Szene aus dem Duell HSV - Eimsbütteler TV aus der letzten Bundesliga-Saison der B-Juniorinnen

Hamburg NFV gründet Regionalliga für B-Juniorinnen - aber nicht alle machen mit

Stand: 13.06.2025 10:12 Uhr

Der Norddeutsche Fußball-Verband (NFV) hat auf den Wunsch vieler Clubs reagiert und gründet zur neuen Saison eine B-Juniorinnen-Regionalliga. Dabei hatte der DFB nach der Abschaffung der Bundesligen einen anderen Weg empfohlen - und auch nicht alle Vereine machen bei der neuen Regionalliga mit.

Von Florian Neuhauss

Der Hamburger SV und Werder Bremen, aber auch der FC St. Pauli, Holstein Kiel, die SpVg Aurich und sogar Hertha BSC: Die Regionalliga des NFV kommt wie eine U17-Bundesliga in neuem Gewand daher. Und das nur ein Jahr, nachdem der DFB die drei Bundesligen abgeschafft hatte, weil der Verband die Talente nicht bestmöglich gefördert sah.

Die Teams in der neuen Regionalliga der B-Juniorinnen

  • SpVg Aurich
  • Eimsbütteler TV
  • Hamburger SV
  • Hannover 96
  • Hertha BSC *
  • Holstein Kiel
  • SV Meppen
  • Osnabrücker SC
  • SV Werder Bremen


(* Teilnahme durch die Bestätigung des Regionalverbandes Nordost möglich)

"Wir freuen uns, dass es nun wieder einen eigenständigen Liga-Betrieb für Juniorinnen in Norddeutschland gibt", freut sich die Frauenfußball-Koordinatorin Saskia Breuer vom HSV und fügt hinzu: "Das ist eine wichtige Grundlage, um unsere Talente gezielt zu fördern und fordern zu können."

Sabine Mammitzsch erklärte in ihrer Rolle als Vorsitzende des Norddeutschen Frauen- und Mädchenausschusses: "Wir haben mit den interessierten Teams ein neues Wettbewerbsformat geschaffen und es wird spannend zu sehen, wie sich die U17-Regionalliga in der nächsten Saison entwickelt."

DFB sieht sich in seiner Entscheidung bestätigt

Mammitzsch ist allerdings zugleich Vizepräsidentin beim DFB. Und der Verband hatte den Vereinen im vergangenen Jahr empfohlen, ihre U17-Teams im Regelspielbetrieb gegen Jungen antreten zu lassen. Um die Mädchen auch untereinander die Kräfte messen zu lassen, rief der Verband erstmals einen DFB-Pokalwettbewerb in der Altersstufe ins Leben. Zunächst für zwei Jahre. Außerdem zertifizierten die Regelhüter erstmals Förder- und Leistungszentren bei den Mädchen, um die Ausbildung der Talente auf ein anderes Niveau zu heben.

Und Ulrike Ballweg, die beim DFB als Sportliche Leiterin für Talentförderung bei den Frauen und Mädchen zuständig ist, sieht in ihrem Zwischenfazit im Gespräch mit dem NDR den Verband in seiner Entscheidung erst einmal bestätigt: "Von unserer Seite fällt das Fazit soweit positiv aus. Unsere Meinung ist weiterhin, dass die Spiele gegen die Jungen für die Entwicklung der Spielerinnen eine gute Möglichkeit sind, sich weiterzuentwickeln."

Hamburgs Breuer hat eine andere Meinung: "Rückblickend hat sich diese Übergangslösung mit Blick auf die nachhaltige Weiterentwicklung unserer Spielerinnen nicht als optimal erweisen, weil der kontinuierliche Leistungsvergleich mit anderen weiblichen Nachwuchsteams fehlte."

Regionalliga für die Unzufriedenen - andere sehen Mehrwert

Dass sich besonders im Norden großer Unmut regte, hatte Ballweg "zur Kenntnis genommen". Schon in der abgelaufenen Saison war eine "Talentliga" ins Leben gerufen worden, in der Mädchenteams zumindest zu ein paar Spielen gegeneinander antraten. Dass der NFV nun mit der Gründung der neuen Liga reagiert hat, findet Ballweg einerseits "vollkommen legitim".

