
Mecklenburg-Vorpommern Vibrionen in der Ostsee: Warnemünder Forscher entwickeln Warnsystem
Infektionen mit Vibrionen in der Ostsee sind selten. Sie führen aber vor allem bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen unbehandelt ungewöhnlich oft zum Tod. Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde entwickelt deshalb ein Frühwarnsystem.
Matthias Labrenz steht knietief in der Ostsee am Warnemünder Strand und füllt eine kleine Flasche mit Wasser. Mit dem bloßen Auge ist nichts zu erkennen. Aber: "Darin enthalten sind rund 50 Millionen Bakterien. Dazu zählen Vibrionen", sagt der Mikrobiologe vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung (IOW). Solche Proben hat sein Team zwischen Rostock und Heiligendamm an 15 Standorten über ein Jahr bei Wind und Wetter, auch an Feiertagen, genommen. Sie verraten dem Meeresforscher mehr über Vibrionen. Denn diese Bakterien können unter bestimmten Umständen gefährlich für Badegäste werden.
Vibrionen: Gefahr für Menschen mit Vorerkrankungen
Über kleinste offene Wunden können die Erreger in den Körper eindringen und bei einem schwachen Immunsystem zu einer Blutvergiftung, also einer Sepsis, führen. Seit 2003 wurden dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) zwar nur 94 Infektionen in Mecklenburg-Vorpommern gemeldet, 13 Menschen sind jedoch an den Folgen der Ansteckung gestorben. "Die Todesopfer waren älter und hatten schwere Vorerkankungen wie Diabetes oder Leberkrankheiten", sagt Oliver Duty, Mikrobiologe beim LAGuS. Männer seien häufiger betroffen als Frauen. Woran das liegt, dazu mehr im Podcast MV im Fokus.
Beim Arztbesuch auf das Bad in der Ostsee hinweisen
Die Infektion äußert sich in Schmerzen, die ungewöhnlich stark für die Größe der Wunde sind. Unbehandelt kann die Vibrionenvergiftung innerhalb von 48 Stunden zum Tod führen. "Wichtig ist, dass man sofort zum Arzt geht und unbedingt sagt, dass man in der Ostsee baden war", so Duty weiter. Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern seien geschult, dann sofort das richtige Antibiotikum zu verabreichen. Das helfe sehr gut und schnell.
Drohnen sollen erhöhtes Vibrionenvorkommen voraussagen
Damit es gar nicht so weit kommt, will Mikrobiologe Labrenz ein Frühwarnsystem entwickeln. Schon länger sei bekannt, dass sich Vibrionen bei niedrigen Salzgehalten wie in der Ostsee und bei Temperaturen ab 18 Grad Wassertemperatur besonders wohl fühlen, so der Meeresforscher. "Vibrionen kommen in der Ostsee ganz natürlich vor. Problematisch könnte es in Zukunft sein, dass wir durch den Klimawandel längere Phasen mit wärmerem Ostseewasser haben. Dann gibt es auch mehr Vibrionen."

Mit Drohnen wollen die Forschern Blaualgen-Vorkommen und damit auch potenziellen Vibrionen-Herden auf die Spur kommen.
Auf Blaualgen folgen zumeist Vibrionen
Seine Proben vom Warnemünder Strand und anderen Standorten zeigen: Vibrionen kommen immer dann vermehrt vor, wenn zuvor Blaualgenblüten das Badewasser überziehen. Sie ernähren sich von den Resten absterbender Blaulagen. Diesen Zusammenhang will der Forscher nutzen: "Im Herbst testen wir eine Drohne mit einer Spektralkamera. Fliegt sie über einen Strand, kann sie die Spektralfarben messen und so zeigen, ob Blaualgen vermehrt vorhanden sind." Dann sei kurze Zeit später auch mit mehr Vibrionen zu rechnen. Die Drohne schickt die Informationen über einen Satelliten ans IOW. Dort sollen sie mit Hilfe von künstlicher Intelligenz binnen weniger Minuten ausgewertet werden.
Testlauf des Frühwarnsystems soll im Sommer 2026 starten
So könnten Umweltbehörden und Tourismusverbände frühzeitig vor Vibrionen an ganz bestimmten Stränden warnen. Wie gut das Frühwarnsystem in der Praxis funktioniert, will Labrenz im Sommer 2026 testen: "Wir begleiten das Drohnenprojekt zunächst wissenschaftlich, um abzusichern, dass die Informationen der Drohne verlässlich sind." Also werden Labrenz und sein Team vom IOW zum Vergleich auch im kommenden Sommer wieder kleine Flaschen mit Ostseewasser in Warnemünde und an anderen Ostseestränden füllen und analysieren, damit das Baden sicher bleibt.
MV im Fokus: Podcast über Vibrionen und andere Gefahren in der Ostsee
Neben Vibrionen tauchen in der Ostsee auch regelmäßig Feuerquallen auf. Welche Tipps bei einem Stich helfen, welche Rolle Schwermetalle beim Baden spielen und wie Badegäste darüber hinaus auf ihre Sicherheit achten können, das ist Thema in der neuen Folge des Podcasts "MV im Fokus: Badespaß trotz Feuerquallen, Blaualgen und Vibrionen?". Zu hören ist er in der ARD Audiothek, auf ndr.de/mv, der kostenlosen NDR MV App und überall, wo es Podcasts gibt.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 09.06.2025 | 06:00 Uhr