
Hamburg Psychisch auffällige Personen: Hamburg will besseren Austausch
Hamburgs Innenbehörde will die länderübergreifende Zusammenarbeit im Zusammenhang mit psychisch erkrankten Menschen verbessern - und so das Gefährdungsrisiko durch diese verringern. Dafür will die Innenbehörde einen Beschlussvorschlag für die Innenministerkonferenz in Bremerhaven vorlegen.
Ende Mai hatte eine 39-jährige Frau am Hamburger Hauptbahnhof mit einem Messer um sich gestochen. Sie hatte 15 Menschen direkt mit dem Messer verletzt, drei weitere Personen erlitten andere Verletzungen. Die Frau war am Tag vor der Tat aus einer psychiatrischen Klinik in Niedersachsen entlassen worden und schon zuvor durch Gewalttaten aufgefallen. Mit einem besseren, länderübergreifenden Austausch will Hamburg nun dafür sorgen, die Risiken solcher Taten zu minimieren. Dafür sollen sich unter anderem Sicherheits- und Gesundheitsbehörden besser abstimmen, sagte Daniel Schaefer, Sprecher der Hamburger Innenbehörde.
Innenbehörde: Polizei muss Zugriff auf Daten bekommen
"Relevante Erkenntnisse zu psychischen Erkrankungen müssen den zuständigen Behörden, das heißt eben auch der Polizei, zugänglich und ein Datenaustausch möglich gemacht werden", so Schaefer. Der Hamburger Vorschlag nehme Bezug auf den Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung. Demnach soll die frühzeitige Erkennung entsprechender Risiken bei Menschen mit psychischen Auffälligkeiten sichergestellt werden. Dazu soll eine gemeinsame Risikobewertung und ein behördenübergreifendes Risikomanagement eingeführt werden.
Bundesweite Einrichtung für Risikobewertung gefordert
"Wir regen außerdem ein nationales Kompetenzzentrum für Risikobewertung an", so Schaefer weiter. Dieses solle neben polizeilicher auch psychologische Expertise bündeln. Da viele Gewalttäter oder -täterinnen zuvor schon in einem anderen Bundesland auffällig waren, wäre so ein Zentrum laut Innenbehörde eine sinnvolle Hilfe.
Hamburg hat bereits ein Kompetenzzentrum
In Hamburg ist ein solches Kompetenzzentrum für Risikobewertung (KORIS) im Oktober 2024 eingerichtet worden. Neben Kriminalbeamtinnen und -beamten, Psychologen und Psychologinnen sitzt dort auch auf Recherche spezialisiertes Personal - insgesamt etwa 30 Personen. Sie bekommen laufend Hinweise zu psychisch auffälligen Menschen, die sie bewerten müssen. Den Anstoß dazu hatten damals Vorfälle wie die Amoktat bei den Zeugen Jehovas in Alsterdorf im März 2023 oder die Messerattacke im Zug bei Brokstedt im Januar 2023 gegeben.
Messerattacke dennoch nicht verhindert
Die Attacke am Hauptbahnhof konnte das KORIS aber nicht verhindern. Möglicherweise aus genau dem Grund, dass ein Austausch von Informationen über die Landesgrenzen hinweg noch nicht klappt. Die Frau war zwar in verschiedenen Bundesländern aufgefallen. Eventuell fehlte aber genau die eine Stelle, die diese Vorkommnisse bewertet. Im Hamburger Kompetenzzentrum gab es laut Innenbehörde keinen Hinweis auf die Frau.
Verpflichtende Therapien und überwachte Medikamenteneinnahme
Über ein Kompetenzzentrum hinaus müsse geprüft werden, wie unterhalb der Schwelle einer gerichtlich angeordneten Unterbringung - für die es hohe Hürden gibt - zusätzliche Optionen rechtssicher verankert werden könnten. Als Beispiele nannte der Behördensprecher verpflichtende Therapieangebote oder die verbindliche Einnahme von Medikamenten unter Aufsicht nach einer geschlossenen Unterbringung.
Bund Deutscher Kriminalbeamter begrüßt Vorschläge
Jan Reinecke vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) begrüßt den Vorschlag der Innenbehörde, dass Sicherheits- und Gesundheitsbehörden gemeinsame Maßnahmen abstimmen, wenn bei psychisch kranken Menschen ein Gefährdungsrisiko besteht. So ein nationales Kompetenzzentrum nach Hamburger Vorbild sei der richtige Weg, so Reinecke. Man müsse den erkrankten Menschen aber auch niedrigschwellige Angebote machen, wenn sie aus einer Klinik entlassen werden, so der Hamburger BDK-Vorsitzende.
Thema auch bei Gesundheitsministerkonferenz
Neben der Innenministerkonferenz beschäftigt sich parallel auch die aktuelle Gesundheitsministerkonferenz in Weimar mit dem Thema. Laut Schaefer geht es darum, eine Vereinbarung zum Austausch von Informationen zwischen Sozialbehörden, Justizbehörden und der Polizei zu verabreden. Das betreffe auch sensible Informationen und Patientendaten. "Wir brauchen ein solches Risikomanagement zur Gefahrenabwehr", so Schaefer zu NDR 90,3.
Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 11.06.2025 | 17:00 Uhr