Daniel Kaiser und Heikedine Körting zeigen ein Buch

Hamburg Podcast "Feel Hamburg" mit Hörspielproduzentin Heikedine Körting

Stand: 11.06.2025 05:00 Uhr

Ein Besuch bei der Grande Dame des deutschen Hörspiels - und ein Blick hinter die Kulissen eines Ortes, an dem Generationen von Kindheitserinnerungen entstanden.

Wenn man das große schmiedeeiserne Tor zur weißen Jugendstilvilla im Hamburger Stadtteil Harvestehude durchschreitet, betritt man nicht einfach nur ein Haus - man betritt ein Universum. Hier, in der einst von Stararchitekt Martin Haller erbauten Villa, produziert Heikedine Körting seit mehr als fünf Jahrzehnten Hörspiele, die Millionen Kinder - und längst auch Erwachsene – geprägt haben. "Feel Hamburg" Host Daniel Kaiser nimmt seine Hörerinnen und Hörer mit an diesen magischen Ort: das "Märchenschloss des Hörspiels".

Ein Ort voller Stimmen, Erinnerungen und Musik

Die Räume sind gefüllt mit Geschichte - nicht nur architektonisch, sondern akustisch. Überall stehen Erinnerungsstücke aus Jahrzehnten erfolgreicher Produktion: Requisiten, die bei "Die drei ???", "TKKG" oder "Hui Buh, das Schlossgespenst" eine Rolle gespielt haben, sorgfältig verwahrt neben den Originalbändern der Serien. Dazwischen: eine spektakuläre Sammlung historischer Musikinstrumente, darunter eines der wenigen noch existierenden Duplex-Pianos - ein seltenes Unikat, dessen doppelter Resonanzboden einen fast geisterhaften Klang erzeugt.

Diese Mischung aus Originalität und Liebe zum Detail war stets das Markenzeichen der Produzentin. "Was bei uns aufgekommen ist, ist das sogenannte Action-Hörspiel, wo richtig was los ist. Dass nicht ein Erzähler alles erzählt oder etwas nur mit verteilten Rollen gesprochen wird", erklärt Körting im Gespräch. Ihre Produktionen leben von Atmosphäre, echten Kinderstimmen, spannungsgeladener Musik und pointiert eingesetzten Geräuschen. "Ich habe damals mit Begeisterung Rundfunk-Hörspiele gehört. Und da habe ich schon immer gedacht, wenn zum Beispiel Kinderrollen von Erwachsenen gesprochen wurden, dass die Kinder sprechen müssten, wenn ich mal welche mache. Da müssen mehr Geräusche rein, da muss Musik rein. Ich glaube, das war schon das Besondere daran."

Respekt, Rituale und Rollenverständnis

In den Studios herrscht dabei eine besondere Form der Professionalität - eine, die mit Nähe, aber auch mit Distanz zu tun hat. "Ich war ja mindestens zehn, zwanzig Jahre älter als die Hörspielkinder. Da war ich natürlich für sie eine erwachsene Frau, und das ist immer so geblieben. Ich habe sie als Kinder geduzt und alle, die ich von Kind auf kenne, duze ich auch heute noch. Aber sonst duze ich alle anderen Schauspieler nicht. Wir haben immer noch das 'Sie', was auch ein bisschen mit Respekt zu tun hat, finde ich."

Diese Haltung hat sie sich über all die Jahre bewahrt, genau wie ihre Liebe zu den klassischen Reihen. "Ich arbeite natürlich weiter. Neuere Sachen würde ich sowieso nicht übernehmen. Die produziert die Firma von vornherein mit allen möglichen anderen Studios. Aber meine Hörspielreihen - und das waren ja auch eine Weile die Haupt-Gewinnbringer - die mache ich weiter." Doch auch Körting kennt die Verantwortung, mit einer langen Erfolgsgeschichte in die Zukunft zu blicken: "Ich habe aber auch schon gesagt, wenn ihr meint, dass das jetzt vielleicht in anderen Händen besser ist, dann muss es so sein. Ich will der Firma nicht das Gefühl geben, da dürfen wir nicht daran rütteln."

Heikedine Körting (l.), Produzentin, und Manuela Dahm, Sprecherin, sitzen am 13.11.2022 während eines Fototermins zu 50 Jahre "Hanni und Nanni"-Hörspiele im Tonstudio am Hamburger Rothenbaum. Die Enid-Blyton-Adaption über die frechen Zwillinge war die erste eigenproduzierte Serie der Hörspiel-Ikone Heikedine Körting.

Sprecherin Manuela Dahm ist eines der Hörspielkinder, mit denen Heikedine Körting gearbeitet hat - in der Reihe "Hanni und Nanni"

Zwischen Golfplatz und Geschenkpapier

Privates hält Heikedine Körting meist im Hintergrund - doch im Podcast gewährt sie einen amüsanten Einblick in ihre sehr persönliche Beziehung zu Überraschungen: "Meine Familie plant zu meinem Geburtstag eine Überraschung. Aber ich hasse Überraschungen. Ich möchte wissen, worauf ich mich freuen kann. Ich kann es ja auch bis dahin wieder vergessen. So ist es auch bei Geschenken. Ich packe sie lieber vorher schon mal aus und packe sie wieder ein." Was wie eine charmante Schrulle klingt, ist in Wahrheit Ausdruck von Kontrolle, die sie sich als Produzentin über Jahrzehnte bewahrt hat - auch an ihrem Geburtstag: "Nicht dass ich mich an meinem einzigen freien Tag des Jahres hier im Nachthemd tummele oder in Jogginghosen auf meinem Golfplatz bin und dann kommt da 'Überraschung!' Nee, das ist nichts für mich.“

Das Märchen geht weiter

Dass Heikedine Körting längst zu einer Legende geworden ist, würde sie selbst wohl nie sagen. Aber wer mit ihr durch die Räume der Villa geht, zwischen antiken Instrumenten, Geräuscharchiven und Hörspielbändern, der spürt: Hier entsteht nicht einfach nur Unterhaltung – hier wird Kulturgeschichte gemacht. Und zwar seit Jahrzehnten, mit der Stimme, dem Herz und dem Ohr einer Frau, die für viele Generationen das Abenteuer hörbar gemacht hat.

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Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 | "Feel Hamburg" | 11.06.2025 | 20:00 Uhr