
Bremen Bremer Finanzsenator: Sparen ohne Zumutungen? Das geht nicht
Bremen muss beim Haushalt 2026/2027 massiv sparen. Von den Betroffenen und der Opposition kommt scharfe Kritik. Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) verteidigt das Vorgehen.
Bremens Kassen sind leer – und das mehr denn je. Weil die Steuereinnahmen für das Land Schätzungen zufolge sinken, fehlen für die Jahre 2026 und 2027 jeweils rund 50 Millionen Euro. Nun hat der Koalitionsausschuss massive Sparmaßnahmen angekündigt. Wieso an welcher Stelle gespart und wo investiert werden soll, erklärt Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) im Interview.
Herr Fecker, nehmen Sie uns doch mal mit in diese Verhandlungsrunden – nach welchen Kriterien sind Sie vorgegangen, dass beispielsweise Häfen und Bildung den Zuschlag bekommen haben?
Wir haben im Koalitionsausschuss über mehrere Tage um die Frage gerungen, was die Schwerpunkte sein sollen. Aber auch, an welchen Stellen wir zu Einschnitten kommen müssen – um nicht nur die Schwerpunkte zu finanzieren, sondern auch um das Defizit auszugleichen. Am Ende ist uns ein ausgeglichenes Paket gelungen – sowohl bei der Belastung als auch bei den Schwerpunkten.
- Die Wochenarbeitszeit für Beamte wird um eine Stunde auf 41 Stunden wöchentlich erhöht – ohne Lohnausgleich
- Die Freikarte kann ab 2026 nicht mehr auf Volksfesten zum Bezahlen eingesetzt werden
- Die Sanierung des Domshofs in der Bremer Innenstadt wird verschoben
- Die Vergnügungssteuer für Spielautomaten wird auf 25 Prozent angehoben
- Organisationen, Vereine oder Einrichtungen, die für ihre Arbeit Geld vom Staat bekommen, erhalten im kommenden Jahr keinen Inflationsausgleich
Was sagen Sie den Verlierern der Sparmaßnahmen – etwa den Beamten, die mehr arbeiten sollen?
Es ist vollkommen klar, dass wir auch Zumutungen beschlossen haben. In der ersten Runde haben wir vor allem bei den Bürgerinnen und Bürgern die Gebühren erhöht. Jetzt haben wir uns dazu entschieden, dass auch der Staat seinen Beitrag leisten muss. Deswegen werden wir die Arbeitszeit für die Beamtinnen und Beamten um eine Stunde erhöhen.
Ist es das richtige Zeichen, in Zeiten von fehlenden Polizisten, Lehrkräften und überarbeiteten Richtern die Arbeitszeit anzuheben?
Lassen Sie mich Ihnen sagen, unter welchen Rahmenbedingungen wir diesen Haushalt aufstellen: Wir haben eine Wirtschaftskrise, wir haben sinkende Steuereinnahmen – wir haben eine Einnahmekrise der öffentlichen Haushalte. Da gilt es nun, die Notwendigkeiten und Sparmaßnahmen in Einklang zu bringen.
... aber es gibt eben auch die überlasteten Polizistinnen und Polizisten und die Richterinnen und Richter.
Wir werden auch da weiterhin zu einem Personalaufwuchs kommen. Das sieht das Personalkonzept vor. Aber wir haben eben Bereiche, in denen wir Personal einsparen: Die Erhöhung der Arbeitszeit bringt 260 Stellen. Die werden wir gut gebrauchen können in den nächsten Jahren.
Für wie lange wird das gelten?
Wir werden das Gesetz jetzt auf den Weg bringen, da werden natürlich alle Interessensvertretungen auch ihre Stellungnahmen abgeben. Dann wird es im parlamentarischen Ausschuss beraten. Aber das Gesetz ist erst einmal unbefristet.
Wie sollen soziale und kulturelle Einrichtungen die Belastungen stemmen, wenn sie keinen Inflationsausgleich bekommen?
Wir haben bewusst gesagt, dass es diese Nullrunde ausschließlich im Jahr 2026 geben soll – weil das auf Dauer keine Maßnahme ist. Für 2026 halten wir diesen Schritt für notwendig. Weil wir eben weiterhin in die Bildung investieren, weil wir aber auch zum Beispiel in den Stadtteilen die Arbeitsmarktförderung zumindest in Teilen erhalten wollen. Das sind wichtige Projekte für Alleinerziehende, für Langzeitarbeitslose, und so müssen wir es am Ende irgendwie gemeinsam hinkriegen.
Schließlich zur Freikarte: Die bleibt, aber ohne Volksfeste. Dort haben die Kinder und Jugendliche in der Vergangenheit ihre Karte ja am meisten genutzt.
So etwas ist natürlich immer ein Kompromiss. Noch einmal: Wir werden nicht sparen, ohne dass es niemand merkt. Dieser Illusion können wir uns nicht hingeben.
Aber wo genau wird bei der Freikarte denn gespart, wenn sie auf Volksfesten nicht mehr eingesetzt werden darf?
Wir haben damit wahrscheinlich ein geringeres Ausgabevolumen im Bereich der Freikarte. Vielleicht haben wir es auch nicht, das werden wir sehen. Bei den einzelnen Maßnahmen können wir jetzt noch nicht konkret alles beziffern.
Der Opposition gehen die Sparmaßnahmen noch nicht weit genug. Die FDP spricht etwa von einem Mogelpaket, die CDU nennt das Paket keinen echten Sparhaushalt. Sie kündigen Schweiß, Blut und Tränen an – und der Opposition reicht es nicht.
Willkommen in meiner Welt. Auf der einen Seite haben wir die Betroffenen und wie sie auf die Entscheidung des Senats reagieren. Auf der anderen Seite die Opposition, der es gar nicht hart genug sein kann. Wir haben ein begrenztes finanzielles Budget – und damit müssen wir klarkommen. Wir haben keine weiteren Möglichkeiten mehr.
Und was ist, wenn das dicke Ende gar nicht kommt – ist das eher ein Drohszenario oder Wirklichkeit?
Wir haben uns ja nicht mehrere Tage beraten, um am Ende des Tages dann die Fahne einzurollen und zu sagen: "Wir hatten mal eine gute Idee". Noch einmal: Wir müssen einen verfassungskonformen Haushalt aufstellen, bei dem Einnahmen und Ausgaben in einem gesunden Verhältnis stehen. Wenn wir in einigen Bereichen mehr Geld ausgeben wollen, müssen wir entsprechende Einschränkungen in anderen machen – sonst geht es mathematisch nicht auf.
Das Interview führte Lea Reinhard für buten un binnen. Für butenunbinnen.de hat Jean-Pierre Fellmer es aufgeschrieben und redigiert.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 11. Juni 2025, 19:30 Uhr