
Mecklenburg-Vorpommern Volkswerft Stralsund - Wohin geht die Reise?
Die Volkswerft in Stralsund war über viele Jahrzehnte das industrielle Rückgrat der Hansestadt. Hier arbeiteten zu DDR-Zeiten mehrere Tausend Schiffbauer. Mittlerweile befindet sich auf dem Areal ein maritimer Gewerbepark. Doch der Weg, das Gelände an interessierte Pächter zu vermitteln, ist steinig. Nun bringt eine maritime Interessengemeinschaft Bewegung in die Angelegenheit.
Auf dem Gelände der Stralsunder Volkswerft herrscht heute wieder reges Treiben. Geräusche von Hämmern, Schweißbrennern und der eindringliche Warnton eines tonnenschweren Kranes sind zu hören. Arbeiter in blauen Overalls sind an den vielen Schiffen und Booten zu sehen. Einer der Männer steht an einer mannshohen Stahlplatte und bearbeitet sie mit kräftigen Hammerschlägen. Das Hämmern klingt wie ein Herzschlag, der den Puls der Werft bestimmt. Etwas weiter sieht man einen anderen Arbeiter an einem Schweißgerät, Funken sprühen meterhoch durch die Halle. Das Knistern des Schweißers mischt sich mit dem rhythmischen Klopfen des Hammers - ein Klang, der seit Jahrzehnten die Arbeit auf der Volkswerft prägt.
Stadt Stralsund seit 2022 Eigentümer der Fläche
Dieses lebendige Treiben will die Hansestadt Stralsund aufrechterhalten. Sie hatte das Gelände im Frühjahr 2022 für 16,5 Millionen Euro gekauft und betreibt und verwaltet seitdem dort einen maritimen Gewerbepark. Seit dem letzten Frühjahr prangt der Name Volkswerft Stralsund, wie die Werft zu DDR-Zeiten hieß, wieder an der Außenwand der großen Schiffbauhalle. Dies soll aber nicht nur reine Symbolpolitik aus dem Rathaus sein. Die Entscheidung, die Werft zu kaufen, sei richtig gewesen, sagt Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) in einem Interview mit dem NDR. "Das Ziel ist, dass wir mindestens 1.000 Arbeitsplätze auf dem Standort schaffen. Wir haben die Situation, dass ein Großteil der Hallen derzeit eben maximal für Projektgeschäfte genutzt wird und das reicht eben nicht aus." so Badrow weiter.
Herausforderungen und Rückschläge
Die laufenden Kosten für den Betrieb des 34 Hektar großen Gewerbeparks liegen laut Hansestadt bei rund 500.000 Euro pro Monat. Um die Kosten zu decken, setzte man auf einen großen Ankermieter - eine Firma, die einen Großteil der Hallenflächen pachtet. Doch nicht alle Pläne liefen wie erhofft, sagt auch Heiko Messerschmidt von der IG Metall in der aktuellen Podcast-Folge von "MV im Fokus".
Ansiedlung norwegischer Werft scheiterte
Im vergangenen August scheiterte die Etablierung der norwegischen Fosen Werft GmbH in Stralsund. Die Firma wollte hier ihre Produktion aufbauen, doch die Pläne zerbrachen. Im April dieses Jahres folgte dann die Absage des Rostocker Offshore-Anlagen-Herstellers EEW. Die Stadt müsse nun tragfähige Konzepte für das Werftgelände vorstellen. "Es muss eben mehr sein als Flächen zu verpachten. Man braucht ein Konzept, man muss wissen, welche Pächter will man hier dabeihaben", so Gewerkschaftler Messerschmidt bei einer Demo vor der Volkswerft im Mai.
Neue Firmen in Stralsund angesiedelt
Seit dem Kauf des Geländes haben sich mehrere Firmen auf dem Gelände angesiedelt - manche sind schon seit vielen Jahren auf dem Gelände etabliert. 20 Unternehmen sind es insgesamt. Zum Beispiel Strela Shiprepair oder die Metallbaufirma Ostseestaal. Derzeit sind rund 250 Menschen auf dem Werftgelände tätig. Der Platz in den großen Hallen sei noch ausreichend für klassischen Schiffbau, berichtet Jan Treebe-Simmendinger, Geschäftsführer von Strela Shiprepair. Im Frühjahr haben mehrere Schiffbaufirmen eine Interessengemeinschaft gegründet. Zu diesem Bündnis gehören neben Strela Shiprepair auch bekannte Schiffbauer wie Fassmer, Abeking & Rasmussen und die Neptun Werft. Im April präsentierten sie ein Konzept im Wirtschaftsministerium in Schwerin. Ziel ist es, künftig Komponenten für Behörden- und Marineschiffe sowie Yachten auf dem traditionsreichen Gelände zu produzieren.
Langfristig bis zu 1.000 Arbeitsplätze auf der Volkswerft
Die Branche geht von einem signifikanten Wachstum in den kommenden Jahren aus, sagt der Verband für Schiffbau und Meerestechnik aus Hamburg in einem Schreiben an den Oberbürgermeister der Stadt Stralsund im Februar, das dem NDR vorliegt. In dem Schreiben wird ebenfalls die langfristige Zielstellung von bis zu 1.000 Arbeitsplätzen formuliert. Dies soll, so der Verband weiter, durch eine gesunde Mischung von Schiffbau, Reparatur und maritimen Zulieferern umgesetzt werden. Diese Aufträge würden nicht nur in Stralsund, sondern auch im Landesinneren Zulieferer und Dienstleister profitieren lassen, hieß es von Seiten der IG Metall und des Schiffbauverbandes.
Stadt soll nun Nutzungskonzept erstellen
Eines ist den Beteiligten schon jetzt klar: Um langfristig erfolgreich zu arbeiten, braucht es weitere Pächter. Damit sich jedoch Firmen ansiedeln, müsse nach Ansicht von Kritikern das Nutzungskonzept des maritimen Gewerbeparks überarbeitet werden. Ein entsprechender Antrag wurde in der letzten Bürgerschaft vorerst in den Werftausschuss verwiesen. Zudem müsse die Stadt zügig Pachtverträge mit der Interessengemeinschaft aushandeln, sagt auch der Geschäftsführer von Strela Shiprepair in der aktuellen Podcastfolge von "MV im Fokus".
Er ist gleichzeitig Sprecher der Interessengemeinschaft. Oberbürgermeister Badrow betonte, dass es insgesamt mehrere Ziele gebe. So soll auch der in unmittelbarer Nähe befindliche Seehafen entwickelt werden. "Wir haben zwischen dem Ozeaneum und der Rügenbrücke einen komplett neuen Stadtteil, der entsteht," so Badrow im Interview mit dem NDR Nordmagazin. Wie schnell die Pläne rund um das Volkswerft-Gelände umgesetzt werden können und ob die Schiffbauer überhaupt in Stralsund produzieren können, das ist derzeit noch offen.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 19.05.2025 | 15:00 Uhr