
Niedersachsen Gummirüben und weiche Kartoffeln: Zikade bedroht Ernteergebnisse
Sie ist winzig und wirkt ganz harmlos: ein fliegenähnliches Insekt mit großen Augen und durchscheinenden Flügeln, weniger als einen Zentimeter lang - die Schilf-Glasflügelzikade. Vielen Landwirten treibt sie aber die Sorgenfalten auf die Stirn.
Denn dort, wo sie in Massen auftritt, kann sie massive Ernteausfälle verursachen. Das Problem ist dabei nicht einmal die Zikade selbst - zwar ernähren sich die kleinen Insekten vom Saft verschiedener Knollen- und Wurzelpflanzen wie Zuckerrüben und Kartoffeln, die sie wie kleine Vampire ansaugen. In der Regel reichen diese winzigen Einstiche allerdings nicht aus, um eine Pflanze ernsthaft zu schädigen - doch sie übertragen dabei auch die gefährlichen Pflanzenkrankheiten Stolbur und SBR (Syndrome Basses Richesses = Syndrom der niedrigen Zuckergehalte), die ganze Ernten unbrauchbar machen können. Infizierte Pflanzen haben zum Beispiel einen stark verringerten Zuckergehalt, sie werden gummiartig oder zu weich und können deshalb nicht mehr verkauft werden. In Baden-Württemberg zum Beispiel meldeten Kartoffel- und Rübenbauern im vergangenen Jahr deshalb bereits Schäden in Millionenhöhe.
Noch ist der Norden nicht betroffen
Zum Glück für die norddeutsche Landwirtschaft ist die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammende Zikadenart bisher allerdings noch nicht in großen Beständen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern aufgetaucht - doch mit den steigenden Temperaturen der letzten Jahrzehnte hat sie sich rasant nordwärts ausgebreitet. In den 1990-er Jahren wurde sie erstmals in Zentralfrankreich nachgewiesen. 2009 zum ersten Mal in Baden-Württemberg, seitdem hat sie sich stetig weiter ausgebreitet - und wird wahrscheinlich auch bald in Niedersachsen auftauchen. "Wir sehen allerdings schon erste Ernteausfälle durch die Zikade in Sachsen-Anhalt", erklärt ein Sprecher der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer auf Anfrage von NDR Niedersachsen. "Entsprechend gehen wir davon aus, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Art sich auch über die Grenze nach Niedersachsen ausbreitet." Erste vereinzelte Nachweise in den Landkreisen Helmstedt und Goslar gebe es schon.
Bisher kein Patentrezept gegen Schilf-Glasflügelzikaden
Doch auch wenn die Insekten noch nicht wirklich im Norden angekommen sind - aufgrund ihres enormen Schadenspotentials beschäftigt die Frage, wie man mit ihnen umgehen soll, bereits die Landwirte und Landwirtschaftskammern. Eine flächendeckende Bekämpfung mit chemischen Stoffen ist zurzeit noch nicht möglich, da es schlichtweg noch kein Insektizid gibt, das für eine solche Verwendung zugelassen ist. Allerdings gibt es zumindest schon Ansätze, wie man die Probleme mit der Zikade auf natürliche Weise bekämpfen und zumindest eindämmen kann: Zum Beispiel durch Rübensorten, die gegen den SBR-Erreger immun sind, oder durch eine bestimmte Fruchtfolge auf den Feldern, die der Zikadenbrut die Nahrungsgrundlage im Winter entzieht.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 10.06.2025 | 09:00 Uhr