Freudensprünge wie einst an der Seitenlinie als Co-Trainerin unter Silvia Neid bei der Nationalmannschaft löst die Entscheidung allerdings nicht aus. "Wir können niemanden zwingen. Aber wir sagen auch nicht: 'Jawohl, da sollen alle rein'", erklärt Ballweg. Leben könne man mit jeder Entscheidung, "zumal viele Clubs in Deutschland im Junioren-Spielbetrieb bleiben und da einen Mehrwert für sich sehen".

Wolfsburger U17 bleibt im Jungen-Spielbetrieb

Daniel Kraus vom VfL Wolfsburg zum Beispiel bewertet die zurückliegende Saison in der U15-Landesliga der Jungen durchaus positiv. Der Nachwuchschef sieht eine "Entwicklung der einzelnen Mädels und eine Entwicklung des Teams". Deshalb wird Wolfsburg auch nicht an der Regionalliga teilnehmen. "Wir glauben, dass wir die Entwicklung unserer Mädchen bei den Jungen besser vorantreiben können als in der aktuell dann qualitativ breit gemischten Regionalliga", erklärt Kraus.

Das heißt allerdings nicht, dass er den Status quo gut findet. Kraus berichtet von "extrem vielen Terminen und einem großen logistischen und organisatorischen Aufwand" in der abgelaufenen Saison. Denn die "Talente-Runde" und die Pokalspiele galt es erst einmal mit dem Terminkalender der Jungen in Einklang zu bringen.

Pubertät bei den Jungen macht Mädchen das Spielen schwer

Doch nicht nur dieser Aufwand hat die "Unzufriedenen" dazu veranlasst, wieder eine Mädchen-Liga zu gründen. Die Vergleiche mit den Jungen in diesem Alter haben für die Mädchen einen nicht unwesentlichen Haken. Denn die Jungs in der U15 machen im Laufe der Saison in der Regel einen großen Schritt in ihrer körperlichen Entwicklung. Die Pubertät schlägt voll zu. Und so trafen Deutschlands talentierteste Mädchenteams in der Rückrunde im Prinzip auf neue Gegner - und kassierten mitunter herbe Niederlagen.

Nachwuchschef Daniel Kraus vom VfL Wolfsburg

Wolfsburgs Nachwuchschef Daniel Kraus sieht Für und Wider bei den Duellen mit den Jungen.

"Es ist nicht gut für das Selbstbewusstsein, wenn man gegen die NLZ-Teams der Jungen fast zweistellig verliert - und auch ansonsten eher selten Spiele gewinnt", blickt auch Kraus auf die erste Saison in der Landesliga der U15-Jungen zurück, die für die "Wölfinnen" mit dem Abstieg endete.

Die Schweiz geht einen Sonderweg

Dass es auch anders geht, zeigt sich in der Schweiz, wo viele Nachwuchsfußballerinen sogar im "Spitzenfußball" der Jungen mitspielen können - was sie maximal fördert. In unserem Nachbarland wurden die Erfahrungen mit den Folgen der Pubertät bereits vor vielen Jahren gemacht und daraus die entsprechenden Schlüsse gezogen: Die besten Mädchen-Teams spielen in der Hinrunde gegen Jungen in der Region und in der Rückrunde landesweit gegen die Nachwuchsabteilungen der Clubs aus der Ersten Liga der Frauen.

"Der Schweizer Fußball-Verband und auch die Clubs sind sehr überzeugt von diesem Modell", berichtet der Sportliche Leiter André Malinowski vom SC Freiburg, der allein schon aufgrund der räumlichen Nähe beste Kontakte zum FC Basel und anderen Schweizer Vereinen unterhält. "So wie wir es mitbekommen, wurden da sehr gute Erfahrungen gemacht."

"Ich fände das Schweizer Modell interessant. Aber ich habe das Gefühl, dass wir Deutschen die Dinge erst mal selbst machen müssen. Anstatt zu schauen, was es für andere Erfahrungen gibt, durch die wir den Weg abkürzen können."
— Nachwuchsleiter Daniel Kraus vom VfL Wolfsburg

Auf diese Erkenntnisse machten auch Ballweg und Co. in den Ergebnissen ihrer Arbeitsgruppe "Projekt Zukunft" aufmerksam, in der sie verschiedene Reformmöglichkeiten erarbeitet hatten. "Die Vorschläge sind aber leider nicht durch die Gremien mit den Regional- und Landesverbänden gekommen", erklärt Ballweg.

