Eine Feuerqualle schwimmt in der Ostsee.

Mecklenburg-Vorpommern Algen, Flaggen, Feuerquallen: Badetipps für den Ostsee-Sommer

Stand: 13.06.2025 11:53 Uhr

Hilft Urin wirklich als Hausmittel nach einem Feuerquallen-Kontakt? Und wie entkomme ich einer Strömung? Wir beantworten Fragen rund um das Baden in der Ostsee und ordnen Mythen, Tipps und Hausmittel ein.

Von Melanie Jaster

Grundsätzlich gilt die Ostsee als eines der sichersten Meere der Welt. Dafür sorgen unter anderem die Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer an den Stränden sowie Umweltbehörden, die die Wasserqualität überwachen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) bescheinigt aktuell nahezu allen 154 Ostseestränden eine ausgezeichnete Badewasserqualität. Dennoch gibt es einige Risiken, die das Baden in der Ostsee mit sich bringt.

Essig und Rasierschaum gegen Feuerquallen-Stiche

Wer schon mal mit den Tentakeln einer Feuerqualle in Berührung gekommen ist, beschreibt den Schmerz oft als eine Art Peitschenhieb. Schuld sind Nesselzellen, die wie eine Harpune Nesselgift in die Haut injizieren. Ob Feuerquallen in der Ostsee durch den Klimawandel eher zu- oder abnehmen werden, das ist ein Thema im Podcast "Ostsee-Badespaß trotz Feuerquallen, Algen und Vibrionen?".

Feuerquallen sind gelblich bis rot-orange gefärbt. Ihre Tentakel können bis zu 10 Meter lang sein. Im Gegensatz dazu sind die ungefährlichen Ohrenquallen durchsichtig mit vier bläulich-violetten Ringen.

Eine Feuerqualle schwimmt in der Ostsee.

Die Nesselzellen auf den Tentakeln der Feuerquallen enthalten Gift.

Häufig kommt es zu Juckreiz, Hautrötungen oder Schwellungen – auch Übelkeit, Kreislaufprobleme oder Fieber sind laut LAGuS möglich.

Verletzung am Fuß durch Kontakt mit einer Feuerqualle: Die Nesselzellen haben bei der Berührung ihr Gift in die Haut injiziert und zahlreiche schmerzende Entzündungen hervorgerufen. Die abgebildete Verletzung ist zwei Tage alt und wurde mit einer cortisonhaltigen Salbe behandelt.

Die abgebildete Verletzung ist zwei Tage alt und wurde mit einer cortisonhaltigen Salbe behandelt.

Laut Quallenforscherin Ina Stoltenberg vom Geomar-Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel sind Feuerquallen eher in kalten Gewässern bis in die Fjorde von Spitzbergen vertreten. Winde drücken die Feuerquallen aus der salzhaltigeren Nordsee in das Brackwasser der Ostsee. An der Darßer Schwelle, einer Erhebung vom Fischland-Darß bis nach Dänemark, bleiben viele hängen, weshalb in der westlichen Ostsee tendenziell mehr Feuerquallen zu finden sind als im Osten.

Ja, aber laut LAGuS nur mit Salzwasser und keinesfalls mit Süßwasser. Denn Süßwasser lässt die Nesselzellen aufplatzen.

Rasierschaum oder Essig können tatsächlich Nesselzellen neutralisieren. Auch Zitronensaft kann helfen. Das LAGuS empfiehlt alternativ, Sand aufzutragen und betroffene Hautpartien zu kühlen. Urin als Hilfsmittel hingegen ist eher ein Mythos, da dieser je nach Tageszeit und Nahrung sehr unterschiedlich zusammengesetzt ist. Er kann tatsächlich Schmerzen lindern oder das genaue Gegenteil bewirken. Bei großflächigem Kontakt oder Kreislaufstörungen sollte immer ein Arzt aufgesucht werden.

Klimawandel begünstigt Blaualgen

Cyanobakterien, umgangssprachlich Blaualgen genannt, fühlen sich bei warmen Temperaturen am wohlsten. Sie sind laut LAGuS "ein normaler Bestandteil der Lebensgemeinschaft aller natürlichen Gewässer", die aber im Sommer mitunter explosionsartig Blaualgenblüten hervorbringen. Die führen dann zu einer bläulich-grünen Trübung des Wassers.

Wenn die Sichttiefe auf unter einen Meter beschränkt ist, wenn also im knietiefen Wasser die Füße nicht mehr zu sehen sind, dann ist die Konzentration der Blaualgen hoch. Dann warnen auch die Gesundheitsämter an ihren Stränden. Die Bakterien bilden mitunter Schlieren und Algenteppiche an der Oberfläche, im Wasser selbst sind sie wolkenartig verteilt. Im sogenannten Spülsaum kann die Konzentration besonders hoch sein.

