
Hessen MT Melsungen schrammt schmerzhaft an der Perfektion vorbei
Beinahe perfekt war das, was die MT Melsungen in dieser Saison abgeliefert hat. Zwar haben die Nordhessen keinen Titel eingefahren, dafür aber in Handball-Deutschland für Furore gesorgt.
"Wo liegt eigentlich Melsungen?" Diese Frage hat MT-Sportvorstand Michael Allendorf diese Saison des Öfteren gehört, nachdem er mit seinem Klub überregional für Schlagzeilen gesorgt hat. "Ein paar haben dann gesagt: 'Kenne ich von der A7, da fährt man kurz vor Kassel vorbei'. Aber mit erfolgreichem Handball wurden wir selten in Verbindung gebracht."
Das hat sich mit dieser Spielzeit definitiv verändert: Vize-Pokalsieger, dritter Platz in der Tabelle der Handball-Bundesliga und Teilnahme am Final-Four der European League. "Das macht uns auf jeden Fall stolz", zieht Allendorf ein Fazit im Gespräch mit dem hr-sport.
Melsungen wird zum "Gallien des Handballs"
Melsungen, was übrigens 20 Kilometer südlich von Kassel liegt und 14.000 Menschen beheimatet, hat sich innerhalb eines Jahres zum "Gallien des Handballs" entwickelt. Trainer Roberto Garcia Parrondo hat mit seinem Team regelmäßig die ganz Großen der Liga geärgert und auf sich aufmerksam gemacht. "Es war die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte", resümiert Allendorf. Freilich: Schon seit Jahren mühen sich die Nordhessen, in die Spitzengruppe der Liga vorzudringen, ganz überraschend kam der Erfolg dann auch wieder nicht. Auch finanziell gehören die Melsunger sicher nicht zu den Leichtgewichten der Liga.
Zumal es doch einen ziemlichen Makel gibt: Die Nordhessen konnten ihre Saison nicht mit einem Titel krönen - dabei waren gleich drei in greifbarer Nähe. "Dass es am Ende nicht gereicht hat, hat jeden einzelnen schon ein bisschen enttäuscht, aber das ist auch gut so. Weil, wenn man so knapp davor ist und nicht enttäuscht ist, ist man hier nicht richtig." Eine Aussage des 38-Jährigen, die auch zeigt: Die MT hat an gesundem Selbstbewusstsein gewonnen.
Die Leistungen der Nordhessen sind rückblickend noch höher zu bewerten, wenn man berücksichtigt, wie groß die Verletzungssorgen waren. "Wir hatten sieben Verletzte auf einen Schlag. Das hat uns natürlich zurückgeworfen", so Allendorf. Einer der Verletzten war Stammtorhüter Nebojsa Simic.
Knackpunkt und Lichtblick im Tor
"Wenn ein Spieler wie er in der entscheidenden Phase ausfällt, kann man das sportlich auch irgendwann nicht mehr kompensieren. Er bringt eine Qualität mit, die uns vielleicht am Ende in den entscheidenden Spielen gefehlt hat", betont der Sportvorstand.
Anstelle von Simic rückte zwischenzeitlich Routinier Carsten Lichtlein ins Tor der Melsunger. "Er ist vielleicht gar nicht mehr in der Lage, über Wochen 60 Minuten jedes Spiel Top-Leistung zu bringen, aber er kann uns mit seinen Emotionen - und wie er in der Mannschaft angenommen ist - in den entscheidenden Phasen weiterhelfen. Und das hat er gemacht."
Umbruch fällt bei der MT eher klein aus
Lichtlein hat bereits angekündigt, dass er auch in Zukunft bereitstehen wird, wenn er gebraucht wird. Ansonsten wird sich die MT mit Blick auf die kommende Saison nur auf ein paar Positionen verändern. Beispielweise wird Rückraumspieler Elvar Örn Jonsson nach Magdeburg wechseln. "Es ist kein Geheimnis, dass der Abgang wehtut. Er wird schwer zu ersetzen sein", so Allendorf. "Im besten Fall sind wir in Zukunft so weit, dass wir solche Spieler halten können."
Zu viel möchte der Sportvorstand der MT aber jetzt noch nicht über dieser Zukunftsmusik sprechen. Nur so viel: "Wir wollen uns weiter verbessern. Was am Ende rauskommt, werden wir sehen." Das nordhessische Gallien bleibt bodenständig. Das Rezept für den Zaubertrank scheinen sie in dieser Saison aber gefunden zu haben.