Sehr zum Leidwesen vieler Mädchen. Doch anders als die Clubs im Norden, die nun der neuen Regionalliga beitreten, kündigt auch Freiburgs Malinowski an, weiter im Jungenspielbetrieb zu bleiben. "Wir sehen aktuell für uns keine bessere Möglichkeit", erklärt Malinowski, der schon die Qualität in den Bundesligen insgesamt kritisch sah. Die U17 des SCF war im ersten Jahr bei den U15-Jungen von der Auf- und Abstiegsregelung befreit, hätte in der Landesliga aber auch so die Klasse gehalten.

Nachwuchsleistungszentren bei den Mädchen als Hoffnungsträger

Große Hoffnungen sind beim DFB mit den Leistungs- und Förderzentren bei den Juniorinnen verbunden. In Zukunft wäre - wie zu dieser Saison bei den U17- und U19-Teams der Jungen eingeführt - ein Spielbetrieb zwischen diesen Zentren denkbar. Das Problem: Gerade einmal sechs solcher Zentren gibt es im Mädchenbereich bisher. Eine Verpflichtung, ein NLZ für Mädchen zu betreiben, gibt es bisher für die Clubs nicht. Allerdings nennt Ballweg es als Ziel, dass ein solches Zentrum in absehbarer Zeit Teil der Zulassungsvoraussetzungen für die Frauen-Bundesliga wird.

Bis Ende September können sich in dieser Saison die übrigen Clubs um die Zertifizierung bewerben. Und es gibt durchaus Interesse. Ballweg berichtet von "mehr als 25 Vereinen", die im Frühjahr bei einer Informationsveranstaltung des DFB waren. So könnte neuer Schwung in die Reform kommen.

"Gemischter Spielbetrieb" als Lösung für beste Förderung?

Und wohin soll der Weg dann führen? Die Sportliche Leiterin des DFB erklärt: "Wir sind nicht abgeneigt, im Juniorinnen-Bereich perspektivisch Nachwuchsligen einzuziehen - ein Model, dass eine Kombination aus Wettspielen mit Juniorinnen- und Juniorenteams beinhaltet, wäre beispielsweise gut denkbar", erklärt Ballweg. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass es "ausreichend anerkannte DFB-Leistungs- und Talentförderzentren" im Mädchen-Bereich gebe. Er dann könne "dort ein entsprechender Spielbetrieb auf die Beine gestellt werden".

Angesichts des Föderalismus im Fußball hat Malinowski allerdings große Zweifel daran, dass sich ein solcher gemischter Spielbetrieb wird umsetzen lassen: "Es ist die Frage, ob man flexibel genug ist, den Spieltrieb über die Verbandsgrenzen hinweg dem Ziel 'bestmögliche Talentförderung' anzupassen. Und es ist offenbar sehr schwierig sich aus den alten Strukturen herauszubewegen." In Sachen Körperlichkeit sei eine ganze Saison bei den Jungen jedenfalls "grenzwertig".

Deshalb hofft der Freiburger darauf, dass "man es hinbekommt, einen sehr hochwertigen B-Mädchen-Wettbewerb zu schaffen". Dieser war aus seiner Sicht aber auch zu Bundesliga-Zeiten nicht gegeben. Und es dürfte Jahre dauern, bis sich durch die Nachwuchszentren eine spürbare Veränderung einstellt.

Kraus könnte sich "Champions-League-Format" vorstellen

Wolfsburgs Kraus könnte sich ein "Champions-League-Format" vorstellen, in dem die besten deutschen Mädchenteams zunächst in regionalen Gruppen gegeneinander antreten. Das sich aus den Nachwuchsleistungszentren in den kommenden Jahren ein Ligabetrieb entwickelt, ist auch für ihn nicht absehbar. "Die NLZ-Welt muss erst mal wachsen."

Und so wird er die neu gegründete Regionalliga genau im Blick haben - gerade in Sachen Qualität der Spiele. Denn alle Clubs haben laut Kraus dasselbe Ziel: "Wir wollen die Ausbildung verbessern."

Dieses Thema im Programm:
Sport aktuell | 16.06.2025 | 15:17 Uhr