
Hessen Untersuchungsausschuss zu Messari-Becker: Das sagte Minister Mansoori aus
Warum verlor die ehemalige Staatssekretärin Messari-Becker ihren Job? Im Untersuchungsausschuss zur Entlassungsaffäre im Wirtschaftsministerium musste jetzt auch Minister Mansoori selbst in den Zeugenstand. Und gab persönliche Einblicke in sein Wertesystem.
Es ist Abend geworden an diesem heißen Donnerstag in Wiesbaden - Afterwork statt High noon. In den Weinbars rund um den Landtag haben sich längst die Tische gefüllt, als der vorerst letzte Zeuge dieses Untersuchungsausschusses den Saal betritt.
Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) kommt im dunkelgrauen Anzug mit passender Krawatte. Und auch wenn er zwei Stunden auf seinen Auftritt warten musste, wirkt er gelassen und konzentriert. Von ihm erhoffen sich die Abgeordneten nach monatelanger Befragungsarbeit im Ausschuss endlich Klarheit in einer der zentralen Fragen: Warum musste Lamia Messsari-Becker (parteilos) ihren Posten als Staatssekretärin räumen?
Mansoori liefert - schon in seinem Eingangsstatement. Das verliest der Minister kurz nach 18 Uhr, die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sitzen da schon seit neun Stunden im Plenarsaal zusammen. Große Wertschätzung habe er für Messari-Becker bis heute. Insbesondere die fachliche Expertise der renommierten Bauexpertin sei unbestritten. Eine Formulierung, die so ähnlich im Ausschuss immer wieder fiel. Auch von Umut Sönmez (SPD), der gemeinsam mit Messari-Becker Staatssekretär im Wirtschaftsministerium war und am Donnerstag als vorletzter Zeuge befragt wurde.
Gerne habe er die "ausgezeichnete Wissenschaftlerin" in sein Haus geholt, betonte Mansoori. Wohl wissend, dass sie als Quereinsteigerin weder Parteibuch noch Erfahrung in der Leitung einer Behörde hatte. Irritiert habe ihn gleichwohl, dass Messari-Becker mehrmals eine höhere Besoldung und mehr Personal verlangte - was Mansoori ablehnte. Auch, dass der Schreibtisch der damaligen Staatssekretärin zum Nadelöhr für Akten im Ministerium entwickelte, habe er unter "Anlaufschwierigkeiten" verbucht.
Mansoori: "Vertrauen tief erschüttert"
Letztlich habe das persönliche Fehlverhalten der damaligen Staatssekretärin vor gut einem Jahr eine weitere Zusammenarbeit unmöglich gemacht. Mansoori verwendet im Ausschuss starke Begriffe, um seine Enttäuschung zu erläutern. "Vollkommen untragbar und nicht hinnehmbar" sei das Verhalten gewesen, das Vertrauen "tief erschüttert und unwiderbringlich zerstört".
Es geht um das, was im Ausschuss als "der Schulsachverhalt" bezeichnet wird. Messari-Becker soll im Frühjahr 2024 an der Schule ihrer Tochter vorgesprochen haben. Der Vorwurf: Sie habe ihr Amt ins Spiel gebracht, um eine bessere Abiturnote für ihre Tochter zu erwirken. Sie selbst hat das im Ausschuss zurückgewiesen. Doch Berichte darüber erreichten damals Minister Mansoori. Sah er sich deshalb gezwungen, sich von der Staatssekretärin zu trennen?
Amt mit privaten Interessen verquickt?
Bei der Erklärung, warum ihm das ohne Alternative erschien, wurde Mansoori persönlich. Seine Eltern hätten Schutz gefunden vor einem System mit Willkür. "Als Ausländer mit Bleiberecht geboren, habe ich es immer als großes Privileg empfunden, in einem freiheitlichen Rechtsstaat zu leben, ihn zu verteidigen und seinen Bürgerinnen und Bürgern jetzt in meinem Amt dienen zu dürfen", erkärte der Sohn iranischer Eltern, der vor 36 Jahren in Gießen geboren wurde. Eine Verquickung des Amtes mit der Verfolgung privater Interessen sei für ihn gerade vor diesem Hintergrund untragbar.
Und genau diese Verquickung habe er bei seiner Staatssekretärin wahrgenommen. Auch wenn Messari-Becker das in ihrem Auftritt vor dem Ausschuss abstritt. Er habe eine "vollkommen fehlende Einsicht" bei seiner Staatssekretärin wahrgenommen, sagte Mansoori am Donnerstag. Der Rauswurf erschien ihm daher wohl als logische Konsequenz. Insgesamt sei es nicht Messari-Beckers Stärke, eigene Fehler einzugestehen. Ein Bild, das vor dem Minister auch Staatssekretär Umut Sönmez gezeichnet hatte.
Warum Mansoori überhaupt einen Entlassungsgrund angab
Und auch auf eine weitere, zentrale Frage des Ausschusses gab es an diesem Abend eine Antwort. Mansoori hatte die Entlassung Messari-Beckers in einem persönlichen Statement im Juli 2024 kommuniziert. Und sprach damals von einem "nicht hinnehmbaren Fehlverhalten". Worin das bestand, legte er nun dar.
Aber warum verwendete er überhaupt diese Formulierung? Warum deutete er Gründe an - obwohl er das gar nicht gemusst hätte? Denn politische Beamte können jederzeit ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.
Die Staatskanzlei jedenfalls hatte dem Minister genau dazu geraten. Er solle die Erklärung kurz halten, Gründe nicht thematisieren. Mansoori nutzte bei seinem Auftritt im Ausschuss jetzt auch die Gelegenheit, darzustellen, warum er sich anders entschied.
"Öffentlichkeit verdiente Hinweise"
Gewiss, man hätte das Statement auch kürzer halten können, gestand Mansoori ein. Aber ihm sei eben wichtig gewesen, der Öffentlichkeit mitzuteilen, wie es in so kurzer Zeit zum Vertrauensverlust kommen konnte. "Ich bin politisch der Auffassung, die Öffentlichkeit verdiente diese Hinweise", so der Minister. "Als Ressortverantwortlicher muss ich mich den Fragen der Öffentlichkeit stellen."
Da sei es doch sinnvoll, schon vorher Antworten zu geben. Er habe sich verpflichtet gefühlt, in der gebotenen Kürze die Gründe zu erläutern und schrieb damals von einem Verhalten, "das mit meinen persönlichen Grundsätzen und Werten unvereinbar und für mich nicht hinnehmbar ist". Aus heutiger Sicht wäre es auch kürzer gegangen, an den Gründen für Messari-Beckers Rauswurf hätte das aber nichts geändert. Er bedauere nichts.
Mit der Vernehmung der Zeugen Sönmez und Mansoori biegt der Untersuchungsausschuss Messari-Becker auf die Zielgerade ein. Sollten keine neuen Beweisanträge gestellt werden, kann nun der Abschlussbericht erarbeitet werden. Mögliche Vorstellung: nach der parlamentarischen Sommerpause.
Die Debatte über den Bericht dürfte ähnlich intensiv werden wie dieser heiße Donnerstag. Und auch dann könnte es wieder spät werden.