
Hessen Bahnverkehr: Frankfurt muss 190 Millionen Euro für Regionaltangente West nachlegen
Die neue Bahnverbindung Regionaltangente West wird teurer. Alle zehn beteiligten Kommunen schießen frisches Geld nach. Nun stockt auch Frankfurt seinen Anteil auf - per Nachtragshaushalt.
Eine Stahlbrücke am Frankfurter Stadion, eine Unterführung in Neu-Isenburg (Offenbach), eine Schneise im Wald bei Kelsterbach (Groß-Gerau), eine Grube am Rande von Frankfurt-Praunheim - der Bau der Regionaltangente West (RTW) wird an immer mehr Stellen sichtbar. Auf allen Abschnitten der neuen Bahnverbindung wird gebaut. Aber auch die Kosten steigen.
Zuletzt musste die Planungsgesellschaft die Summe auf 1,8 Milliarden Euro nach oben korrigieren. Für die zehn beteiligten Kommunen heißt das: Sie müssen rund 300 Millionen Euro nachschießen.
Fast alle Kommunen haben dem Kostenzuwachs schon zugestimmt, jüngst, wenn auch zähneknirschend, Neu-Isenburg. Nur Frankfurt hat noch nicht geliefert.
Die Stadt ist größte Anteilseignerin an der RTW und muss mit 189 Millionen Euro den mit Abstand größten Anteil schultern. Aus dem laufenden Haushalt sei das nicht zu machen, sagt Kämmerer Sebastian Bergerhoff (Grüne). Deshalb - und wegen Mehrkosten an anderer Stelle - will er dem Parlament noch im Juli einen Nachtragshaushalt vorlegen. Der Magistrat hat am Freitag bereits zugestimmt.
RTW-Planer warten aufs Geld
Horst Amann, der Chef-Planer der Regionaltangente West, braucht die Zusage aus Frankfurt möglichst bald. Die Baukosten werden zwar vom Bund und vom Land Hessen übernommen. Aber um Planungsaufträge vergeben zu können, brauche er Geld von den Kommunen. "Und das geht zur Neige", so Amann. Er hofft deshalb, dass das Frankfurter Stadtparlament die Mehrkosten und den Nachtragshaushalt im kommenden Monat verabschiedet.
Bisher steht in Frankfurt eine breite Mehrheit im Parlament hinter der neuen Bahnverbindung. Die 50 Kilometer lange Strecke, die von Bad Homburg durch den Frankfurter Westen bis nach Dreieich-Buchschlag (Offenbach) führen soll, gilt als verkehrspolitisch sinnvoll: Sie würde den S-Bahn-Tunnel und den Hauptbahnhof in der Frankfurter Innenstadt entlasten - ein Nadelöhr im Nahverkehrsnetz im Rhein-Main-Gebiet.

Kostenrisiko: Fahrzeuge und Betrieb
Was den Stadtverordneten weniger gefallen dürfte: Die Mehrkostenvorlage der Frankfurter Stadtregierung zählt mehrere Kostenrisiken auf. Da geht es zum Beispiel um die offene Frage, ob auch Langen (Offenbach) noch an die RTW angebunden wird. Das könnte das Projekt verteuern. Ebenfalls ungeklärt ist, wie viel der Betrieb der RTW kosten wird.
Die 1,8 Milliarden Euro Gesamtkosten, von denen bisher die Rede ist, decken nur den Bau der Strecke ab. Aber um mit der RTW fahren zu können, braucht es Fahrzeuge und einen Betreiber. Um beides will sich der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) kümmern, verspricht dessen Chef Knut Ringat.
Der RMV hat die Lieferung von rund 30 Fahrzeugen ausgeschrieben. Laut Ringat soll im Spätsommer ein Hersteller den Zuschlag bekommen. Mit Kosten von mehreren hundert Millionen Euro ist zu rechnen. Den Betrieb der Strecke will der RMV im kommenden Jahr ausschreiben. Ende 2028 könnten die ersten Fahrgäste in den neuen Bahnen unterwegs sein, so Ringat.
Plan B: Rumpfbetrieb mit alten S-Bahnen?
Die Beschaffung gilt als anspruchsvoll. Der Hersteller muss nämlich Fahrzeuge liefern, die sowohl im Schienennetz der Bahn fahren können als auch im Straßenbahnnetz, etwa in Frankfurt-Höchst. Die Netze haben unterschiedliche Stromsysteme, Signaltechnik und Bahnsteighöhen. Mit vorhandenen S- beziehungsweise Straßenbahnen ließe sich also immer nur ein Teil der Strecke befahren.
Aber genau dazu könnte es zum geplanten Betriebsstart Ende 2028/Anfang 2029 kommen. RTW-Chefplaner Horst Amann, sonst als Optimist bekannt, wappnet sich schon für den Fall, dass die Zwei-System-Bahnen nicht so schnell kommen wie gewünscht. Er sei in Gesprächen mit der Deutschen Bahn, um dann wenigstens Teilstrecken der RTW mit vorhandenen S-Bahnzügen befahren zu können.