
Berlin Streit um die Grundsteuer: Berliner Clubs vor dem Aus?
Die Bezirke und der Senat haben bislang keine Lösung gefunden, wie Berliner Clubs von der Grundsteuer befreit werden können. In einigen Fällen wurde die Abgabe um über 1.000 Prozent erhöht. Die Clubs fürchten um ihre Existenz. Von Ann Kristin Schenten
An diesem Wochenende startet im Yaam die Open-Air-Saison. Der Kreuzberger Club an der Schillingbrücke gilt seit 20 Jahren als Institution – ein Zentrum für Subkultur und urbanen Lifestyle, wie sich das Yaam selbst bezeichnet. Gefeiert wird hier zu Reggae und Dancehall. Der Club ist bekannt für seine Streetart und die Strandbar mit Blick auf die Spree. Doch die Partystimmung ist getrübt: Im Mai wird die Grundsteuer fällig – dem Club droht ein Anstieg von über 1.200 Prozent.

Yaam: Grundsteuer wird um mehr als 1.000 Prozent erhöht
Für die Clubbetreiber ist das ein Schock. Marcel Weber, Vorsitzender der Berliner Clubcommission, zeigt sich besorgt: "Das ist auf jeden Fall eine existenzielle Bedrohung, wenn nicht sogar eine Vernichtung. Bei den anderen Clubs fragen wir aktuell nach – viele wissen aber noch gar nicht, was auf sie zukommt. Ich hoffe einfach, dass die Widersprüche gehört und Lösungen gefunden werden."
Denn nicht nur das Yaam ist betroffen. Nach der Grundsteuerreform, die seit diesem Jahr gilt, werden die Flächen vieler Berliner Clubs wie unbebaute Grundstücke behandelt. Laut Bebauungsplänen wäre dort auch ein lukrativer Neubau von Wohn- oder Büroflächen möglich. Die Grundsteuer wurde entsprechend hoch angesetzt – obwohl Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) stets betont hat, dass Berlin durch die neue Grundsteuer keine nennenswerten Mehreinnahmen erzielen wolle.
Herrmann: Friedrichshain-Kreuzberg kann Grundsteuer nicht allein zahlen
Die Situation des Yaam verdeutlicht, wie komplex die Lage ist. Das Grundstück gehört derzeit dem Bezirk, der es an den Club weitervermietet. Rechtlich müsste also nicht das Yaam, sondern der Bezirk die Grundsteuer an das Finanzamt zahlen. Doch das sei aktuell nicht leistbar, meint Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne): "Wir müssten für alle unsere Clubgrundstücke im Bezirk insgesamt 300.000 Euro zahlen. Wir können das Geld nicht herzaubern. So viel kostet eine einzelne jugendsoziale Einrichtung – wir müssten dafür 11.000 Stunden Sozialarbeit einsparen." Sie sieht den Senat in der Pflicht, die Grundsteuer zu erlassen.
Doch der Senat lehnt das seit Wochen ab. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Christian Goiny, entgegnet, der Bezirk habe es versäumt, die Bebauungspläne rechtzeitig anzupassen: "Man hätte die Clubs schon längst als Kultureinrichtungen sichern können. Ich verstehe den Senat, wenn er sich in der aktuellen Lage weigert, den Bezirken die Grundsteuer zu erlassen."

Streit zwischen Senat und Bezirken hält an
Clara Herrmann hält das für eine Nebelkerze. Sie appelliert an Finanzsenator Evers: "Eine Lösung wäre, dass wir als Bezirk zwar die Grundsteuer zahlen, das Geld aber anschließend aus dem Landeshaushalt zurückerstattet bekommen." Auf diesen Vorschlag habe Evers jedoch bislang nicht reagiert, sagte sie dem rbb.
Für die Clubs bedeutet der andauernde Streit, dass sie weiter um ihre Existenz fürchten müssen. Das About Blank am Ostkreuz hofft inzwischen sogar auf Spenden. Das Yaam bezeichnet die Situation als "nicht verkraftbar".
Marcel Weber, Vorsitzender der Berliner Clubcommission, die sich für die Interessen der Clubs einsetzt, will sich an die Bundespolitik wenden. "Unsere Forderung an die Bundesregierung ist es, Berlin als Kulturschutzraum für Clubs zu erklären. Damit ließen sich Clubs sichern – auch in diesem Fall", so Weber. Bereits seit 2021 gibt es einen Entschließungsantrag des Bundestags, der die Clubkultur dauerhaft sichern soll. Ein entsprechendes Gesetz existiert jedoch nicht.
Dass diese Forderung jetzt ganz oben auf der Prioritätenliste der neuen Bundesregierung steht, ist allerdings mehr als fraglich. Die Verantwortung liegt also bei Bezirken und Senat, ihren Streit beizulegen, sollten sie Orte wie das Yaam wirklich retten wollen. Denn sonst könnte die neue Grundsteuer für viele Berliner Clubs tatsächlich das Aus bedeuten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.4.2025, 18:15 Uhr