
Mecklenburg-Vorpommern Antike Schätze aus dem Greifswalder Uni-Archiv
In der Zentralen Universitätsbibliothek in Greifswald (Landkreis Vorpommern-Greifswald) zeigen Studierende des Historischen Instituts in einer Sonderausstellung antike Objekte aus dem Uni-Archiv, die bisher noch nie öffentlich zu sehen waren.
Dr. Christian Barthel ist begeistert. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter des Arbeitsbereichs Alte Geschichte an der Universität Greifswald. Gemeinsam mit 20 Studierenden hat er das Archiv der Universität Greifswald nach antiken Schätzen durchforstet, um sie in einer Sonderausstellung zu zeigen. Und dabei hat einer seiner Studenten eine ganz besondere Entdeckung gemacht: "Ein figürliches Relief, das erst im Laufe des letzten Jahres im Magazin der Kustodie wiederentdeckt worden ist und von dem keiner wusste, was genau das ist, konnte er klar dem Schatzhaus der Athener in Delphi zuordnen", freut sich Christian Barthel. Und dieser Student ist Johannes Wigger.
"Dachbodenfund" zeigt Fragmente von Athena und Theseus

Der Abdruck des figürlichen Reliefs
Der Lehramtsstudent ist kurz vor dem ersten Staatsexamen und hatte bisher fast keine Berührungspunkte mit Reliefs. Doch dieser "Dachbodenfund", der Fragmente von Athena und Theseus zeigt und im 19. bis 20. Jahrhundert zu Lehrzwecken angefertigt wurde, reizte ihn. "Mein kompetitiver Geist war geweckt. Es war einfach diese Spannung. Da ist etwas, da weiß die Welt noch nicht so richtig, was es ist. Und das muss ich jetzt herausfinden", erinnert sich Johannes Wigger. Das Relief wurde zu seinem Herzensprojekt. "Ich schaute mir an, wie die Füße stehen, wie das Gewand drapiert ist und glich Datenbanken ab", erzählt er. "Ich hatte nur eine Stunde Zeit in der Bibliothek."
Exponate aus verschiedenen Sammlungen
Bis Ende Juli sind Gipsabgüsse von antiken Kunstwerken in der Zentralen Universitätsbibliothek in Greifswald zu sehen. Dazu gehören auch Schmuck, Urnen, Keramikvasen und viele andere Exponate. "Aus den Archiven: Mysteriös, Ungesehen, Verstaubt: Greifswalds antike Schätze" heißt die Ausstellung, die Teil eines Projektseminars ist. "Das Besondere daran ist, dass wir verschiedene Sammlungen zusammengebracht haben und dadurch neue Objekte zeigen können", sagt Projektleiter Christian Barthel.

Die Studenten präsentieren verschiedene antike Exponate.
"In der Gustaf-Dalman-Sammlung der Theologischen Fakultät zum Beispiel befinden sich viele antike Keramikgefäße, die weder wissenschaftlich bearbeitet noch ausgestellt wurden. Beides nehmen wir nun in Angriff", erklärt Christian Barthel und zeigt auf ein kleines bemaltes Ölgefäß, in der Fachsprache Lekythos, auf dem zwei Figuren, eine davon beritten, dargestellt sind. Student Jannes Patzsch hat sich mit der Sammlung des deutschen Theologen beschäftigt und schaut zu einer fausthohen beschädigten Figur aus Ton, die einen Brustkorb darstellt, sein Lieblingsobjekt der Sammlung. "Wir wissen nicht, wozu der Thorax da war. War es eine kleine Götzendarstellung? War es eine einfache kleine Statue in griechischer Heldenpose?", so Patzsch weiter.
Auch der Alltag spielt eine Rolle
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Exponate aus den verschiedenen Lebensbereichen der Antike: der Alltag, Totenkult und die Rezeptionsgeschichte. Ein Ausstellungsstück fällt besonders ins Auge: ein langes braun gemustertes Kleid mit langen Ärmeln und Umhang. Daran sind viele Perlen genäht und eine bunte Brosche. Drei Monate hat Studentin Maybritt Metz an dem Kleid aus Bettwäschestoff genäht. Sie möchte byzantinische Kleidung zum Anfassen zeigen. "Ich möchte weg vom verstaubten Image, was Geschichte manchmal hat", sagt die Lehramtsstudentin.

"Ich möchte zeigen: nein, nicht verstaubt, sondern nur versteckt."
Exponate auch digital erlebbar
Auf einer Internetseite finden Nutzerinnen und Nutzer vertiefende Informationen zu den einzelnen Objekten und ihren kulturhistorischen Kontext. "Design, Fotos und Texte wurden allesamt von den Studierenden und meiner Hilfskraft Sophia Schütze erstellt", sagt Projektleiter Christian Barthel. Denn die Studierenden sollen auch Einblicke in die verschiedenen Tätigkeitsfelder, von textbasierter Forschung über Ausstellungsgestaltung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit/Social Media-Marketing erhalten.
Maßgeschneidertes persönliches Erlebnis
Seit April dieses Jahres läuft das Projekt zu den antiken Schätzen Greifswalds. "So etwas habe ich in meiner universitären Laufbahn noch nicht erlebt, muss ich ganz ehrlich sagen", sagt Johannes Wigger. "Es macht aus einem austauschbaren Studium ein maßgeschneidertes persönliches Erlebnis, wo man eine Menge lernt." Er freut sich nicht nur, dass er durch seine Entdeckung etwas zur Forschung beitragen konnte, sondern auch, dass die Antike nun solchen Raum bekommt: "Denn die Antike kommt in Greifswald immer zu kurz."
Führungen immer dienstags und samstags
Auch wenn die Sonderausstellung "Aus den Archiven: Mysteriös, Ungesehen, Verstaubt: Greifswalds antike Schätze" in der Zentralen Universitätsbibliothek in der Felix-Hausdorff-Straße 10 nun eröffnet ist, die Arbeit am Projekt endet für die Studierenden noch lange nicht. Denn nun bieten sie thematisch geführte Rundgänge für alle Interessierten an. Und zwar dienstags von 14 bis 15 Uhr und von 15 bis 16 Uhr und sonnabends von 11 bis 12 Uhr und von 13 bis 14 Uhr.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nordmagazin | 11.06.2025 | 19:30 Uhr