
Hamburg Hamburg Ballett: Das Ensemble soll Volpis Nachfolge mitbestimmen
Nach der Trennung von Demis Volpi vom Hamburg Ballett steht Kultursenator Brosda in der Kritik. Wie kam es zur Berufung Volpis, trotz zahlreicher Vorwürfe? Und wie geht es weiter mit einem der renommiertesten Ballettensembles?
Aus und vorbei. Statt auf Spitze tanzt das Hamburg Ballett nun auf einem Trümmerhaufen. Die Intendanz von Demis Volpi war ein neun Monate kurzes Zwischenspiel - mit vielen Verlierern. Marie Kleinert (Die Linke) vom Kultur- und Medienausschuss ordnet die Krise ein: "Für Hamburg bedeutet das einen Imageschaden. Für Kultursenator Carsten Brosda einen Schaden in Hinblick auf Vertrauen. Denn eine öffentliche Aufgabe ist, diese Findungskommission zu belegen und da jemanden zu finden, der die Stelle besetzt, die ja auch mit Steuergeldern finanziert wird."
Auch Kritik von der AfD
Auch von der AfD gibt es Kritik. Der Kulturpolitische Sprecher der AfD-Fraktion Eugen Seiler äußerte zu den Vorfällen: "Kultursenator Brosda muss sich die Frage gefallen lassen, wie es zu der Einstellung Volpis angesichts der vielen schweren Vorwürfe überhaupt kommen konnte. Das Positive ist, dass es zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung kam. Es ist der erste Schritt, damit Ruhe einkehren und ein Neuanfang erfolgen kann."
Den Nachfolger von John Neumeier hatte der Kultursenator Carsten Brosda gemeinsam mit einer Findungskomission ausgewählt. Tänzerinnen und Tänzer waren nicht einbezogen.
Kultursenator Brosda äußert sich erstmals im Interview mit dem NDR
Bislang gab es in der Causa Volpi lediglich ein schriftliches Statement von Kultursenator Brosda - nun hat er sich im Interview mit dem NDR erstmals geäußert. Im Fokus stand dabei unter anderem die Frage, wie die Wahl auf Demis Volpi fallen konnte, da es offenbar auch in Düsseldorf, wo Volpi vor seiner Arbeit in Hamburg tätig war, Probleme mit seinem Führungsstil gab. Brosda bedauert: "...dass wir es nicht geschafft haben, eine belastbare Grundlage zu schaffen, dass die Findung, die vor mehreren Jahren stattgefunden hat, sich natürlich auch umfassend mit der Frage beschäftigt hat, wie ist vorher gearbeitet worden, da ja auch Menschen aus dem Hamburg Ballett in Düsseldorf am Ballett gewesen sind, dort gearbeitet haben und die Empfehlung ausgesprochen haben - auch für diese Wahl."
Brosda: Erst die Situation klären, dann Pläne für die Zukunft schmieden
Brosda sagte, man sei aktuell dabei zu sortieren, wie jetzt mit der Situation umzugehen sei und er wolle jetzt vor allem nach vorne blicken: „Für uns ist die entscheidende Frage: Wie können wir in die Zukunft gehen? Wie können wir mit dem Hamburg Ballett eine Zukunft gestalten, die tatsächlich den Auftrag erfüllt, der ja immer noch darin besteht, das Neumeier‘sche Erbe auf der einen Seite zu bewahren und auch die Erneuerung der choreografischen Sprachen in der Compagnie weiter fortzusetzen. Das wird die Aufgabe für diejenigen bleiben, die jetzt interimistisch arbeiten, und dann auch für die künftige Leitung“.
Das Ensemble bei der Neuausrichtung mitnehmen
Seit Dienstag ist Demis Volpi freigestellt. Die Fußstapfen von John Neumeier seien sehr groß, sagt Arne Platzbecker (SPD), Vorsitzender des Kultur- und Medienausschusses: "Das alles zu vereinen ist schwer, jemanden, der neue, kreative Ideen reinbringt, aber auch das Alte bewahrt. Denn natürlich hat Hamburg nach 51 Jahren John Neumeier eine Tradition. Ich glaube, dass man sich daran abarbeiten und sich nochmal neu in Ruhe zurücknehmen muss. Um zu gucken, wie können wir das machen? Und auch die Tänzerinnen und Tänzer mitnehmen."
Volpi-Inszenierungen vom Spielplan gestrichen
Bis ein neuer Nachfolger gefunden ist, sollen drei Personen übernehmen: Der stellvertretende Ballettintendant Lloyd Riggins, Ballettbetriebsdirektor Nicolas Hartmann und die stellvertretende Direktorin der Ballettschule Gigi Hyatt. Keine einfache Aufgabe. Alle Stücke von Demis Volpi sind ab sofort vom Spielplan gestrichen, Gastspiele und Tourneen müssen neu geplant werden. Die Bürgerschaftsabgeordnete Kaja Steffens (CDU) glaubt, dass ein solch phantastisches Ensemble dadurch nicht in die Knie gehen werde und stattdessen "hoffentlich auch gestärkt und mit Selbstbewusstsein in diese neue Findungsphase hineingeht. Das wünschen wir uns alle für das Ballett." Worin sich alle einig sind: Die Trennung zwischen Demis Volpi und dem Hamburg Ballett war der richtige Schritt.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Hamburg Journal | 11.06.2025 | 19:30 Uhr