
Brandenburg Plattform der Handwerkskammer: Wie die Cottbusser "Nachfolgezentrale" Unternehmen hilft
Rund 2.500 Betriebe benötigen in Südbrandenburg Nachfolger. Seit einem halben Jahr will die Handwerkskammer Cottbus (HKW) mit der Plattform "Nachfolgezentrale" Unternehmer und Nachfolge-Interessierte zusammenbringen.
rbb: Anja Beck, wer hat sich in den letzten sechs Monaten in der Nachfolgezentrale gemeldet?
Beck: Wir sind nach den ersten sechs Monaten wirklich auf einem richtig guten Weg. Es haben sich über 320 potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger aus Brandenburg bei uns gemeldet. Auf der anderen Seite haben wir aktuell rund 200 Betriebe, die nach einer Nachfolge für ihr Lebenswerk suchen. Es gibt bereits ein ähnliches Projekt in Mecklenburg-Vorpommern und da ist es tatsächlich auch so, dass mehr Nachfolgeinteressierte auf der Plattform sind. Das war auch der Grund, warum wir uns in Brandenburg dafür entschieden haben das Modell zu übernehmen. Sonst war es immer genau umgedreht – es gab mehr Abzugebende als Nachfolgeinteressierte. Wir sind begeistert, dass wir so viele Leute haben, die sich bei uns melden, vor allem auf der Seite der Nachfolgeinteressierten. Das ist ein Zeichen dafür, dass tatsächliches Interesse an der unternehmerischen Selbstständigkeit besteht.
Gibt es eine Tendenz unter den teilnehmenden Branchen?
Bei den Betrieben, die nach einer Nachfolge suchen, geht es vor allem um Handwerksbetriebe aus der Baubranche. Ansonsten sind auch Betriebe im Dienstleistungsbereich und im Handel sehr stark vertreten. Uns freut insbesondere, dass wir über die Onlineplattform bereits erste konkrete Kontakte zwischen Übergebern und Nachfolgern herstellen konnten. Mittlerweile haben wir eine gewisse Anzahl an Interessenten auf dem Portal, sodass sich auch Überschneidungen ergeben. Diese führen wir dann im ersten Schritt über einen anonymisierten Kontakt zusammen.
Wie viele Betriebe begleiten sie aktuell?
Im Moment begleiten wir fünf Kontaktanbahnungen. Nach der Eintragung im Portal erfolgt ein Willkommensanruf, unsere Mitarbeiter suchen das Gespräch und vervollständigen gegebenenfalls die Angaben.
Manchmal weiß man ja gar nicht, was man da jetzt ausfüllen soll oder was gemeint ist. Um ein ordentliches Match auch organisieren zu können, brauchen wir natürlich auch noch ein paar Hintergrundinformationen. Dann werden entsprechend anonymisierte Kurzprofile erstellt. Danach werden weitere Schritte eingeleitet. Das System filtert die Informationen dann über die Überschneidungspunkte.
Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
Das sind standardisierte Punkte, zum einen wo der Betrieb ist und in welchem Landkreis. Will ich ein Unternehmen hier im Süden Brandenburg oder im Norden Brandenburg, wo bin ich denn persönlich behaftet?
Welche Branche? Aber auch die Anzahl der Mitarbeiter. Das muss natürlich auch bei dem Nachfolgeinteressierten passen. Und bringt er auch die Qualifikation für die Branche mit? Daraus entstehen dann Matches, die wir weiter betreuen und bei denen wir immer wieder nachhaken. In einem Fall sind wir sogar schon beim nächsten Schritt im Erstgespräch.
An welcher Stelle steht das Erstgespräch in einer potentiellen Unternehmensnachfolge?
Das ist noch relativ am Anfang, hier geht es um einen Betrieb im Elektrobereich. Es gab bereits eine anonymisierte Vorstellung und jetzt folgt ein Kennenlernen zwischen beiden Seiten.
Was ist am schwierigsten daran, ein Match zu finden?
Auf der einen Seite ist die Vorbereitung die größte. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer wissen zwar, dass sie eine Übergabe angehen wollen, aber nicht wie und wann. Auf der anderen Seite brauchen Nachfolgerinnen und Nachfolger oft eine intensive Unterstützung, vor allem bei der Finanzierung und Einschätzung, inwiefern das Unternehmen tatsächlich zu ihnen passt. An der Stelle wären Fördermöglichkeiten oder auch vereinfachte Regelungen bei der Finanzierung solcher Kaufvorhaben eine Erleichterung. Auch da setzen wir als Handwerkskammer an und sind sozusagen der Lotse, der fachlich nachhakt.
Was brauchen Unternehmer für eine Übernahme und welche Probleme können dabei auf sie zukommen?
Die Übernahme ist ein langwieriger Prozess mit unterschiedlichsten Themenstellungen, sei es steuerlich, sei es der Kaufpreis, dann wie gesagt die Finanzierung. Das lässt sich gar nicht so konkret einschätzen. Wir haben auch Unternehmer, die bereits sehr gut vorbereitet sind, aber das ist die Seltenheit, weil sich natürlich eher diejenigen melden, die Hilfestellung benötigen und auch Unterstützung wollen. Die meisten melden sich auch über das Portal anstatt per Mail. Ich finde die Plattform und die Nachfolgezentrale haben sich in dieser kurzen Zeit absolut bewährt. Daneben fließt unsere Erfahrung aus der täglichen Arbeit natürlich direkt in die Weiterentwicklung der Plattform mit ein – so wird sie immer besser und passgenau.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Isabelle Schilka, rbb24 Antenne Brandenburg. Dieser Text ist gekürzt und redaktionell bearbeitet.
Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 22.04.2025, 15:10 Uhr