Algenteppiche schwimmen auf der Ostsee.

Auf der offenen Ostsee bilden die Blaualgen manchmal riesige Teppiche an der Oberfläche.

In aller Regel sind Blaualgen für Menschen nicht sehr gefährlich. Verschluckt man jedoch große Mengen, können Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Fieber auftreten. In schweren Fällen kann es auch zu Atemnot und Lungenentzündungen kommen. Die Toxine können außerdem vorübergehende Quaddeln auf der Haut und Schleimhautreizungen hervorrufen, wodurch zum Beispiel die Augen tränen. Für Hunde können Blaualgen sogar zum Tod führen, weil das Toxin Microcystein der Leber schadet und Anatoxin das Nervensystem angreift.

Blaualgen kommen vermehrt in der östlichen Ostsee vor. An der westlichen Ostseeküste durchmischen sich die Wassermassen deutlich mehr: eine schlechte Bedingung für Blaualgen. An der mecklenburgischen Küste sind Blaualgenblüten daher unwahrscheinlicher. Nur wenn der Wind richtig steht, werden sie dorthin gepustet.

Ja, davon geht die Wissenschaft aus. Blaulagen gehen während der kälteren Jahreszeiten in eine Art Ruhephase und setzen sich im Meeresboden ab. Wenn das Wasser wärmer wird, können sie auch Jahrzehnte später wieder aktiv werden. Die Erwärmung gibt ihnen dafür beste Bedingungen, beobachtet Anke Kremp vom Institut für Ostseeforschung in Warnemünde.

Flaggen der Rettungsschwimmer zeigen Gefahren an

Forscher aus Rostock arbeiten aktuell daran, Risiken beim Baden noch besser vorherzusagen. Denn für Menschen mit Vorerkrankungen können auch Vibrionen gefährlich werden. Auch wenn Feuerquallen und Blaualgen bei Kontakt unangenehme Effekte verursachen können, bleibt die größte Gefahr in der Ostsee das Ertrinken. Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft spricht von 24 Badetoten im Sommer 2024, häufig an unbewachten Stränden, oft abends in der Dunkelheit, teils unter Einfluss von Alkohol. Die meisten Badetoten sind Männer, der Großteil älter als 50. Rettungsschwimmer hissen Flaggen am Strand, um vor Gefahren durch Strömungen oder Unwetter zu warnen.

Eine Flagge ist geteilt: oben rot, unten gelb. Sie zeigt an, dass die Wasserrettung im Dienst ist. Hängt darunter keine Flagge, ist das Baden sicher. Ist eine gelbe zu sehen, weist sie auf eine Gefahr hin, zum Beispiel auf ablandigen Wind. Kinder und unsichere Schwimmer sollten dann nicht mehr ins Wasser gehen. Rot bedeutet absolutes Badeverbot.

Rettungsschwimmer raten dazu, lieber in Küstennähe zu bleiben. Dort sollten sich Badegäste aber von den Buhnen fernhalten, den Holzpfählen, die aufgereiht vom Strand ins Wasser führen. Sie dienen dem Küstenschutz und sind oft von Algen und Muscheln bewachsen, dadurch mitunter rutschig und gleichzeitig scharfkantig. Die Buhnen sollen Wellen brechen, dadurch entsteht eine Unterströmung, die Badegästen wortwörtlich den Boden unter den Füßen wegreißen kann.

Laut Rettungsschwimmern: Ruhe bewahren, denn das spart Kraft. Deshalb sei es auch ratsam, nicht gegen die Strömung anzuschwimmen, sondern lieber parallel zum Strand zu schwimmen, um der Strömung zu entkommen. Sobald man aus der Strömung raus ist, helfen die Wellen, sicher ans Ufer zu kommen. Wenn gar nichts mehr hilft: deutlich auf sich aufmerksam machen. Wenn Rettungsschwimmer vor Ort sind, sehen sie das. Generell ist es am sichersten, nur an Stränden und in Gewässern zu baden, bei denen Rettungsschwimmer vor Ort sind.

An einigen Stränden gibt es Einstiegshilfen. In Warnemünde zum Beispiel wurden im Frühjahr an den Strandaufgängen 18 und 25 Holzpfähle installiert. Die sind mit einem dicken Tau verbunden, an dem sich Badegäste festhalten können. In Altefähr auf Rügen gibt es eine Rampe für Rollstuhlfahrer. Eine Reling sorgt dafür, dass der Rollstuhl sicher steht, trotz Strömung.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nordmagazin | 10.06.2025 | 19:30 Uhr