
Niedersachsen Mit Drohnen und App: Emsländer Verein rettet Kitze vor dem Mähtod
Im vergangenen Jahr hat die "Tierrettung Emsland" mehr als 5.000 Hektar Fläche abgesucht und dabei rund 500 Rehkitze gerettet. Mit einer selbst programmierten App möchte der Verein in diesem Jahr seine Erfolge ausbauen.
Es ist Frühsommer: Die Landwirte müssen das Gras mähen, und die Rehe bringen ihren Nachwuchs auf die Welt. Zwei Ereignisse, die jedes Jahr rund 100.000 tote Kitze bundesweit mit sich bringen. Denn die suchen in den Wiesen Schutz vor natürlichen Feinden, und werden von den Landwirten in den Mähmaschinen häufig übersehen. Um das zu verhindern, werden Wärmebilddrohnen eingesetzt, mit denen die Wiesen abgeflogen und aus bis zu 50 Metern Höhe Lebewesen von dem kühlen Gras unterschieden werden können - eine Methode, die vom Bund finanziell unterstützt wird.
Rehkitze suchen Schutz im hohen Gras
Früh am Morgen, kurz nach sechs. Das Wetter könnte besser nicht sein: Es ist trocken und der Himmel bedeckt. Die Helfer vom Verein Tierrettung Emsland - in Sachen Rehkitzrettung einer der größten in Niedersachsen - besprechen die Lage an einer Wiese in der Nähe von Meppen. Hier werden Kitze vermutet, die in dem hohen Gras Schutz suchen. Der Landwirt hatte in den vergangenen Tagen mehrere Rehe beobachtet. Die Aufgaben sind klar verteilt. Tobias Kemper fliegt die Drohne, Josef Buitmann gibt die auf einem Bildschirm angezeigten Ergebnisse per Funk an Andreas Hillmann und Jürgen Warmbold weiter, die in der Wiese die Kitze aufspüren sollen.

Morgens früh ist die beste Zeit, um Rehkitze vor dem Mähtod zu bewahren.
Drohne zeigt Lebewesen als weißen Punkt an
Die Tageszeit ist perfekt, denn die Temperatur des Grases ist noch wesentlich kühler als die der Tiere. Die Drohne kann pro Minute einen Hektar abfliegen. Dabei überträgt sie die Bilder auf den Bildschirm in Josef Buitmanns Kofferraum. Der sucht konzentriert nach weiß leuchtenden Punkten. Denn so werden die Lebewesen in der Wiese angezeigt. Hat er einen begründeten Verdacht, leitet er die Männer im Gras langsam und vorsichtig zu der verdächtigen Stelle. Mit einem Kescher und Körben ausgerüstet schleichen Hillmann und Warmbold durch das Gestrüpp. Schon beim ersten Mal haben sie Glück.
Kitz wartet am Wiesenrand, bis gemäht wurde
Der Kescher schnellt über das Kitz, das vor Schreck laut aufschreit. Vorsichtig hebt Jürgen Warmbold das Tier mit Handschuhen und Gras auf, damit es den menschlichen Geruch nicht annimmt, und legt es in den Korb. Nun wird es am Waldrand geschützt warten, bis der Landwirt die Wiese gemäht hat. Nach einer halben Stunde ist der Bereich abgesucht. Der Landwirt kann loslegen. Schon eine Viertelstunde später wird das Kitz befreit und rennt in die Freiheit.
Eine App erfasst alle Einsätze
Nun kommt die neue App der Tierrettung Emsland ins Spiel. Ein Mitglied hat sie ehrenamtlich programmiert. Damit kann jeder Einsatz erfasst werden. Josef Buitmann gibt minutiös ein:
- Wie viele Kitze eingefangen wurden
- Wie viele Kitze vergrämt wurden
- Wie viele andere Tiere gerettet wurden
- Wie viele Hektar abgeflogen wurden
- Wie viele Personen beteiligt waren
- Wie viele Einsätze es bisher gegeben hat
Bund fördert Rehkitzrettung per Drohnen mit 2,5 Millionen Euro
Der Verein nutzt die Ergebnisse, um seine Arbeit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) zu präsentieren. Denn das BMLEH hat auch in diesem Jahr beschlossen, die Anschaffung solcher Drohnen für einen festgelegten Kreis von Anwendern mit 2,5 Millionen Euro zu fördern - da es diese Technik als effizient ansieht, um Wildtiere und vor allem Rehkitze vor dem Mähtod zu bewahren. Im vergangenen Jahr konnten in Deutschland 22.000 Kitze gerettet werden. Allein der emsländische Verein hat in diesem Frühjahr nach eigenen Angaben mehr als 200 Rehkitze und 40 andere Tiere aus den Wiesen geholt. Die Wärmedrohnen hatten dabei einen entscheidenden Einfluss.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 13.06.2025 | 19:30 Uhr