, mit dem Land abrechneten, dann sei das "verwaltungsintensiv und fehlerträchtig" - also in etwa das Gegenteil von "einfacher, schneller, günstiger", ein Motto, das die Landesregierung unter dem Stichwort Bürokratieabbau selbst ausgerufen hat.

Kritikpunkte umfassen 209 Seiten

In seinem 209 Seiten dicken Bericht listet der Landesrechnungshof darüber hinaus zahlreiche weitere Kritikpunkte auf. Stichwort Bildungscloud: Die digitale Lernhilfe werde gerade einmal von fünf Prozent der befragten 880 Schulen regelmäßig genutzt. Das Land habe bisher 21 Millionen Euro investiert, die Schulen nutzten aber lieber die Angebote privater Anbieter - meistens, weil sie diese benutzerfreundlicher fänden. Das Land will die Cloud zu einem Lernmanagement-System weiterentwickeln.

Landesrechnungshof kritisiert auch den NDR

Stichwort Demografie: Viele Landesbeamtinnen und -beamte gehen in den kommenden Jahren in Rente. Das Land sei darauf, etwa bei der Polizei, aber schlecht vorbereitet, so der Vorwurf des Landesrechnungshofes. "Unverbindlich, veraltet, unbekannt", so lasse sich das "Demografiekonzept" der Landesregierung zusammenfassen. Auch der NDR als öffentlich-rechtlicher Sender ist im Visier des Landesrechnungshofes, konkret: Der Fuhrpark, also die NDR-eigenen Fahrzeuge. Etwa die Hälfte von ihnen sei nicht ausreichend ausgelastet, zudem sei das IT-System für das Fuhrpark-Management unzureichend. Der NDR habe die Mängel eingeräumt und ein neues System angekündigt.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 11.06.2025 | 19:30 Uhr